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Corona kostet die Stadt viel Geld


Autor: Stefan Fößel

Bamberg, Donnerstag, 23. April 2020

Die Pandemie wird auch in den Bamberger Haushalt große Löcher fressen. Kämmerer Bertram Felix fordert eine "Konzentration aufs Essentielle".
Der Neubau der Buger Brücke ist nur eines von vielen Projekten, die  unsicher geworden sind.  Die Corona-Krise stellt die Stadtfinanzen vor ungeahnte Herausforderungen. Foto: Ronald Rinklef


Es fehlen wohl Einnahmen in höherer zweistelliger Millionenhöhe. Wie wird das die Stadt verändern? Was können wir uns noch leisten? Bertram Felix ist der unbestrittene Herr der Stadtfinanzen - und auch diese sind nicht vor dem Virus sicher.

Was bedeutet die Corona-Krise für die Stadtfinanzen?

Bertram Felix: Die Welt nach Corona wird auch haushaltstechnisch eine andere sein. Zwar kann man das heute noch nicht auf den Euro beziffern, konkretere Auswirkungen werden wir erst im Juli kennen. Aber uns werden allein schon durch niedrigere Gewerbe-, Einkommens- und Umsatzsteuerzuflüsse wohl Einnahmen in einem höheren zweistelligen Millionenbereich wegbrechen. Dafür haben wir auf der Ausgabenseite zusätzliche Investitionen, etwa für Schutzausrüstung.

Was bleibt vom Haushalt 2020 übrig, den der Bamberger Stadtrat im Dezember beschlossen hat?

Der Haushalt ist ohnehin noch nicht von der Regierung genehmigt und daher in weiten Teilen gesperrt. Wir müssen uns auf die Erfüllung unserer Pflichtaufgaben beschränken. Die müssen wir zur Not auch über Kassenkredite finanzieren. Und vielleicht müssen wir nach der Genehmigung des Haushalts die formalen Voraussetzungen schaffen, diesen Zustand noch eine Weile aufrechtzuerhalten. Denn wir wollen ja erreichen, dass die Schäden für die Stadt so gering wie möglich ausfallen.

An eine Ausweitung freiwilliger Leistungen ist zum Beispiel nicht zu denken. Wir müssen auf äußersten Sparkurs gehen und jeden Euro zweimal umdrehen.

Bedeutet das, dass begonnene städtische Baumaßnahmen nicht abgeschlossen werden können?

Wir werden selbstverständlich auch weiterhin unsere Handwerker unterstützen, begonnene Baumaßnahmen, etwa in der Offizierssiedlung oder die Generalsanierung der Blauen Schule, werden zu Ende geführt. Auch die Unterhaltstöpfe sollen so lange wie möglich offen gehalten werden. Einige Bauvorhaben, die noch nicht eingeleitet sind, etwa die Buger Brücke, werden wir zurückstellen müssen.

Wird wie die Sozialstiftung auch die Stadt Bamberg Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken, um Personalkosten zu sparen?

Die Kernverwaltung ist ja von der Kurzarbeit ausgeschlossen. Derzeit laufen aber Gespräche von Arbeitgebern und Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst, in welchem Umfang Kurzarbeit bei wirtschaftlich tätigen Einheiten möglich ist. In Bamberg sind das vor allem unsere budgetierten Einrichtungen, wie das Theater. Die Auswirkungen für die Beschäftigten wären gering, selbst im Worst-Case würden sie 90 bis 95 Prozent ihres vorherigen Nettoeinkommens behalten.

Was muss nun früher dran glauben, die Schwarze Null oder die Kronjuwelen, sprich Immobilien der Stadt?

Ein Verkauf von Kronjuwelen ist kein probates Mittel, um auf die Krise angemessen zu reagieren. Da würde die Stadt langfristig Schaden nehmen. Was Schulden angeht, sind sie grundsätzlich ein legitimes Mittel, wenn die Rahmenbedingungen stimmen und sich wichtige Investitionen nicht anders verwirklichen lassen. Die Megathemen bleiben weiterhin die Schulhaussanierungen, die Konversion, der Bahnausbau und die Kinderbetreuung. Wir müssen uns aber immer wieder die Frage stellen: Was ist noch machbar und in welchem Zeitraum?

Wird sich der neu gewählte Stadtrat da einig?

Da bin ich zuversichtlich, dass sich in dieser Krisensituation alle Beteiligten ihrer Verantwortung bewusst werden.

Wird Bamberg in einem Jahr eine andere Stadt sein?

Das würde ich jetzt nicht so sagen. Es geht hier ja nicht um die Pest im Mittelalter - bei allem Ernst der Lage. Wir werden sicher eine Wirtschaftskrise kriegen. Da sind Bund und Länder gefragt, Strategien für die Unternehmen zu entwickeln. Aber schon 2008 hatten manche wegen der Finanzkrise Weltuntergangsstimmung - und ab 2010 erlebten wir dann einen großen Aufschwung.

Es wird eine harte Zeit, aber ich bin zuversichtlich, dass wir da vernünftig wieder herauskommen. Dafür müssen wir uns aber wieder aufs Essentielle konzentrieren.

Das Interview führte

Stefan Fößel

Was die Politik dazu sagt

Während sich die Fraktionen des neuen Bamberger Stadtrats noch vorsichtig beschnuppern, überlagert die Corona-Krise alle anderen Themen. Wie man auch unter nun völlig veränderten Haushaltsvoraussetzungen gestalten kann, wird eine der großen Fragen der nächsten Monate sein.

Für Wolfgang Grader (Grünes Bamberg) "ist es nun wichtig, das große Ganze, die Zukunft Bambergs und vor allem die Menschen im Blick zu haben, das Wesentliche vom Klein-Klein zu trennen, um eine intakte und lebendige Stadtgesellschaft aufrechtzuerhalten, um den sozialen Frieden zu wahren". Zwei Säulen müssten aufrechterhalten werden: Klima und Wirtschaft sowie Soziales und Mobilität.

Verkehrswende bleibt wichtig

Besonders wichtig für das Gemeinwohl in Bamberg sei es, Investitionen in Angebote für Kinder, Menschen mit niedrigem Einkommen und Pflegebedürftige beizubehalten, wenn nicht sogar zu verstärken. Ein Sofortprogramm für sozialverträgliche Wohnungen bleibe zum Beispiel für die Grünen unabdingbar, ebenso die kommunale Verkehrswende.

"Derzeit kämpfen wir mit den gesundheitlichen und medizinischen Folgen von Corona. Wenn wir das - hoffentlich bald - in den Griff bekommen haben, werden wir in wirtschaftlicher Hinsicht vor große Herausforderungen gestellt werden", stellt der stellvertretende CSU-Fraktionsvorsitzende Peter Neller fest. "Wir müssen uns im Klaren darüber sein, dass nichts mehr so sein wird wie vor Ausbruch der Krise und dass es zu schmerzlichen Einschnitten bei der Verwirklichung des im Dezember 2019 beschlossenen Haushalts kommen wird."

Alles auf den Prüfstand

"Nachdem jetzt die ersten Beschränkungen gelockert und das wirtschaftliche Leben wieder angekurbelt werden sollen, werden wir die Auswirkungen der Pandemie noch lange in unserem Haushalt spüren", sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Stieringer. Alle Projekte des laufenden Haushaltes müssten vor dem Hintergrund der Corona-Krise auf den Prüfstand gestellt werden.

Leben auf Pump?

Stieringer gehe davon aus, "dass wir - entgegen unserer bisherigen Praxis - auch auf Pump leben müssen, also stärker in die Kreditaufnahme gehen müssen, um die kommunale Wirtschaft zu stärken".

Das sagt die SPD

Das ist unverzichtbar: Die SPD-Stadtratsfraktion hält laut Klaus Stieringer an der schnellstmöglichen Fortsetzung des Großprojektes "Schulhaussanierung", dem flächendeckenden Ausbau der Ganztages- und Ferienbetreuung, der energetischen Sanierung unserer Gebäude sowie dem Ausbau der Mobilitätsinfrastruktur mit ÖPNV und neuen Radwegen fest.

Das muss überdacht werden: Neue Projekte müssten laut Stieringer "auf ein Minimum beschränkt werden", und Ausgaben dürften nur für das erfolgen, was unbedingt zur Krisenbewältigung erforderlich ist. Die zukünftigen Jahre stünden voraussichtlich unter der Vorgabe einer strikten Haushaltskonsolidierung. Es gelte zu prüfen, "welche Leistungen gesetzlich erbracht werden müssen und welche Investitionen ,nur' gesellschaftlich erwünscht sind".

Besonders wichtig: Soweit möglich, empfiehlt die SPD "Investitionen in die Bildungslandschaft, die energetische Sanierung, in den Klimaschutz, in den Ausbau der Kinderbetreuung, in Verkehrswege, in das Gesundheitssystem sowie in die digitale Infrastruktur, um die lokale Wirtschaft wieder anzukurbeln

Das sagt Grünes Bamberg

Das ist unverzichtbar: Auf keinen Fall verzichten möchte Grünes Bamberg laut Fraktionsvorsitzendem Wolfgang Grader auf Schulsanierungen, die Schaffung von Betreuungsplätzen für Kinder (zum Beispiel über Hortausbau), die Umsetzung des Verkehrsentwicklungsplans 2030, die Muna mit Bannwald und maximal 20 Hektar Entwicklung "in Bürger*innenbeteiligung". Das muss überdacht werden: Einsparpotenzial sehen die Grünen am ehesten in einer Verschiebung des Bahnausbaus um mehrere Jahre, beim Neubau der Buger Brücke, bei der Rathaussanierung und der Wiederaufnahme der Haushaltskonsolidierung im Personalbereich. Besonders wichtig: In Anbetracht der Krise müsste aus Grünen-Sicht investiert werden in einen Gewerbeflächenzweckverband (Stadt und Land), in flächenschonende Gewerbeansiedlung mit einem nachhaltigen Branchenmix, in Kultur ("ist nicht nur eine wertvolle Arbeitsplatzsicherung für Künstler*innen, sondern auch für Gastronomie und Tourismus") sowie in den Ausbau des Pflegebereichs (Kurzzeitpflege, Schutzmaßnahmen ...).

Das sagt die CSU

Das ist unverzichtbar: Keine Einschränkungen will die CSU laut Peter Neller "bei allen Maßnahmen betreffend Kinderbetreuung, Schule, und nach Möglichkeit bei den bisherigen freiwilligen Leistungen". Es müsse ausreichend Geld für das soziale und menschliche Miteinander zur Verfügung stehen, um die Menschen bei der Bewältigung der Folgen der Krise zu unterstützen. "Hierbei genießen die ,Schwachen' in der Stadtgesellschaft, Kinder und Senioren, oberste Priorität."

Das muss überdacht werden: Einsparpotenzial bestehe am ehesten bei noch nicht begonnenen Projekten. "Hier wird man bezüglich der Dringlichkeit von Maßnahmen Prioritäten setzen müssen, wobei für die CSU die Menschen Vorrang vor Asphalt und Beton haben."

Besonders wichtig: Soweit von den Stadtfinanzen überhaupt vertretbar, sei an zusätzliche Hilfen bezüglich der Auswirkungen der Corona-Krise auf die Wirtschaft zu denken. "Je eher sich die Betriebe erholen, desto eher werden sich die finanziellen Rahmenbedingungen der Stadt verbessern." Deshalb gelte es hier nach Kräften unterstützend tätig zu wer