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Corona hält die Touristen von Bamberg fern


Autor: Sebastian Schanz

Bamberg, Dienstag, 07. April 2020

Unsicherheit ist Gift für den Tourismus. Von Ausgangssperren ganz zu schweigen. Wohnmobilplätzen, Hotels, Restaurants und Besucherbüros droht in der Krise die Pleite. Was fordern Betroffene von der Politik?
Tote Hose auf der Campinginsel 2020. Jetzt über Ostern wäre normalerweise alles voll.  Foto: Ronald Rinklef


Das Leben könnte so unbeschwert sein auf der Buger Camping-Insel. Die Frühlingssonne spiegelt sich auf der Regnitz, erste Blüten locken, und die Bienen schwärmen herbei. Nur die Touristen bleiben weg. Wo normalerweise Wohnwagen und Reisemobile ein Dorf bilden, stehen nur zwei einsame Boliden herum.

"Wir dürfen ja momentan nur Gestrandete, also Menschen ohne festen Wohnsitz aufnehmen", berichtet Christoph Hoffmann, der die Camping-Insel in der dritten Generation betreibt. Einen solchen modernen Nomaden beherbergt er aktuell auf dem Platz, außerdem ein paar Arbeiter. Ansonsten: gähnende Leere. Selbst die 33 Dauercamper, deren Wohnwagen fest dort stehen, bleiben wegen der Ausgangsbeschränkungen fern. Die Gaststätte ist zu.

In normalen Jahren würden sich Hoffmann und sein Team nun auf Ostern vorbereiten - in den Ferien wären die 140 Stellplätze üblicherweise alle belegt, dazu noch 15 Ausweichplätze auf einer Wiesenfläche. Und auch kälteunempfindliche Zelturlauber würden ihre Heringe in den Boden hämmern.

"Ostern wäre das erste Mal alles voll gewesen", bestätigt Hoffmann, dessen Familie eine solche Zeit in der bald 70 Jahre währenden Platzgeschichte nicht erlebt hat. Nun heißt es für die Betreiber warten: Christi Himmelfahrt (21. Mai), Pfingsten (Anfang Juni) und Fronleichnahm (11. Juni) wären die weiteren festen Höhepunkte.

Einen Antrag auf öffentliche Hilfsgelder haben die Hoffmanns bisher nicht ausgefüllt. "Dadurch, dass der Campingtourismus die letzten Jahre gebrummt hat, können wir das schon noch abfedern." Das Wörtchen "noch" betont er.

"Absolut tote Hose auf dem Wohnmobilparkplatz", konstatiert auch Stadtwerke-Sprecher Jan Gierberg für die 25 Parzellen am Heinrichsdamm. Vergangene Woche zählte man gerade mal vier "Parkvorgänge". Die Einnahmen brechen komplett weg: "Das ist natürlich ähnlich katastrophal, wie wir es im ÖPNV erleben. Auch in Tiefgaragen und Parkanlagen ist alles leer."

Tristesse herrscht auch in den Hotels. "Hier haben wir das Problem, dass unseren Hoteliers alle Buchungen wegfallen", berichtet Florian Müller. Für den Kreisvorsitzenden des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands ist das ganze Jahr 2020 schon jetzt im Eimer: "Es ist völlig absehbar, dass die Touristensaison für dieses Jahr komplett gelaufen ist."

Reisebeschränkungen, Grenzschließungen, Unsicherheit: "Wir können uns höchstens auf den innerdeutschen Tourismus konzentrieren." Hierfür sei es nötig, die städtische Werbung für den Tourismus hochzufahren - nur einer von mehreren Wünschen der Hoteliers und Gastronomen an die Politik (siehe Infokasten).

Die Gastronomen leiden ebenfalls. Immerhin zeigen sich laut Kreisverband die meisten Vermieter gesprächsbereit, Pachtzahlungen zu stunden. Das reduziere Fixkosten. Wenig Chancen sieht Müller dagegen, dass Gastronomen nach dem Infektionsschutzgesetz für Ausfälle entschädigt werden können. Das werden wohl Gerichte zu klären haben - doch bis dahin tickt die Uhr. Staatliche Soforthilfen und Darlehen von der Stadt und vom Landkreis seien die Mittel der Stunde. Improvisierte Lieferangebote sind für ihn ein Tropfen auf den heißen Stein.

Es brauche ein Konjunkturprogramm. "Wir dürfen nicht erst darüber nachdenken, wenn es vorbei ist, sondern müssen jetzt schon schauen, wie wir das ganze Ding wieder zum Laufen kriegen."

Schon jetzt an den Tag x nach Corona denkt auch Michael Heger vom Tourismus- & Kongress-Service. "Unsicherheit ist im Tourismus immer das Schlimmste. Es wird deshalb langsam starten. Wenn wir Glück haben, werden September/Oktober, die traditionell sehr gut sind, wieder normal." Heger denkt besonders an die vielen Partner, Gästeführer und kleine Eventmanager, die schon jetzt auf dem Zahnfleisch gehen. Es gelte, die Übergangsphase nach den Ausgangsbeschränkungen so gering wie möglich zu halten und "die Leute wieder in die Region zu locken".

Darauf hofft auch Familie Hoffmann auf ihrem Campingplatz. "Am 15. Juli beginnt die Hauptsaison. Wie es bis dahin aussieht, muss man sehen, da steckt man nicht drin", sagt der Betreiber, der den notgedrungenen Leerlauf nutzt, um die Gaststätte zu renovieren und Ausbesserungsarbeiten anzugehen. Denn das Einzige, woran es ihm aktuell nicht mangelt - ist Zeit.

Forderungen der Gastro-Szene:

Arbeitszeiten "Die 20-Stunden-Arbeitsregelung müsse gelockert werden, um Wirten, aber auch Mitarbeitern zu ermöglichen, Einbußen wieder reinzuholen, fordert Florian Müller,

Kreisvorsitzender des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands.

Minijob Der Gesetzgeber müsse bei der geringfügigen Beschäftigung eine Anhebung von 450 auf 650 Euro Höchstsumme vornehmen. "Damit sich zum Beispiel Studenten ihr verlorenes Geld wieder verdienen können", mahnt Müller.

Steuer Es brauche eine einheitliche Sieben-Prozent-Regelung bei der Besteuerung, fordert der Verband. Beim Kaffee zum Mitnehmen werden nur sieben Prozent Mehrwertsteuer fällig; wenn der Kaffee drinnen am Tisch getrunken wird, sind es 19 Prozent. Hier brauche es eine Vereinfachung im Steuerrecht.

Sperrzeiten Bamberg könnte im Sommer an bestimmten Tagen in der Woche die Sperrzeiten lockern, schlägt Müller vor und nennt als Beispiel, an Donnerstagen einen längeren Freisitz zu ermöglichen. Das böte Anreize für Nachtschwärmer.

Festival Ein "gemeinsames Kneipenfestival ohne viele Auflagen" wünscht sich Müller ebenso. Dieses könne man gemeinsam mit der Stadt bewerben, um Touristen zu locken. Kein Event auf dem Maxplatz, sondern ein Festival der Lokale. Das müsste man jetzt schon vorbereiten.

Tourismus Die Stadt müsse nun intensiv Werbung betreiben, um innerdeutsche Touristen zu locken, fordert Müller.