Charakter in brauner Flut
Autor: Marion Krüger-Hundrup
Bamberg, Mittwoch, 22. Juni 2016
Nach acht Jahren Arbeit wird am Samstag im Harmoniegarten das Widerstands-Mahnmal enthüllt. Es will zu Zivilcourage in Gegenwart und Zukunft aufrufen.
Heiß diskutierten Zündstoff bot dieses Projekt zur Genüge: Ein Widerstands-Mahnmal sollte drei Bamberger Persönlichkeiten aus der Zeit des Nationalsozialismus vereinen, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Nämlich den jüdischen Sozialisten und Rechtsreferendar Willy Aron, der bereits 1933 im Konzentrationslager Dachau zu Tode geprügelt wurde. Den Rechtsanwalt Hans Wölfel, Vorstand der Katholischen Aktion und ab 1933 Mitglied zweier Widerstandsgruppen, der als Regimekritiker denunziert am 3. Juli 1944 enthauptet wurde. Den adeligen Wehrmachtsoffizier Claus Schenk Graf von Stauffenberg, der mit dem persönlichen Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 der Unmenschlichkeit des Krieges ein Ende setzen wollte und in der darauffolgenden Nacht erschossen wurde.
Der inzwischen verstorbene Kunst- und Antiquitätenhändler István Csonth war der Ideengeber eines Widerstands-Mahnmals in Bamberg.
Die vergangenen acht Jahre waren auch geprägt von einer fast dramatischen Standortsuche in der Stadt für das Mahnmal, von halbherzigen Zugeständnissen städtischer Gremien und der mühsamen Suche nach einer gesicherten Finanzierung des 150 000 Euro-Projektes. Tatsächlich gibt es immer noch ein Defizit von etwa 40 000 Euro auszugleichen: "Wir hoffen darauf, dass die Bamberger Bürger für ihre einstigen Mitbürger Willy Aron, Hans Wölfel und Graf Stauffenberg die Geldbeutel öffnen", sagt Mechthildis Boksch, Wölfel-Biografin und stellvertretende Vorsitzende der Willy-Aron-Gesellschaft.
Trotz der Finanzierungslücke herrscht nun eitel Freude bei allen am Projekt Beteiligten, dass das Widerstands-Mahnmal nun "endlich!" vollendet ist und am kommenden Samstag enthüllt werden kann.
Und zwar zentral im Harmoniegarten gegenüber dem Café Luitpold. Derzeit sind Handwerker noch bei den letzten Arbeiten: Das Pflaster um die ringförmige Steinbank wird verlegt oder in das Rund eine rot blühende Kastanie gepflanzt. Zur Stellprobe hat Bildhauer Ultsch die Modellobjekte aus seiner Werkstatt mitgebracht: Büsten von Aron, Wölfel und Stauffenberg mit jeweils charakteristischen Gesichtszügen. Die Original-Büsten bestehen dann aus Bronze auf 1,60 Meter hohen Stelen. Jedes Stelenobjekt steht auf einer großflächigen, braun-farbenen Porphyrplatte, aus denen die drei Protagonisten gleichsam herauswachsen: "Sie versinnbildlichen die Charakterinseln, die der braunen Flut widerstanden und wegen ihrer Haltung und Zivilcourage als Individuen im Schlammsee des Dritten Reiches nicht untergingen", fasst Mechthildis Boksch zusammen. Die Steinplatten würden das menschen- und freiheitsverachtende NS-Regime und dessen Ideologie symbolisieren. Zwei weitere Steinplatten rechts und links der Stelenanordnung gehen in den Straßenbelag über und sollen in die Gegenwart verweisen.
"Aron, Wölfel und Stauffenberg sind Beispiele aus der Geschichte für heute, die man natürlich nicht eins zu eins übertragen kann", betont Daniel Manthey. Das in seiner Art einmalige Mahnmal würde aber nicht nur zum Gedenken an alle Männer und Frauen, die Widerstand geleistet haben, aufrufen, sondern auch zu "Zivilcourage in Gegenwart und Zukunft". Boksch ergänzt: "Engagement, Uneigennützigkeit, Zivilcourage sind wichtiger und lebensnotwendiger denn je."
Und die Willy-Aron-Gesellschaft hat schon den nächsten Coup ins Auge gefasst: Sie will ein "Widerstandsdokumentationszentrum" in Bamberg aufbauen. "Das gibt es in Bayern noch nicht," erklären die Vorsitzenden, wissend, dass es auch für diesen Plan mehr als einen langen Atem braucht.
Termin Am Samstag, 25. Juni, lädt die Willy-Aron-Gesellschaft um 11 Uhr in das Foyer des E.T.A.-Hoffmann-Theaters anlässlich der Enthüllung des Widerstands-Mahnmals.
Programm Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD),Regierungspräsidentin Heidrun Piwernetz, Professorin Susanne Talabardon sowie Schüler und Schülerinnen leisten Redebeiträge. Mitglieder der Bamberger Symphoniker bringen eine eigens für die Veranstaltung komponierte Widerstandssinfonie zu Gehör. Anschließend geht es zur Enthüllung in den Harmoniegarten. Dabei werden auch die Namen weiterer Persönlichkeiten verlesen, die mutig ihren Weg im Widerstand gegangen sind und aus Bamberg stammen oder einen Bezug zu r Stadt haben.