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Cem Özdemir spricht in Bamberg über Koteletts und Koteletten


Autor: Natalie Schalk

Bamberg, Mittwoch, 04. Sept. 2013

Erneuerbare Energien und nachhaltige Landwirtschaft: Parteivorsitzender Cem Özdemir wirbt in Franken für die Grünen - und macht ein haariges Wahlversprechen.
Cem Özdemir beim Redaktionsgespräch in Bamberg Fotos: Matthias Hoch


Mit Haut und Haar steht Grünen-Vorsitzender Cem Özdemir hinter einem der Lieblingsthemen des Lieblingskoalitionspartners SPD: "Wenn der Mindestlohn von 8,50 Euro für alle kommt, auch für Friseure in der ganzen Republik - dann kommen meine Koteletten ab", versprach der 47-Jährige gestern. Beim Besuch im Medienhaus in Bamberg machte er aber auch klar, dass nicht in allen Fragen Einigkeit mit der SPD besteht. "Wir kennen unsere Genossen sehr gut, koalieren gern mit ihnen - und mögen sie so sehr, dass wir sie ungern alleine regieren lassen wollen. Wenn sie eine große Koalition machen würden, käme da nur viel Quatsch raus."

Also tingelt Özdemir durch die Republik und kämpft um Wählerstimmen für die Grünen. "Letztes Mal hatten wir 10,7 Prozent - die Chancen stehen gut, dass wir da kräftig zulegen." Dem Schwaben geht's aber nicht nur um die Bundestagswahl, sondern auch um die Landtagswahl.

Am Samstag findet in Bamberg ein kleiner Parteitag der Grünen statt. "Das ist natürlich noch einmal eine Schlussmobilisierung, es soll Rückenwind bringen für unsere Freunde in Bayern." Außerdem soll ein 100-Tage-Programm verabschiedet werden, das die wichtigsten Themen der Partei verdeutlicht: Energiepolitik, Landwirtschaftspolitik, Tierschutz, Bürgerrechte und Datenschutz.

Einige Schnittmengen zur CDU/CSU sind da offensichtlich. Dazu sagt Özdemir: "Immer wenn wir irgendwas vorgeschlagen haben, kam Frau Merkel wie Angela aus der Kiste und sagte: ,Bin ich doch irgendwie dafür!‘ Die Regierung versucht unter Umgehung jedes Copyrights alle Themen zu besetzen - setzt am Ende davon aber nichts um."

Nicht mit den "Krschddemogradn"

Zwar freue er sich, wenn die politische Konkurrenz die guten Ideen "abschreibt", allerdings stünden die Jahrhundertthemen Nachhaltigkeit und Ökologie nur bei den Grünen in der Geburtsurkunde. "Und wir können's halt auch besser." Warum also eine schwarz-grüne Koalition ausschließen? "Die meisten Schnittmengen haben wir einfach mit der SPD. Bei der Union ist das Problem: Welche Union? Mit der von Klaus Töpfer würde ich mich in der Umweltpolitik schnell einigen, mit einer Rita Süssmuth würde ich mich in der Frauenpolitik, in der Sozialpolitik schnell einigen und mit einem Armin Laschet könnte ich mich in der Integrationspolitik schnell verständigen. Aber das ist eben nicht die Union."

Er witzelt ein wenig über Horst "Drehhofer" und bringt dann im schönen Schwäbisch das Problem mit den "Krschddemogradn" auf den Punkt: "Bei Schwarz-Grün kriegst du halt immer die bucklige Verwandtschaft der CSU mit. Und eine Erika Steinbach - da reicht meine Fantasie nicht aus, wie das klappen soll."

Özdemir will nicht mit den Schwarzen - lieber würde er sie ersetzen: "Die wahren Wertkonservativen, das sind wir. Wir sind angetrieben vom Gedanken an die künftigen Generationen und deren Lebensbedingungen."

Die Grünen als Bauernpartei?

Die CDU/CSU hingegen trage nicht dazu bei, Werte zu bewahren. "Schwarz-Gelb hat vor, die erneuerbaren Energien zu bremsen und Atom durch Kohle zu ersetzen. Wir stehen für die Erneuerbaren." Dass die bäuerliche Landwirtschaft auf dem Rückzug ist, sieht er ebenfalls als Folge einer falschen (Subventions-)Politik. "Wer nicht möchte, dass künftig Agrarfabriken das Bild bestimmen, muss uns wählen."

Özdemir beschloss mit 17, kein Fleisch mehr zu essen. Tierimporte oder Fleischkonsum verbieten will der Vegetarier nicht, vielmehr möchte er die Bürger überzeugen, weniger Fleisch zu essen - und er möchte, dass "die Preise die ökologische Wahrheit sagen." Demnach müssten Lebensmittel teurer werden. Dass sich nicht jeder Konsument den Bio-Supermarkt leisten kann, ist für ihn kein Argument: "Die Gerechtigkeitsfrage wird nicht dadurch gelöst, dass man den Leuten schlechtes, billiges Fleisch vorsetzt. Sondern zum Beispiel dadurch, dass sie genug verdienen, um sich gesunde Lebensmittel leisten zu können." Also wieder der Mindestlohn - für bessere Koteletts und gegen die Koteletten.