Carsharing - schon stimmt die Bilanz
Autor: Petra Mayer
Bamberg, Montag, 04. März 2013
Auch Bamberger Unternehmer und Freiberufler schaffen den Firmenwagen ab, um sich Alternativen zu teilen - aus Umweltschutz- und Kostengründen. Wir sprachen mit Franken, die gerne auf einen eigenen Wagen verzichten.
Eine stressige Stunde am Tag im Schnitt, ansonsten Freizeit. Des Deutschen liebstes Kind ist geringfügig beschäftigt (wie Statistiken belegen), aber anspruchsvoll: Sündhaft teuren Sprit verschlingen die vorwiegend parkenden Fahrzeuge, Steuern, Aufwendungen für Wartung und Reparaturen, Versicherungsbeiträge, um ja für alle Eventualitäten gerüstet zu sein. Gerade Umweltschützern stinken die Benzinschleudern auf diese Weise so ungemein, dass sie sich ihrem Diktat nicht länger beugen. Carsharing ist eine Alternative, die im vergangenen Jahr knapp eine halbe Million Menschen quer durch die Republik nutzte (was Deutschland im internationalen Vergleich auf Platz 2 rauschen ließ). Auch Geschäftsleute, Freiberufler und andere Unternehmer setzen darauf, denen "ein Auto zu viel, kein Auto aber zu wenig ist", wie es die Mitglieder des Bamberger Vereins Ökobil auf den Punkt bringen.
Ableben des Firmenwagens
Beginnen wir unsere Tour bei zwei Wahlbambergerinnen, die viele sicher aus der Langen Straße "Vom Fass" her kennen: Schließlich eröffneten Catharina Beyer und Silvia Müller unter diesem Namen das Geschäft, dessen Produkte mittlerweile via Ökobil Richtung Kundschaft rollen. An den Ausläufern des Hunsrücks lernten sich die Kolleginnen vor einem Jahrzehnt kennen, die die Liebe zu kulinarischen Köstlichkeiten ebenso verbindet wie das Engagement für Umweltschutz. "Privat nutzte ich in Bamberg also schon länger Carsharing, während wir beruflich noch einen Firmenwagen fuhren", berichtet Beyer. Gut traf's sich, als das Gefährt eines Tages das Zeitliche segnete, während parallel dazu die Tarife des bis dahin genutzten Parkhauses stiegen. "Für uns der letzte Anstoß, auf die Ökobil-Variante umzusteigen." Zumal die Wahlbambergerinnen nahe gelegene Gaststätten von jeher mit der Sackkarre beliefern. "Nur weitere Anfahrtswege, umfangreichere Bestellungen und natürlich Großeinkäufe erfordern ein Auto."
Das Auto verschenkt
25 Jahre lang setzte Brigitte Townes-Zahner auf einen eigenen Wagen, um als freiberufliche Hebamme von Termin zu Termin zu flitzen. Dann kam Jacob - und Carsharing. "Ja, ich wurde Oma und entschied mich spontan, das Auto fortan meinem Sohn Fabian und seiner Familie zu überlassen", berichtet die Bambergerin. Keine Einwände hatte Brigitte Townes-Zahners Mann, der sowieso lieber im Fahrradsattel als am Steuer sitzt. So nutzt die Hebamme seit mittlerweile fast vier Jahren die Offerten von Ökobil, um Frauen durch die Schwangerschaft zu begleiten und nach der Entbindung weiter zu betreuen. Wenn sie nicht zu Hausbesuchen strampelt - "bis zu zwölf Kilometer schaffe ich mit dem Rad - sofern es nicht wie aus Kübeln schüttet".
Über Spritpreise schmunzeln
Suchte die Hebamme in den vergangenen Jahren nie vergeblich nach einem Ökobil-Mobil? "Nein, ist mir nie passiert", sagt die Bambergerin. So bedauert sie den Verzicht auf einen eigenen Wagen bis heute nicht - aus Umweltschutz- und Kostengründen. "Wie sinnvoll meine Entscheidung war, zeigen mir die Spritpreise an Tankstellen und jede Autoschlange, die sich durch die Innenstadt quält."
Ulrich Vogel erlebte bei Ökobil schon Versorgungsengpässe - "bislang aber nur an Feiertagen, wenn alle mit dem Wagen unterwegs sind". Davon mal abgesehen, schätzt der Fahrradrahmenbauer die Angebotsvielfalt via Carsharing. "Benötige ich eine große Ladefläche, sichere ich mir ein entsprechendes Fahrzeug, und greife ein anderes Mal wieder auf einen Kleinwagen zurück", meint der Architekt, der in Bamberg Vogel Fahrradrahmenbau gründete. "Als Ein-Mann-Betrieb brauche ich verschiedene Fahrzeug-Typen, aber keinen eigenen Fuhrpark", so der 44-Jährige. Auch privat verzichte er mittlerweile mit seiner Frau auf ein eigenes Auto. "Als Innenstadtbewohner nutzten wir unseren Wagen früher so selten, dass wir ihn zuweilen ganz aus den Augen verloren." Dank Carsharing spart sich das Paar folglich auch die leidige Suche nach dem eigenen Auto quer durch alle in Frage kommenden Anwohnerparkplatz-Zonen.
Adelbert Heil fährt mit Ökobil, seit er sich 2005 von seinem letzten Volvo verabschiedete. "Als Bildhauer transportierte ich auch schon eineinhalb Zentner schwere Gussformen mit dem Rad, stieß aber an Grenzen." So bucht der Bamberger heute Ökobil-Wagen mit Anhängekupplung, die seinen Anhänger voll Zement, Gips, Holz oder anderen Materialien zu oder von seiner Werkstatt in der Pfeuferstraße wegtransportieren. "Ein anderes Mal hole ich mir einen Siebensitzer, um mit der Verwandtschaft einen Ausflug zu machen - und meinem Enkel Ferdinand", meint der stolze Großvater. Vermisst es der 54-Jährige nicht, mit dem eigenen Auto auch mal spontan längere Reisen zu unternehmen? "Nein, das hast du nur an der Backe und sorgst dich, weil in Italien und anderen Ländern Wagen aufgebrochen werden."
Kreativer ohne eigenen Wagen
Überhaupt entwickelte der Bildhauer eine eigene Philosophie, die ihm den Abschied vom Volvo versüßte. "Ohne Auto und entsprechende Bequemlichkeiten lebt man kreativer", sagt Heil. Und erinnert sich schaudernd daran, wie er einst sogar "800 Meter von der Wohnung zur Werkstatt sicherheitshalber fuhr, falls ich den Wagen an dem Tag brauchen sollte."
Zwei Erdgasautos
Mehr und mehr Menschen verlieren offenbar auch in Bamberg die Lust an rollenden Statussymbolen, wie die Statistik von Ökobil belegt. "Mit sieben Leuten, die sich ein Auto teilten, begann vor zwei Jahrzehnten unser Carsharing", so Georg Pelzer. 2009 war die Zahl der Nutzer schon auf 207 gestiegen, um sich seither nochmals auf rund 400 nahezu zu verdoppeln. "Übrigens zählen zu unserem Fuhrpark mittlerweile auch zwei Erdgasfahrzeuge und ein Hybridwagen."
Weiterführende Links zum Thema:
Ökobil Bamberg
Bundesverband CarSharing
Benzinpreisstatistik
Mitfahrzentrale Bamberg
Erdgastankstellen in Deutschland