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Bamberg will die Raser ausbremsen


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Freitag, 17. Februar 2017

Allzu viele Möglichkeiten hat die Stadt nicht, um der Vermehrung nächtlicher Rennstrecken in Bamberg Einhalt zu gebieten.
Der vielfach beklagte Verfall der Verkehrsmoral auf Bamberger Straßen lässt Stadträte in Bamberg über mehr Geschwindigkeitsüberwachung nachdenken.   Foto: Ronald Rinklef


Franz-Wilhelm Heller legt Wert auf eine differenzierte Betrachtung. Der verkehrspolitische Sprecher der CSU-Fraktion im Stadtrat redet davon, dass die Zahl der Raser auf Bambergs Straßen in den vergangenen Jahren stark gestiegen sei - sehr zum Leidwesen der Anwohner, die an Hauptverkehrsstraßen leben. "Es ist der Ausdruck falsch verstandenen Freiheitsdrangs, eine Rücksichtslosigkeit. In einer geraden Straße wird vor allem nachts aufgedreht und gerast."

Doch er sagt auch, dass man für das individuelle Fehlverhalten einer wachsenden Zahl von Verkehrsteilnehmern nicht die Stadt oder das Verkehrsnetz als Ganzes verantwortlich machen könne. Für Bamberg, das nicht für das Auto gebaut sei, laufe der Verkehr erstaunlich gut. "Wir jammern auf hohem Niveau." Heller antwortet damit auf unsere Frage, ob Probleme, wie sie zuletzt entlang des innerstädtischen Rings und vor allem an der Löwenstraße beklagt wurden, möglicherweise tiefer liegende Ursachen hätten.


Eine Geschichte des Scheiterns

Denn es stimmt auch: Ein verkehrspolitisches Konzept, das Bamberg den Weg in die Zukunft weisen würde, gibt es nicht. Schon in den 90er Jahren scheiterten weit reichende Pläne zur Verkehrsberuhigung an Interessengegensätzen im Stadtrat und der Bevölkerung. Nicht viel besser erging es OB Andreas Starke (SPD), als er mit zwei Mediationsverfahren zu Beginn seiner Amtszeit einen neuen Anlauf wagte.

"Wir mussten zur Kenntnis nehmen, dass der Wille zu Verhaltenskorrekturen gering ist. Die gleichen Leute, die eine Verkehrsberuhigung in ihrer Nachbarschaft fordern, können sich nicht dafür erwärmen, auf eigene Fahrten oder das Auto zu verzichten", erinnert sich Heller.

Gleichwohl gibt es natürlich auch heute Ideen, wie der Durchgangsverkehr in Bamberg wirksam verringert werden könnte, auch wenn ihre Umsetzung langen Atem erfordert. Für Bürgerblock-Stadtrat Norbert Tscherner sind die "katastrophalen Verhältnisse in der Löwenstraße", ein weiterer Grund, die Bergverbindungstraße zu fordern: einen bereits vor Jahrzehnten heftig debattierten Ringschluss, der von der Friedensbrücke in Gaustadt bis zur Artur-Landgraf-Straße am Altenburghang reichen würde und das Berggebiet erschließen sowie die Innenstadt entlasten soll.

Doch die Aussicht auf eine Verwirklichung ist verschwindend gering. Als zu einschneidend werden ökologische und ästhetische Folgen im naturnahen und topographisch bewegten Berggebiet empfunden.

Das ist auch der Grund, weshalb sich die CSU für eine Westtangente am Grenzgebiet zwischen Wildensorg, Gaustadt und Bischberg stark macht. Eine solche Verbindungsstraße zwischen B 22 und B 26 soll vom Staat gebaut und den Michelsberger Wald durchschneidend Main- und Regnitztal mit dem Aurachgrund verbinden. "Das würde Fahrten von Südwest in den Hafen oder auch von Gaustadt zum Klinikum deutlich abkürzen", sagt Franz-Wilhelm Heller.


Für die SPD ein Tabuthema

Freilich: Auch für die Westtangente zeichnet sich im Stadtrat derzeit keine Mehrheit ab. Starker Widerspruch kommt etwa aus der SPD-Fraktion: "Für uns ist das ein Tabuthema", sagt Heinz Kuntke. Schon lange sei bekannt, dass eine wie immer geartete Bergverbindung keines der Verkehrsprobleme in Bamberg lösen würde.
Dass auch die Bamberger Grünen solche Szenarien ablehnen, überrascht nicht. Ursula Sowa setzt auf den verkehrspolitischen Entwicklungsplan, der sich derzeit in Bearbeitung befindet. Ihr Wunsch ist ein integratives Konzept, das Fußgänger, Radfahrer, Busse und Autofahrer gleichberechtigt behandelt. Von Bamberg als Autostadt müsse man sich verabschieden.

Bleibt die Frage, wie die Politik dem zunehmendem Auftreten der Temposünder begegnen will. Zumindest hier gibt es klare Verhältnisse im Rathaus. Immerhin vier Fraktionen wollen in der Löwenstraße Tempolimit und Geschwindigkeitskontrolle einführen. "Das hat erzieherische Wirkung, wenn es die ersten Bußgeldbescheide und Fahrverbote gibt", sagt Franz-Wilhelm Heller. Und Heller schließt mehr Blitzer in Bamberg ausdrücklich nicht aus. "Ich war anfangs kein Freund der kommunalen Tempoüberwachung - aber es läuft sehr gut."
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