Bruder Ignazius teilt kräftig aus in der Fastenpredigt
Autor: Julian Megerle
Bamberg, Sonntag, 01. März 2020
Arnd Rühlmann in der Mönchskutte zerlegt die Bamberger Kommunalpolitik - zum dritten und vorerst letzten Mal.
Gut 600 Augenpaare warten geduldig, bis die Musik den Großmeister persönlich einläutet. In Mönchsgewand begrüßt er die Menschen auf den Büßerbänken des Ziegelbaus im Welcome-Kongress-Hotel und nimmt erstmal einen kräftigen Schluck aus seinem steinernen Seidla. Dann kann die Fastenpredigt ja losgehen!
Bereits zum dritten Mal tritt Arnd Rühlman als Bruder Ignazius an, um sich an den Untiefen der Bamberger Kommunalpolitik zu ergötzen. Das wird dann halt "kein Seminar in gewaltfreier Kommunikation", wie es Rühlmann mit einem breiten Grinsen ausdrückt. Mehrere OB-Kandidatinnen und -Kandidaten haben sich mit Bier und Knabbereien eingedeckt, um mitsamt ihrer Anhängerschaft das Spektakel und die Prügel über sich ergehen zu lassen. Der amtierende Oberbürgermeister hat sich kurzfristig ausgeklinkt.
Was darf man noch sagen?
Doch bevor der Schauspieler sich der Kommunalwahl am 15. März - in Fachkreisen auch als "Game of Thrones Bamberg Edition" bekannt - widmet, bekommen erstmal andere ihr Fett weg.
Mit Blick auf die politischen Debatten des vergangenen Jahres stellt sich Bruder Ignazius die Frage: "Was kann man eigentlich noch sagen?" Kaum noch einer habe Lust, seine Meinung öffentlich kundzutun, aus Angst einen Shitstorm auszulösen, wenn die Meinung missfällt. Ein Blick in die Onlinekommentare auf infranken.de zeige aber, "dass sich da sehr viele trauen, alles zu sagen, auch ohne dass sie dabei viel gedacht haben."
Was definitiv nicht geht: Die Oma als Umweltsau zu titulieren. "Da wollen alle gleich die liebe Oma schützen. Aber sind das wirklich alles so harmlose Geschöpfe?" Das müsse man sich angesichts von Schlagzeilen über die Verbrechen älterer Menschen auch in Franken schon fragen. Quasi um den Nagel aus dem Sarg der Satire zu ziehen, holt Rühlmann zum Lied über die Omas dieser Stadt aus, die mit Tempo 130 durch den Domgrund brettern, Striptease tanzen und im Hühnerstall natürlich Marihuana züchten. So sei das halt in Bamberg.
Vergleich mit der Mafia
Spannender seien ja ohnehin die Themen, über die kaum noch gesprochen werde: 88 Fälle von Missbrauchsopfern durch katholische Geistliche würden im Erzbistum gezählt. Entschädigung: Fehlanzeige. "Stattdessen läuft die Aufarbeitung wie bei der italienischen Mafia, die sich für ihre Morde entschuldigt: Es tut uns wirklich sehr leid, aber wir regeln das lieber intern."
Apropos Regeln: Die neuen Verkehrsversuche in der Stadt seien als Labyrinthe von Markierungen angelegt, "die sich dem Problem der Radfahrenden annehmen, indem sie dafür sorgen, dass man ihre Anzahl dezimiert." Hauptsache das Logo der Fahrradstadt stimme. Auch wenn der CSU die Auswahl des Logos zu demokratisch zugehe. "Aber einen OB wählen, das traut ihr uns schon zu?" ruft Rühlmann in den Saal, der mit Gelächter und Applaus antwortet.