Brose Arena: "One of these nights" für Altrocker
Autor: Ralf Kestel
Bamberg, Dienstag, 18. April 2017
Eagles, Toto, Uriah Heep klingen samt Symphonie-Orchester taufrisch und brillant in Bambergs Brose Arena und widerlegen Vorurteile über schlechte Akustik.
Selten war eine Trauerfeier so überwältigend und klangvoll: Rocklegenden aus Europa und den USA huldigten ihren Weggefährten. Zunächst gedachten rund 2000 Besucher am Ostermontag in der Brose Arena der verstorbenen Mitstreiter, die im letzten Jahr noch mitgemischt hatten, Rick Parfitt (Status Quo) und John Wetton (Asia, King Crimson). Danach wurde das Sterbeglöcklein für Mike und Jeff Porcaro (Toto) sowie ganz aktuell Alan Holdsworth geläutet, der am Vortag verstorben war.
"Sie hören uns heute sicher zu", war sich Mat Sinner, der schwäbische Musikdirektor, sicher, der seit 2010 in jedem Frühling die Prominenz samt Symphonie-Orchester für "Rock meets classic" um sich schart, um einen Monat lang Deutschlands größte Hallen zu füllen
Doch die Altrocker auf und vor der Bühne hielten sich nicht lange am Sterbebett der Kollegen auf, sondern zelebrierten ihr Youth-Jahre, zündeten Freudenfeuer mit einer aufwendigen Produktion mit Pyro-Technik, LED-Bildschirmen und Lichtblitzen. Und einem perfekten Sound, der selbst den Hallenkenner Wolfgang Heyder in Verblüffung versetzte: "Von wegen die Arena taugt akustisch nichts."
Das Programm bot eine Mixtur mit hohem Unterhaltungswert und Spannungsbogen - von Mozarts kleiner Nachtmusik bis zur Hotelführung in California.
Ritt durch die Rockgeschichte
Die Stars müssen gut geruht haben in der Nacht zuvor im Hotel Residenzschloss an der Regnitz, denn voller Energie und Spielfreude machten sie das dreistündige Programm zu einem Parforceritt durch fast 50 Jahre Rockmusik.
Seit 45 Jahren dabei: Mick Box, einziges verbliebenes Gründungsmitglied bei "Uriah Heep", der natürlich seine "Lady in Black" im Schlepptau hatte. Nicht mehr tauffrisch, aber immer noch eine der erfolgreichsten Zwei-Akkord-Hymnen, die jeder der Besucher mal an irgendeinem Lagerfeuer am Baggersee gesungen hat.
Wie für die Interpretation mit einem Symphonie-Orchester komponiert waren die weiteren Heep-Klassiker "July morning" und "Sunrise".
Für Schwermetaller boten die Magnum-Begründer Bob Catley und Tony Clarkin die Zutaten, für die Damenwelt rockte Schönling Rick Springfield erst auf der Bühne, dann im Auditorium. "Der liebe Gott hat das nicht gut mit uns gemeint. Der ist so alt wie wir, sieht aber gut aus, ist schlank und hat noch alle Haare auf dem Kopf", beneidete ein lokaler Rocker den US-Boy (67), der eigentlich aus Australien stammt.
Sprung ins Publikum
Auch wenn etliche Zuhörer mit einigen seiner Songs nur wenig anfangen wussten, bei "Love somebody" und "Jessie's girl" hätten die Saalordner die Stühle eigentlich aus dem Saal schleppen können, denn nun hielt es auch die Männer nicht mehr auf ihren Sitzen. Und als Springfeld noch ins Publikum hopste und durch die Massen, die aus ganz Nordbayern herbeigeströmt waren, wandelte, war die Begeisterung schon nahe an der Ekstase.
Da tat eine Pause richtig gut: Durchschnaufen. Das Bohemian Symphonie Orchestra aus Prag holte die Ausgeflippten mit einem Medley wieder zurück, wobei die Version von "Living on a prayer" wie eine Adaption von "Eleanor Rigby" von den Beatles klang.
Der nächste Einsatz der Symphoniker schien ihnen auf den Leib geschrieben: "Child's anthem" von Toto bildete den Auftakt für eine volle Breitseite aufs Trommelfell. Steve Lukather, bekannt für fräsende Gitarrenklänge, kannte kein Pardon und entlockte seiner Gibson bei "Little wing" die wildesten Sounds, ehe er mit den Toto-Klassikern "Rosanna", "Africa" und "Hold the line" zur Versöhnung ansetzte.
Gänzlich mit dem Vorurteil, dass hier abgetakelte Altstars nochmals auf Abzocke-Tournee unterwegs wären, räumte zum Schluss Don Felder auf. Geld hat der Ex-Eagle bestimmt nicht mehr nötig. Allein seine Hymne "Hotel California" spült ihm noch immer Tantiemen aufs Girokonto. Dazu hängt er sich die Double-Neck-Gitarre und wechselt ständig von sechs auf zwölf Saiten. Eine Hymne für die Ewigkeit, ausschließlich bestehend aus Dur-Akkorden, was zu einer Trauerfeier eigentlich so gar nicht passt.
Dazu die Eagles-Klassiker "Heartache tonight", "Life in the fastlane" und "Take it easy" und jeder dachte auf dem Nachhauseweg, dass es "One of these nights" gewesen war.