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Brose-Ansiedlung: Millionen für Bambergs Osten


Autor: Michael Wehner

, Freitag, 21. Sept. 2012

Wie viel sind 1200 neue Arbeitsplätze wert? Mindestens elf Millionen Euro. So viel lässt sich die Stadt die Aufwertung der Infrastruktur für die Brose-Ansiedlung kosten.
Seit den 70er Jahren ein Teil des Stadtbilds: die Starkstromleitung an der Breitenau. Sie soll für die Brose-Ansiedlung unter die Erde - auf Kosten der Steuerzahler.


Stefan Goller steht gewissermaßen unter Strom. Der Leiter des Bürgermeisteramts koordiniert eines der größten Projekte der Stadtgeschichte: die Ansiedlung des Brose-Konzerns an der Breitenau mit Aussicht auf mittelfristig 1200 neue Arbeitsplätze in Bamberg.

Für diesen Job, bei dem es auch um die Erdverkabelung einer Starkstromleitung geht, steht Gollers Team vor Herausforderungen, von denen eine schon ausreichen würde, um eine ganze Stabsabteilung zu strapazieren. Dazu gehört die Aufrüstung des Flugplatzes mit breiterer Landebahn, Tower und Abfertigungsgebäude; doch nicht weniger kompliziert ist die Verlagerung von Vereinsheim und Sportflächen an der Breitenau in den Volkspark, an denen vielfältige Interessen hängen. Sie muss spätestens bis Mitte 2013, zum Start in die neue Saison, unter Dach und Fach sein.

1000 Meter lange Starkstromleitung

Ein Teil im Begrüßungspaket der Bamberger für den Brose-Konzern samt dessen Lenker Michael Stoschek fand bisher kaum Erwähnung: Die Hoffnung auf hoch qualifizierte Arbeitsplätze und Millionen zusätzlicher Gewerbesteuereinnahmen beflügelt auch ein Projekt, über das bis vor kurzem noch kaum einer nachgedacht hatte: die Erdverkabelung einer 1000 Meter langen Starkstromleitung zwischen dem Umspannwerk Nord und Memmelsdorfer Straße.

Die im Besitz der Eon Netz GmbH befindliche Leitung versorgt seit den 70er Jahren die Stadtwerke und damit die Bürger Bambergs - eine echte Lebensader. Dennoch werden die Autofahrer am Berliner Ring ihrer unübersehbaren Erscheinung wohl keine Träne nachweinen. Die weiß-rot angestrichenen Masten, die wegen der Nähe zum Flugplatz nur die halbe Höhe einer üblichen Freileitung erreichen, laufen quer vor der Park- und Ride-Anlage, begleiten den Flugplatz an der Zeppelinstraße und verstärken an einem Einfallstor Bambergs den Eindruck eines wild zusammengewürfelten Provisoriums.

Brose schreibt Architektenwettbewerb aus

Das ist auch der Grund, weshalb Brose von Anfang an die Erdverkabelung forderte, denn die Freileitung würde die entstehenden Gebäude über die gesamte Länge nicht unerheblich verunstalten: "Der Standort ist für uns durch seine Lage und sehr gute Verkehrsanbindung attraktiv. Mit dem Neubau wollen wir zu einer städtebaulichen Aufwertung des Gebietes beitragen. Die Verlegung der Starkstromleitung ist dazu ein erster Schritt", sagt Jens Korn, Sprecher der Brose-Gruppe. Wie er mitteilte, hat der Fahrzeugteile-Hersteller für den neuen Standort einen Architektenwettbewerb ausgeschrieben. "Die Architektur soll unsere Firmenphilosophie von Transparenz und Offenheit verdeutlichen."

Doch ein Pappenstiel ist es nicht, was die Erdverkabelungden Bürgern aufbürdet. Sie wird den städtischen Etat einer Schätzung nach mit 2,5 Millionen Euro belasten, neben der Flugplatz-Ertüchtigung der größte Brocken im Gesamtpaket. Doch Stefan Goller sieht die Investition nicht nur unter dem Vorzeichen der Wirtschaftsförderung: "Auch die Stadt hat ein großes Interesse daran, dass die Breitenau als Standort und der Flugplatz aufgewertet werden." Das hängt auch damit zusammen, dass der Abzug der Amerikaner noch vor einem Jahr in den Sternen stand. Nun aber könnte das Flugfeld schon bald den Bambergern gehören.

Zustimmung des Flugplatz-Betreibers

Vom Aero-Club Bamberg kommt grünes Licht zu den Veränderungen vor der Haustür. Der hat als Betreiber des Flugplatzes zwar nie die Forderung nach einer Erdverkabelung erhoben, dennoch findet sie seine Zustimmung: "Wir begrüßen das Projekt wegen der Flugsicherheit" , sagt Thomas Siewert. Dazu muss man wissen: Die Freileitung liegt kaum 100 Meter von der Landebahn entfernt. Maschinen, die sich im Anflug auf Bamberg befinden, haben zuletzt eine Höhe von nur 80 Metern über dem Boden. Sollten die Masten verschwinden, entfällt für die Flieger ein störendes Hindernis. Immerhin starten am Flugplatz 2500 Motorflugzeuge im Jahr, Tendenz steigend.

Unvorhergesehene Schwierigkeiten scheinen dem Projekt nicht entgegen zu stehen. Laut Eon Netz könnte die Verlegung der armdicken Kabel in eineinhalb Metern Tiefe bis September 2013 erfolgen. Eine Kostenbeteiligung durch den Netzbetreiber ist allerdings ausgeschlossen, wie Michaela Fiedler sagt: "Unsere bestehende Leitung ist voll funktionstüchtig."