Brentano-Theater Bamberg: Ein "unfeierlicher Festakt" zum Geburtstag
Autor: Rudolf Görtler
Bamberg, Freitag, 31. August 2018
Martin Neubauers Wohnzimmertheater wird 25 Jahre alt, Clemens Brentano würde 240. Das hat viel miteinander zu tun.
Die Theaterlandschaft der Stadt expandierte in den letzten Jahren ungeahnt, freie Gruppen sprossen und haben sich mehr oder minder etabliert. Doch die charmanteste, liebenswürdigste der privaten Bühnen ist und bleibt das Brentano-Theater Martin Neubauers in der Ehrlich-Villa, Gartenstraße 7. Was, es wird schon 25 Jahre alt? Kaum zu glauben (auch den Impresario wundert's gehörig), aber wahr.
Dass dieser Geburtstag gefeiert werden muss, versteht sich von selbst. Es wäre das Brentano-Theater jedoch nicht das Brentano-Theater, wenn das steif, konventionell geschähe. Eine Folge von Szenen, Ansprachen vielleicht auch, ein buntes Programm soll - nicht nur - am Sonntag, 9. September, (zurück)blicken auf 25 Jahre wiederbelebte und am Leben erhaltene Romantik im Herzen der Bamberger Altstadt, zum Pläsier eines treuen Publikums.
Es ist dieser 9. September mit Bedacht gewählt: Nicht nur, dass am 9. September 1778 der Namensgeber der kleinen Bühne mit 22 Plätzen geboren wurde, just an diesem Tag startete 1993 das Brentano-Theater mit, wie könnte es anders sein, "Poesie und Possen von Clemens Brentano" ("Aus ew'ger Lieb und ew'gem Zorn").
Der Dichter (gest. 1842) mit seiner faszinierenden und zerrissenen Persönlichkeit, seinen vielfältigen, nicht zuletzt satirischen Talenten ein Romantiker par excellence, hat es Martin Neubauer angetan. Der Sohn des Feuilletonisten Hans Neubauer besuchte nach dem Abitur am KHG eine Münchner Schauspielschule und spielte zwei Jahre in Hannover und Essen als Ensemblemitglied.
Nichts für ihn, wie er bald spürte, und nach seiner Rückkehr entstand aus einer "spontanen Abendidee" die Kleinbühne in der Wohnung - gleich neben der Küche. Winzig, mit ausgestreckten Armen zu umfassen ist der Spielort im Parterre-Erker, aber er bot und bietet Raum für viele Tragödien und Komödien, wie Neubauer sagt, der mit seinen Mitstreitern trotz aller Skurrilität professionelles Niveau halten will - und das bei quasi freiem Eintritt und aufgestelltem Spendenhut. Eignet dem 55-Jährigen, der an seinem großen Vorbild "die grenzenlose Tabulatur an Sprache" schätzt, nicht selbst etwas Romantisches bis in den Phänotyp?
Joseph von Eichendorff beschrieb seinen Freund seinerzeit als "klein, gewandt und südlichen Ausdrucks" mit italienisch anmutenden schwarzen Locken. Die im Falle des Impresarios ergrauen.
Doch auch nach 25 Jahren steht er noch zu seinen Leidenschaften: vergessene und verkannte Autoren ausgraben (wie Otto Julius Bierbaum, Elsa Bernstein, Otto Erich Hartleben, Maurice Maeterlinck, Max Dauthendey und viele andere), die Vielschichtigkeit und den Reichtum von Sprache in einer Zeit vorführen, in der "es nicht mehr selbstverständlich ist, dass man eine Stunde lang einem Text folgen kann", Heiteres ("Lidderadurzeuch" mit dem Tubisten Heiko Triebener, Hainspaziergänge "naus die Affen!", Valenin immer wieder) und Ernstes ("Kultur der Stille" mit Karlheinz Busch) gleichermaßen parat zu haben.