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Brandstifter-Prozess: Sind die Handydaten aussagekräftig?


Autor: Anna Lienhardt

Bamberg, Dienstag, 09. Dezember 2014

Im Brandstifter-Prozess waren vor der Zweiten Strafkammer des Bamberger Landgerichts zwei Sachverständige geladen. Sie erläuterten, welche Spuren, die ein aktives Mobiltelefon hinterlässt, nachverfolgt werden können - und welche nicht. Das Urteil wird am Mittwoch erwartet.
So sah das ausgebrannte Sonnenstudio vor relativ genau einem Jahr aus. Archivfoto: Ronald Rinklef


Es waren knapp vier Stunden, in denen auf die beiden Sachverständigen Fragen einprasselten. Doch es zeigte sich schnell: Die Antworten sind nicht so leicht zu geben. Ein Handy loggt sich nicht einfach irgendwo ins Netz ein und von da an sind alle Daten nachvollziebar.

Geladen waren eine Sachverständige des Landeskriminalamtes (LKA) und ein Diplommathematiker, der auch als Sachverständiger aussagte. Von ihnen erhoffte sich das Gericht Informationen darüber, inwieweit die Handys der beiden Angeklagten in Tatortnähe lokalisiert werden konnten. Der 24-jährige Yasin T. hatte zu einem frühen Zeitpunkt im Prozess gestanden, das Feuer am Babenbergerring gelegt zu haben. Er belastete zudem seinen 32-jährigen Onkel Sami C. (Namen geändert).

War dieser beim Kauf des Benzinkanisters dabei, der später im Solarium ausgeschüttet wurde? Und war Sami C. beim Anzünden des Sonnenstudios vor Ort? Oder beschuldigt Yasin T.

seinen Onkel zu Unrecht? Sind diese Fragen überhaupt anhand der Handydaten zu klären?

Zwei Richter, drei Verteidiger und der Staatsanwalt nahmen sich Zeit, um die beiden Sachverständigen auszufragen.

Handy sucht sich Verbindung aus

"Tut ein Handy etwas Aktives im Netz, beginnt eine sogenannte Kommunikationsspur", erklärte die LKA-Sachverständige. Das Telefon wähle sich in eine Funkzelle ein, die für seine Zwecke die beste sei. "Die Verbindung sucht sich das Telefon automatisch, je nachdem, was zur Verfügung steht."

Wie der zweite Sachverständige erläuterte, sei der Beginn beispielsweise eines Telefonats maßgeblich, der sogenannte Zeitstempel. "In dem Moment, in dem die Kommunikationsspur beginnt, wird der Sektor der Funkzelle protokolliert", erläuterte die Fachfrau des LKA. So könne festgestellt werden, in welche Funkzelle sich das Handy eingewählt habe. Aber nicht, wo genau im Sektor - "er kann viele Straßen abdecken".

Und: Bewegt sich ein Mensch etwa während des Telefonierens und wechselt die Funkzelle, werden die nachfolgenden nicht mehr im Datensatz protokolliert. Nur die erste und letzte Funkzelle sind festzustellen. Zudem erklärten die Gutachter, dass sich Funkzellen überlappen können. So könne beispielsweise eine Straße im Bereich von mehreren, unterschiedlich schnellen Datenverbindungen wie UMTS, GSM oder LTE liegen.

Allerdings erhalte gerade der schnelle LTE-Standard bei manchem Netzbetreiber keine "ordentliche Funkzellenkennung", wie die Sachverständige des LKA anmerkte. Und: Manchmal käme es zu Qualitätsproblemen im Netz, wenn Funkzellen so dicht aneinander liegen, dass sich die Frequenzen gegenseitig stören. "Dann weiß das Handy zunächst nicht, wo es hin soll."

Doch sobald die Kommunikation in einer Funkzelle beginne, sei der Ausbreitungsbereich definiert.
Wie das Gericht unter anderem diese Informationen wertet, wird sich am Mittwoch, 10. Dezember 2014, zeigen. Denn dann soll das Urteil fallen.

Prozess läuft seit Sommer

Ein Urteil, das relativ genau ein Jahr nach dem Brand im Sonnenstudio gesprochen werden würde. Es war die Nacht vom 7. auf den 8. Dezember 2013 als die Menschen, die über dem Laden- und Gewerbezentrum am Babenbergerring wohnten, evakuiert wurden. Denn unter ihnen war in den Räumen des Solariums Feuer ausgebrochen. Es richtete am Gebäude einen Schaden von rund 217 000 Euro an.

Die Angeklagten Sami C. und sein Neffe Yasin T. müssen sich unter anderem wegen gemeinschaftlicher besonders schwerer Brandstiftung vor Gericht verantworten. Der Prozess läuft - mit Unterbrechungen - bereits seit 14. Juli.