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Brandstifter-Prozess: Gericht besichtigt Tatort am Babenbergerring


Autor: Anna Lienhardt

Bamberg, Mittwoch, 06. August 2014

In der Verhandlung um die beiden mutmaßlichen Brandstifter vom Babenbergerring haben sich die Verfahrensbeteiligten auf Außeneinsatz begeben: Sie inspizierten unter anderem die ausgebrannten Räume des Sonnenstudios.
Vorsitzender Richter Manfred Schmidt, Rechtsanwalt Jochen Kaller, Richter Nino Goldbeck und Rolf Dinkel (von links nach rechts) von der Joseph-Stiftung sprechen über die Räumlichkeiten des Gebäudekomplexes. Anschließend begutachteten sie das Sonnenstudio. Foto: Matthias Hoch


Es liegt am Bauwerk - beziehungsweise den vielen Fragen, die der Gebäudekomplex mit der Hausnummer 71 am Babenbergerring aufwirft. Wie hat sich der Rauch aus dem Sonnenstudio im Erdgeschoss seinen Weg durch Lüftungsschacht und Rohre gesucht? Spielten die abgehangenen Decken eine Rolle bei der Rauchentwicklung? Warum qualmte es aus dem Bad in der Wohnung direkt über dem Solarium?

Zwar hatten Zeugen und Sachverständige an den vorangegangenen Verhandlungstagen Fragen wie diese bereits erörtert. Dennoch wollten sich die Mitglieder der Zweiten Strafkammer des Bamberger Landgerichts Mittwochmittag selbst am Tatort umsehen, um sich ein Bild von den Verwinkelungen des Gebäudes zu machen.

Der Ortstermin sollte helfen, der Wahrheit auf die Spur zu kommen: Sind die beiden Verdächtigen der gemeinschaftlichen besonders schweren Brandstiftung schuldig, wie ihnen in der Anklage vorgeworfen wird? Sami C. und Yasin T.

(Namen geändert) sollen in der Nacht des 7. Dezember 2013 das Sonnenstudio im Erdgeschoss der Ladenzeile in Brand gesteckt haben. Das Feuer richtete am Haus und Inventar einen Gesamtsachschaden von rund 280 000 Euro an. Sami C. wird zudem Anstiftung zur Sachbeschädigung sowie versuchter Betrug vorgeworfen.

Akt des Vandalismus

Der 32-Jährige soll den Plan gefasst haben, das Sonnenstudio anzuzünden. Das sollte laut Anklageschrift wie ein Akt des Vandalismus wirken, um gegenüber dem Verpächter einen außerordentlichen Kündigungsgrund nennen zu können. Zudem wollte Sami C. den Schaden bei seiner Versicherung geltend machen.
Warum das alles? Weil sich nach Ansicht der Staatsanwaltschaft der Betrieb des Solariums für dem 32-jährigen Bamberger nicht mehr rentiert hat.

Dieser soll seinen 23-jährigen Neffen Yasin T. eingeweiht und dazu veranlasst haben, ausländerfeindliche Schmierereien an der Fassade des Gewerbezentrums anzubringen. Angeblich, um die Ermittler bei der folgenden Brandstiftung auf eine falsche Spur zu locken.

Doch deren Verdacht fiel schließlich doch auf Sami C. und Yasin T. Sollte ihnen die Tat nachgewiesen werden, hängt die Schwere der Strafe wohl auch davon ab, was das Feuer hätte anrichten können: Direkt über der Ladenzeile liegen neun Wohnungen, die der Eigentümer des Hauses, die Joseph-Stiftung, vermietet hat.
"Als ich an den Tatort gekommen bin, war die Rauchentwicklung sehr stark", sagte ein Polizist aus, der als Zeuge geladen war. "Das Haus musste evakuiert werden. Ich habe Wohnung für Wohnung abgeklingelt und den Leuten gesagt, dass sie sich was anziehen und raus gehen sollen."

Doch gerade bei den Mietern der Wohnung direkt über den brennenden Räumen der Sonnenbank war das nicht einfach: Im ersten Stock wohnte ein Ehepaar, beide Ende 60. Der Mann war ein Pflegefall und konnte nur mit Hilfe eines hinzugerufenen Rettungsdienstes die Wohnung verlassen.

Rund 250.000 Euro Schaden

"Aus der Lüftung im Bad drang immer mehr Rauch, dann sogar ein richtiger Rauch-Ausstoß. Da hat einer der Sanitäter gesagt, er geht da nicht mehr rein. Aber der bettlägerige Mann konnte doch nicht selber raus gehen!", erläuterte der Polizist vor Gericht.

Schließlich seien alle Bewohner evakuiert worden. Im Flur und Treppenhaus sei zwar Brandgeruch, aber kein Qualm wahrzunehmen gewesen. "Es gab keine Panik", antwortete der Polizist auf Nachfrage von Vorsitzendem Richter Manfred Schmidt.

In der Wohnung im ersten Stock ist laut Rolf Dinkel, Teamleiter Hausbetreuung bei der Joseph-Stiftung, ein Schaden von rund 11 700 Euro entstanden. Insgesamt betrage der Schaden am Gebäude zirka 247.000 Euro.
Dass die Wohnungen über der Ladenzeile durch die Rauch- und Rußentwicklung in Mitleidenschaft gezogen wurden, liegt wohl auch an der Bauweise des Komplexes: Keller und Ladenzeile sind durch Fallrohre und Schächte mit den Wohnungen verbunden, zudem gibt es abgehangene Decken.

Wo sich der Schachteingang im Solarium befindet, wie das Treppenhaus aufgebaut ist, aber auch, wo das Auto vor der Tat nach Angabe von Yasin T. geparkt wurde - all das ließen sich die Prozessbeteiligten vor Ort zeigen.
Die Wohnung direkt über dem größtenteils ausgebrannten Sonnenstudio ist mittlerweile saniert und vermietet. Hier musste teilweise die Wand durchbrochen werden, um sämtliche Ruß- und Rauchspuren sowie den Brandgeruch aus Schächten und Wänden zu bekommen.

Doch unten, im Solarium, da riecht es immer noch leicht nach kaltem Feuer.