Druckartikel: Brailledrucker und Lesegerät im Einsatz

Brailledrucker und Lesegerät im Einsatz


Autor: Sarah Seewald

Bamberg, Sonntag, 06. Oktober 2013

Zum Post lesen können sehbehinderte Menschen jetzt auch ins Bamberger Rathaus .
Behindertenbeauftrage Nicole Orf präsentiert den ersten Ausdruck des neuen Brailledruckers.  Foto: Pressestelle Bamberg


"In 30 Jahren berichtet hoffentlich keiner mehr drüber", sagt Nicole Orf, Behindertenbeauftrage der Stadt Bamberg, als der neue Brailledrucker und ein Lesegerät im Bamberger Rathaus eingeweiht werden.

Im Rahmen der UN-Behindertenrechtskonvention werden in Bamberg immer wieder Projekte durchgesetzt, die für mehr Barrierefreiheit und Inklusion aller Bürger in der Stadt sorgen. "Wir sind wirklich auf einem sehr guten Weg. Wir müssen nicht mehr über Barrierefreiheit diskutieren", erklärt Nicole Orf und glaubt daran, dass sich in den nächsten 30 bis 40 Jahren das Thema Barrierefreiheit in Luft aufgelöst hat.

Das Vorhandensein von Rampen, Lesehilfen, induktiven Höranlagen ist in vielen skandinavischen Ländern bereits selbstverständlich. "Wir widersprechen uns in diesem Rahmen noch selbst", weiß Nicole Orf.

"Auf der einen Seite müssen wir die neuen Projekte bewerben und an die Öffentlichkeit treten, andererseits hoffen wir, dass ein Brailledrucker ganz schnell gar nichts Besonderes mehr ist."

Die Stadt Bamberg hat es sich seit Jahren zur Aufgabe gemacht, Chancengleichheit behinderter Menschen zu fördern und ihre Diskriminierung zu verhindern. Ein weiteres Zeichen auf diesem Weg wurde nun mit der Anschaffung eines Brailledruckers gesetzt. Ab sofort können im Büro der Behindertenbeauftragten Nicole Orf Texte in Blindenschrift übersetzt und ausgedruckt werden.

Elisabeth Seemüller, Mitglied des Beirates für Menschen mit Behinderung, testet den ersten Ausdruck gleich. ""Was man spürt, muss man im Gehirn erst einmal umwandeln können", sagt sie und erklärt, dass nicht alle Sehbehinderten die sogenannte Brailleschrift lesen können.

Nur ein Anteil von ungefähr 20 Prozent aller Sehbehinderten ist der Punktschrift mächtig. Es liegt daran, dass eine Sehbehinderung oft erst im Alter kommt und die komplizierte Schrift am besten in jungen Jahren zu lernen ist, "auch weil die Feinmotorik und der Tastsinn in den Fingerspitzen noch voll ausgeprägt sein müssen", sagt Elisabeth Seemüller.

Nicole Orf ist für die unkomplizierte Umsetzung neuer Projekte sehr dankbar. "Und wenn eine weitere Anschaffung - sei es ein behindertengerechtes Spielgerät für Kinder oder ein Rollstuhllift im Hallenbad - nur einem behinderten Bürger helfen kann, genau für diesen einen verändert sich das Lebensgefühl", sagt Nicole Orf.

Die Behindertenbeauftragte steht mit Herzblut hinter ihrer Arbeit. "Sie ist wirklich eine Lichtgestalt, wenn es darum geht, Barrieren abzubauen", schätzt Renate Göller, Vorsitzende der Bamberger Arbeitsgemeinschaft chronisch kranker und behinderter Menschen.

Auch Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) ist "sehr stolz" auf seine Mitarbeiterin. Er selbst versucht sich am neuen Lesegerät, das zukünftig im Bereich der Infothek des Rathauses am Maxplatz frei zur Verfügung stehen wird.

Mit dem Gerät soll es Sehbehinderten möglich sein, selbstständig Anträge auszufüllen. "Aber auch einfach mal private Post zu lesen", erklärt Nicole Orf, die weiß, wie schwer es behinderten Menschen oft fällt, Hilfe bei ganz gewöhnlichen Dingen im Alltag zu erbitten.

Reine ÜbungssacheEtwas gewöhnungsbedürftig ist es, über den vergrößerten Bildschirm Anträge auszufüllen. "Ich schreibe wie ein Dreijähriger", wundert sich Andreas Starke bei seinem ersten Testlauf mit dem Lesegerät. Die erblindete Elisabeth Seemüller ermutigt ihn: "Reine Übungssache. Nach zehn Sätzen kann man es."