Die Bamberger Bosch-Mitarbeiter demonstrieren gegen die einseitige Förderung der E-Mobilität durch die Bundespolitik - sie wollen den Wandel mitgestalten. Ihr Trumpf ist dabei der Wasserstoffantrieb. Und ein alter Bekannter.
Offen sein für Neues. Das sollte in der Innovationsschmiede Deutschland selbstverständlich sein. Eigentlich. Denn die Transparente, mit denen gestern die 200 Bosch-Mitarbeiter trotz Herbstregen beim Aktionstag der IG Metall auf die Straße gegangen sind, waren ein Alarmzeichen für die heimische Autoindustrie. Die kritische Botschaft der Demonstranten: Die Bundespolitik setze einseitig alle Bemühungen in die Elektromobilität - und vernachlässige andere hoffnungsvolle ökologische Antriebsformen. Besonders die Brennstoffzelle. Eine Technologie, deren Weiterentwicklung sich die Bamberger Bosch-Mitarbeiter erkämpft haben - und auf die sie stolz sind.
"Die Brennstoffzelle, das Zukunftsprojekt, wird hier in Bamberg gefertigt", erklärte Martin Feder bei seiner ersten großen Demo als neu gewählter erster Bevollmächtigter der IG Metall Bamberg. "Das ist ein Kernstück unserer Betriebsvereinbarung zur Standortsicherung 2026, die mobile und stationäre Brennstoffzelle in Bamberg voranzutreiben", berichtete Mario Gutmann, Betriebsratsvorsitzender der über 7000 Bosch-Mitarbeiter in Bamberg.
Die große Trumpfkarte des Wirtschaftsstandortes steht auf dem Spiel: Während die Autokrise auch die Zulieferbetriebe mit nach unten zieht, soll mit der Brennstoffzelle eine Initialzündung für die heimische Industrie gelingen, die Bamberg zur Modellregion machen soll. Und während Bayern 42 Millionen Euro in die Entwicklung sauberer Antriebe in Franken pumpt, fühlen sich die Metaller vom Bund allein gelassen. Mehr noch: ausgebremst.
"Die Bundesregierung hat sich total einseitig auf E-Autos konzentriert", schimpfte Gutmann, der darin reine Wettbewerbsverzerrung sieht, "Planwirtschaft wie in der DDR". Er und die Demonstranten forderten stattdessen "Technologieoffenheit": Welche Antriebsform künftig der Renner wird, sollen die Innovationskraft und der Markt entscheiden. Bei der Elektromobilität hinke die deutsche Industrie um viele Jahre hinterher. Im Gegensatz zur Brennstoffzelle, bei der man ganz vorne mitspiele.
Den Verbrenner nicht abschreiben
Was den Demonstranten ebenso wichtig ist: "Wir haben auch noch den Verbrenner, den wir nicht zu früh abschreiben wollen", kritisierte Gutmann. Ökologische, hoch effiziente Verbrenner in Kombination mit synthetischen, klimaneutralen Brennstoffen: Das sei keine Zukunftsmusik. "Wir brauchen einen breiten Mix an Technologien im Antriebsstrang. Batterie und Wasserstoff, aber auch weiterhin den Verbrenner, vor allem in Verbindung mit E-Fuels", erklärte Feder. "Jeder Pendler der täglich weite Strecken fährt und keine eigene Ladesäule daheim hat, braucht doch den High-Tech-Verbrenner von Bosch als gute Alternative!"
Um die Botschaft zu unterstreichen, hatte die IG Metall Westen in unterschiedlichen Farben verteilt. Rote Westen zeigten die Beschäftigung, die durch den Diesel generiert wird, weiß stand für Elektro, grün für die Brennstoffzelle. Es waren siebenmal mehr grüne als weiße Westen zu sehen. "Wir haben hier ein enormes Potenzial für neue gute Arbeitsplätze in Bamberg!", erklärte Feder. "Wir brauchen mehr Unterstützung für das Thema Wasserstoff. Wir müssen die Brennstoffzelle auf die Straße bekommen! In Lkw und in Bussen. Dafür braucht es Unterstützung durch die Politik." Maut- oder Steuerbefreiungen seien ein Mittel, oder Geld für lokale Initiativen: "Stellt euch vor, wie es wäre, wenn die Busse in Bamberg alle mit eurer Brennstoffzelle durch die Gegend fahren würden!"
Offen sein für Neues. Aber es muss auch bezahlbar sein. Wenn man die drei Systeme gegenüberstellt und nur die Kosten und Effizienz anschaut, kann man leicht erkennen wo die Reise hingeht.
Von 100 % erzeugter elektrischer Energie bringt ein Elektroauto immerhin 73 % auf die Straße.
Beim Wasserstofffahrzeug sind es nur noch 22 % und beim Fahrzeug mit Verbrennungsmotor mit e-fuel (synthetischem Sprit) sind es nur noch 13 %. (Quelle: insideevs)
Die Stromgestehungskosten für erneuerbare Energien lagen im Jahr 2018 zwischen 3,99 und 8,23 €Cent/kWh und sind weiter am Sinken. (Frauenhofer-Instiut)
Der durchschnittliche Strompreis für Haushalte liegt derzeit bei 30,91 ct/Kwh.
Ein Kilo Wasserstoff kostet an den Tankstellen 9,50 €. Man kommt damit ca. 100 km weit. (Autobild)
e-Fuel soll lt. ADAC ca. 4,50 €/Liter in der Herstellung kosten. Auch wenn der Preis bis 2030 auf 2,29 €/Liter wirklich sinken sollte, ist er mit den üblichen Zuschlägen (Steuern, Deckungsbeitrag) von einem Normalverdiener nicht bezahlbar.
Der Deutsche Durchschnittsautofahrer fährt pro Tag 39 km. Dafür ist das e-Auto konkurrenzlos.
Beim LKW, Omnibus oder Langstreckenfahrzeugen wird es eine Übergangslösung brauche, bis bessere Stromspeicher auf dem Markt sind.