Blumen aus dem Knast - wie funktioniert das?
Autor: Anette Schreiber
Ebrach, Freitag, 29. Juni 2018
Das Ebracher Gefängnis hat auch eigene Betriebe. Am Samstag ist zu sehen, was diese produzieren. Gibt es eine Konkurrenz zu örtlichen Unternehmen?
60 Jahre fungiert das Ebracher Gefängnis als Jugendvollzugsanstalt. Mit einer Reihe von besonderen Veranstaltungen würdigt die JVA diesen Anlass, ein Handwerkermarkt am Samstag, 30. Juni, gehört dazu. Eine Gelegenheit für die Öffentlichkeit, sich einmal hinter die Gefängnismauern zu begeben.
Handwerkermarkt? Die wenigsten dürften wissen, dass sich hinter den hohen Mauern der einstigen Zisterzienserabtei insgesamt 15 Ausbildungsbetriebe befinden, erklärt Anstaltsleiter Gerhard Weigand schmunzelnd. Das soll sich mit dem Markt ändern.
Was hat ein Knast mit Ausbildung am Hut? Das ist einfach zu erklären: Im Jugendvollzug geht es in erster Linie darum, den Jugendlichen Perspektiven zu eröffnen, sie zu resozialisieren, sie nach Verbüßung der Strafe in die Gesellschaft einzugliedern und das geht am besten, wenn sie einen Beruf haben, umreißt Weigand.
Ausbildung ist deswegen ein zentrales Ziel im Jugendvollzug und genau deswegen finden sich in Ebrach diese 15 Betriebe, ergänzt Holger Friedrich, Leiter des Betriebs Arbeitstherapie. Das ist sozusagen die Vorstufe vor einer regulären Lehre, wenn jemand noch überhaupt nicht mit einer Ausbildung in Berührung gekommen ist, und hier Grundlagen erwerben kann.
In Ebrach sitzen derzeit rund 290 Gefangene im Alter von 17 bis 24 Jahren, wobei die JVA über maximal 312 Haftplätze verfügt. 290 Bedienstete und Angestellte halten die Einrichtung am Laufen, wobei man sich zu einem großen Teil hier auch selbst versorgt - und andere Einrichtungen.
Über 110 Hektar
Denn der Landwirtschaftsbetrieb hat über 110 Hektar und hält 210 Galloway-Rinder. Die landen irgendwann in der anstaltseigenen Metzgerei. Das Getreide wiederum findet den Weg in die Bäckerei und was man sonst noch so produziert, wird dann in der anstaltseigenen Küche zu schmackhaftem Essen zubereitet.Dafür, dass die Substanz der Anlage erhalten wird, sorgt die Bauabteilung, die zudem die Außenanlagen pflegt. In der Anstalt gibt es zudem eine Elektrik-Abteilung, eine Schlosserei, eine Spenglerei, eine Schreinerei, eine Gas- und Wasser-Abteilung, Heizungsbau, eine KFZ-Abteilung, eine Malerwerkstatt, eine Wäscherei und eine Gärtnerei. Alle bilden aus, das ist der Grund, warum die Anstalt sie auch hat, betont Weigand. Bei den Arbeiten fallen logischerweise auch Produkte an, die sind nicht primär Ziel, sondern das Lernen und die Motivation.
Was tun mit den Lernergebnissen? Es gibt Abnehmer, bei den Anstalten, aber auch bei den ganz normalen Bürgern. "Wir wollen und dürfen keine Konkurrenz zu den regionalen Handwerksbetrieben sein", stellt Weigand ganz klar. Dass man das in der Tat nicht ist, zeigen die Besonderheiten der Knast-Produkte und Dienstleistungen: Es sind ausschließlich Auszubildende im Einsatz und reguläre Termine sind kaum machbar: Die Abwicklung der Aufträge hängt beispielsweise davon ab, ob es Gefangene gibt, die etwa Außenarbeiten erledigen dürfen, ob sie nicht mit Prüfungsarbeiten beschäftigt sind, oder zu Gerichts- und ähnlichen Terminen müssen.
Es ist also nicht ganz so einfach und wie Weigand es formuliert, steht bei einer Beauftragung der JVA schon der soziale Aspekt im Vordergrund, ähnlich wie etwa bei der Lebenshilfe, mit der man in Bamberg übrigens zusammenarbeite.
Gärtnerei bekannt
Zu den JVA-Betrieben, die wohl in der Öffentlichkeit am bekanntesten sind, zählen die Autowerkstatt und vor allem die Gärtnerei. Die liegt auch außerhalb der eigentlichen Anstalt und fällt durch nichts als außergewöhnlich auf, außer die jungen Männer, die hier in weißer Arbeitskleidung zu Gange sind.Chef ist hier Gärtnermeister Matthias Donhauser. Er bildet die Gefangenen zusammen mit seinem Kollegen als Gärtner aus, eine Gärtnergesellin unterstützt die beiden. Für die Bevölkerung ist die Knast-Gärtnerei ein ganz normaler Betrieb, wie die Kundschaft zu verstehen gibt. Ebracher wachsen mit Gefangenen auf, in der Gärtnerei ist man ihren Anblick ebenso gewohnt wie in den innerörtlichen Grünanlagen. "Ich denke, die sind nicht teurer als andere", meint eine Kundin. Weil es in Ebrach keine weitere Gärtnerei gibt, kommt sie, wenn sie etwas braucht.
So wie ein Paar aus Großgressingen, das hier einen Spezialauftrag hätte - Blumen und Gestecke für die Hochzeit der Tochter. "Wir haben Kundschaft auch aus Bamberg und Schweinfurt", lässt Chef Donhauser wisse. Und seit drei Jahren mache man Plus, worauf er sehr stolz ist. Freilich hat er selbst nichts davon, eh alles Staatsgeld, das dann so wie der Erlös des Handwerkermarktes wieder ans Finanzministerium geht.
Ausbilder geben Auskunft
Was neben Kfz und Gärtnerei sonst noch so im Gefängnis gemacht wird, das kann man am 30. Juni in der Zeit zwischen 14 und 18 Uhr im Wirtschaftshof der Anstalt erleben. Alle Ausbildungsbetriebe stellen sich und ihre Produkte vor, die auch käuflich erworben werden können, Ausbilder stehen Rede und Antwort, ausnahmsweise kredenzt die Küche auch für die Anstaltsfremde Gerichte, auch Backwaren aus dem Gefängnis gibt es nur an diesem Tag zu kosten und zu kaufen. Der Markttag biete so eine Chance, die man wohl nur noch zu anderen besonderen Jubiläen bekommen wird, so Weigand.
Damit der Tag zum Erfolg wird, hat Holger Friedrich im Vorfeld noch einiges auf die Beine zu stellen, neben der ganz normalen Arbeit in der Arbeitstherapie, die verkauft ihre Produkte als einzige Abteilung öfter öffentlich: an den Märkten in Ebrach und Bergtheim.