Biermekka unterm Storchennest?
Autor: Sebastian Schanz
Reckendorf, Dienstag, 23. April 2019
Wo wird das internationale Bierkulturzentrum Bamberger Land entstehen? Reckendorf will sich mit dem Areal zweier ehemaliger Brauereien bewerben.
Gesucht wird nicht der Nabel der Welt, aber doch der Nabel der Bierwelt: Das Bierkulturzentrum Bamberger Land soll internationale Strahlkraft entwickeln. Anziehungspunkt und Erlebniswelt für Genießer, Tagungsort und Treffpunkt der Brauerszene mit angegliedertem Hotel, Museum und Archiv, dazu Freiflächen mit Hopfenanbau und Standplätze für Messen: All das umfasst das erste Konzept für das Mammutprojekt. So groß wie die Ambitionen sind auch die finanziellen Dimensionen. 39 Millionen Euro Gesamtkosten sieht der Entwurf vor, 21,5 Millionen davon nur für Baukosten.
Dieses Fass an Finanzmitteln weckt freilich Begehrlichkeiten - zumal in Reckendorf, dessen Bewohner ihren Ort ohnehin und ganz selbstverständlich für den Nabel der Bierwelt halten. Dafür sorgen zwei Brauereien. Die eine schenkt einen urigen Kulttrunk aus, die andere nennt ein "Omnium"-Sudhaus ihr eigen, das so innovativ die Rohstoffe nutzt, dass Brauexperten für Besichtigungen anreisen. Vor allem aber sind zwei ehemalige Brauereien der Grund, warum sich Reckendorf nun nach dem Willen des Gemeinderats um das Bierkulturzentrum bewerben will. Stolpinger-Bräu und Lechner-Bräu bilden mitten im Herzen Reckendorfs ein großes Areal mit Fachwerkfassade, alten Braustätten, Tanzsaal, Gastwirtschaft, Keller und einem Brauereiturm, auf dem der Storch residiert.
"Das Potenzial wäre auf jeden Fall da, man sollte ein 3D-Modell erstellen und offensiv an die Bewerbung herangehen, nicht nur das alte Gerutsche anbieten", warb Thomas Gunzelmann vom Landesamt für Denkmalpflege für die Bewerbung. Teile der Anwesen könnten über Fördertöpfe des Denkmalschutzes hergerichtet werden, andere könnten auch Neubauten weichen. "Das Doppelobjekt scheint prädestiniert zu sein, Reckendorf hat außerdem historische Bierkeller und eine Eiswiese zu bieten", erklärte Bürgermeister Manfred Deinlein (SPD). Die Gemeinderäte zeigten sich ebenfalls von der Idee angetan.
Die Gelegenheit sei günstig für Reckendorf, denn gerade läuft ein Zusammenspiel aus Städtebauförderung, Denkmalkonzept und Bürgerbeteiligung an, mit dem Ziel, den Ortskern zu beleben - also eben vor allem jene beiden ehemaligen Brauereigebäude.
Konkurrenz hat einige Trümpfe
Wie stehen die Chancen für einen Zuschlag? Man munkelt, sechs Gemeinden hätten sich bisher beworben. Im Landratsamt will das niemand bestätigen. Nur: "Mehrere Bewerbungen liegen vor".Wann eine Entscheidung fallen soll, wird ebenfalls nicht genannt. Klar ist aber, dass die Konkurrenz im Landkreis Bamberg - mit seinen rund 70 Brauereien und unzähligen Gastwirtschaften, Biergärten und Kellern groß ist.
"Memmelsdorf hat sich auch beworben, ein Standort in der Fränkischen Tosakana wäre sicher passend", bestätigt Bianca Müller, die Tourismusmanagerin für diese Region. Fünf Brauereien, die Nähe zur Weltkulturerbe- und Bierstadt Bamberg und zum Autobahnkreuz, dazu der 13-Brauereien-Weg: "Die Voraussetzungen sind gut", findet Müller.
Genussort wartet ab
In einem weiteren unbestrittenen Genussort im Bamberger Land gibt sich der Bürgermeister zurückhaltend: "Wir haben keine Leerstände wie Reckendorf und müssten einen Neubau anbieten. Wir warten deshalb derzeit noch auf weitere Informationen", sagt Roland Kauper (CSU) in Scheßlitz.