Bamberger Gericht schildert perfide Verkaufsmasche - "Schwäche ausgenutzt"
Autor: Clara Maria Wimmer
Bamberg, Montag, 02. Juni 2025
Das Bamberger Landgericht schildert den Fall eines Mannes, der bei einem Haustürgeschäft beinahe 55.000 Euro verloren hätte. Die Kammer findet deutliche Worte - für die Verkäuferin, aber auch für den Mann.
Es wirkt wie Betrug: Einem Mann werden in seiner eigenen Wohnung zwei Bücher zum Preis von knapp 55.000 Euro verkauft. Der Händler vermittelt dem Bewohner zusätzlich die Finanzierung des Kaufs, den er sich eigentlich nicht leisten kann. Nach einer Anzahlung von über 5000 Euro erhält der Mann das erste Buch, das sich laut Schilderung des Landgerichts Bamberg allerdings lediglich durch die "betont pompöse" Aufmachung von einem handelsüblichen Industrieprodukt unterscheidet. Daraufhin wird der Mann auf die restlichen rund 50.000 Euro verklagt.
Bei derartigen Geschichten handelt es sich dem Gericht zufolge keineswegs um Einzelfälle. Stattdessen sei diese Vorgehensweise Teil einer weitverbreiteten Verkaufsstrategie, bei denen Verkäufer an die Haustür potenzieller Kunden klopfen und Bücher anbieten, die angeblich einen besonders hohen Wert oder einen besonderen Nutzen aufweisen sollen wie seltene Sammlerstücke, wertvolle Fachliteratur oder exklusive Editionen. Und auch die vorliegende Geschichte ist kein schlechtes Beispiel, sondern entstammt einer aktuellen Fallschilderung des Bamberger Landgerichts von Freitag (30. Mai 2025)
"Dem Beklagten fehlte das Geld": Bamberger Landgericht schildert perfide Verkaufsstrategie
Wie das Landgericht Bamberg erklärt, habe der besagte Mann im Jahr 2021 bei einem sogenannten "Haustürgeschäft" zwei Bücher zu einem Gesamtpreis von 54.996 Euro bei einem Handelsvertreter der Klägerin erworben. Dabei handelte es sich demnach um zwei Bücher mit den Titeln "Meisterwerke der Welt II Platinum Edition streng limitiert 999 Exemplare" (MWW II) und "Meisterwerke der Welt III Platinum Edition streng limitiert 999 Exemplare" (MWW III).
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"Daneben wurde durch die Klägerin auch die teilweise Finanzierung des Kaufpreises vermittelt, da dem Beklagten das nötige Geld fehlte", heißt es vonseiten des Bamberger Landgerichts. Nachdem der Mann eine Anzahlung in Höhe von 5250 Euro gezahlt hatte, wurde ihm das Buch MWW III geliefert. Anschließend verklagte ihn die Verkäuferin der Bücher und verlangte die Zahlung weiterer Raten von jeweils 3200 Euro.
Der Mann hatte allerdings demnach zwischenzeitlich den Widerruf des Kaufvertrages erklärt und bestand in seiner Widerklage schließlich auf die Rückzahlung seiner Anzahlung in Höhe von 5250 Euro gegen die Rückgabe des Buches. Im Rahmen des Prozesses wurde das Buch in Augenschein genommen - und das Urteil der 2. Zivilkammer des Bamberger Landgerichts fällt eindeutig aus. Derweil ist ein neues Sofa für eine Familie zur "psychischen Belastung" geworden, weshalb sich die Mutter verzweifelt an unsere Redaktion gewandt hat.
25.000 Euro für ein Buch - das sagt die Zivilkammer über MWW III
Das Landgericht Bamberg konnte "im Rahmen des Augenscheins auch ohne Inanspruchnahme sachverständiger Beratung zweifelsfrei feststellen", dass es sich bei dem Buch MWW III um kein Exemplar von besonderem Wert handelt. Stattdessen unterscheidet es sich demnach nur in einer Sache von Büchern, die im Handel für "einen kleinen Bruchteil" des verlangten Preises zu erwerben sind, lediglich durch eine Sache, nämlich die "betont pompöse, nicht vorhandene Wertigkeit suggerierende Aufmachung", urteilt die zuständige Zivilkammer.
Ausschlaggebend für diese Einschätzung seien beispielsweise die Bezeichnung als "Platinum Edition" oder die "strenge Limitierung" - "und zwar unabhängig davon, ob diese tatsächlich eingehalten wird oder nicht", so die Kammer. Weitere Gründe seien die "Auslieferung mit einem beliebig ausstellbaren 'Zertifikat' und einer mit dem Kundennamen gravierten Plakette" sowie nicht zuletzt die Buchbindung.