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Berufsorientierter Deutschkurs für jugendliche Asylbewerber


Autor: Anna Lienhardt

Bamberg, Freitag, 09. Januar 2015

Zwölf jugendliche Flüchtlinge belegen ab Montag in Bamberg einen Deutschkurs, der sie auf eine Berufsausbildung in der Region vorbereiten soll. Bei dem Projekt geht es nicht mehr nur um allgemeine Sprachkenntnisse. Das Ziel: Ein Ausbildungsplatz.
Wie in der Schule: Die jugendlichen Asylbewerber um ihre Lehrerin Bianca Rohrer (braunes Jackett) lauschen der Pressekonferenz ganz genau, in der es um "ihren" berufsorientierten Deutschkurs geht. Foto: Barbara Herbst


Alina möchte Physiotherapeutin werden. Die Frage nach ihrem Berufswunsch wird ihr auf Deutsch gestellt - und die junge Frau aus der Ukraine beantwortet sie auch auf Deutsch. Eine Fremdsprache. Doch ganz so fremd ist sie ihr und den anderen elf jugendlichen Asylbewerbern, die mit Alina in einer Klasse sein werden, nicht mehr.
"Alle haben vorher bereits einen dreimonatigen Deutschkurs besucht", sagt Bianca Bohrer, eine der beiden Lehrkräfte, die ab kommender Woche die ausgewählten Jugendlichen unterrichten werden. In einem Kurs, der tiefer geht. "Der Unterschied zu einem Intensivkurs ist: Es geht nicht darum, allgemeine Deutschkenntnisse auszubauen. Sondern die Teilnehmer berufsfeldspezifisch auf das deutsche Arbeitsleben vorzubereiten", erläutert Bohrer.

20 Unterrichtsstunden pro Woche, tägliche Hausaufgaben, Tutorien am Nachmittag und zwei Lehrer, die im Fach Deutsch als Fremdsprache ausgebildet sind. Neun Monate wird der Kurs dauern und insgesamt rund 24 000 Euro kosten.

Wer hat das alles auf die Beine gestellt? Die Initiative geht auf die Stiftung Evangelischer Verein Bamberg zurück. "Wir wollten ein eigenes Projekt zu dem Thema machen. Für Flüchtlinge, die bereit sind, sich intensiv einzusetzen", sagt Stiftungs-Vorsitzender Stefan Kuhn.

Sprachwissenschaft eingebunden

Das Konzept ausgearbeitet hat Helmut Glück, der nicht nur stellvertretender Vorsitzender der Stiftung ist, sondern auch Inhaber des Lehrstuhls für Deutsche Sprachwissenschaft und Deutsch als Fremdsprache an der Uni Bamberg. Er sagt: "Die Teilnehmer werden die gleichen Fehler machen wie in anderen Klassen auch." Nach drei bis vier Monaten sollen die Kursteilnehmer in Betriebe geschickt werden. Glück hofft, dass die Jugendlichen im Herbst in der Lage sind, eine Lehrstelle zu finden.

Dass sie sich dann "auf eine neue Zukunft konzentrieren können", wünscht sich Annette Schäfer, Vorsitzende der Soroptimisten Würgau/Fränkische Schweiz. "Wir sind eine internationale Vereinigung berufstätiger Frauen, die für soziale Projekte Geld sammelt und auf Missstände aufmerksam macht." Es sei toll, dass nun junge Menschen, darunter auch Mädchen, die Möglichkeit bekämen, sich im Land zu etablieren, wie Schäfer ausführt.

Die Industrie- und Handelskammer Oberfranken (IHK), die den Unterrichtsraum stellt sowie die Arbeiterwohlfahrt (Awo) als Trägerin des Kurses bezeichnet Schäfer als "seriöse Partner". So erklärt Besaret Penzkofer vom Awo Migrationsdienst: "Wir schauen immer: Welche Stärken haben die Migranten und wie können wir sie unterstützen? Durch diese Unterstützung sind sie dann irgendwann starke Menschen." Kollegin Manuela Thomer erklärt, dass bei der Auswahl der Kursteilnehmer bereits auf den nötigen Bildungsgrad und die Balance zwischen Stadt und Land geachtet worden sei - und darauf, dass die Flüchtlinge "sehr engagiert" seien.

Apropos: Das gesamte Projekt bezeichnetet Bürgermeister und Schulreferent Christian Lange als "Beispiel für großes ehrenamtliches Engagement". Die Finanzierung übernimmt zu einem Drittel die Stiftung Evangelischer Verein, zu einem Drittel der Evangelische Verein selbst und zu einem weiteren Drittel der Soroptimisten-Club Würgau/Fränkische Schweiz.

Gerade den Landkreis-Bezug betont Landrat Johann Kalb. Man wolle im Landkreis mit der Awo neue Stützpunkte aufbauen, "über die die Leute leichter zu uns kommen". Und IHK-Präsident Heribert Trunk findet, dass die Wirtschaft junge Menschen brauche, die "passgenau" in das Ausbildungssystem hineinpassen würde. "Das heißt Teilhabe. Und Teilhabe beginnt mit Sprache", so Trunk. Er wünscht sich solche berufsorientierten Deutschkurse für ganz Oberfranken. Ob das aktuelle Projekt in Zukunft fortbestehen wird, ist fraglich. Vorerst reichen die Mittel nur für den ersten Kurs.