Beim Glockenläuten droht Geisdorf Gefahr
Autor: Hans-Werner Penning
, Freitag, 21. Sept. 2012
Die Geisdorfer Dorfglocke hängt an einem Eisenträger zwischen zwei Linden. Doch ein Experte hat jetzt Zweifel an der Standfestigkeit der Bäume. Die Gemeinde muss handeln.
Nur selten kommt ein Fremder nach Geisdorf. Der viel zu früh verstorbene Professor Philipp Hümmer wohnte in dem kleinen Ort zwischen Herzogenreuth und Oberleinleiter, der zur Marktgemeinde Heiligenstadt gehört. Der Vorkämpfer für den ländlichen Raum hat hier so manches vorgelebt - vor allem vielleicht, dass Impulse für die Gesellschaft nicht unbedingt ein Privileg der Metropolen sind. Manchmal aber "verirrt" sich doch jemand nach Geisdorf - nicht zu verwechseln mit dem bekannteren Geisfeld - und wenn es ein vereidigter Sachverständiger für Laub- und Nadelbäume ist, der im ganzen Gemeindegebiet die Bäume auf ihre Sicherheit überprüft.
In Geisdorf machte er eine besondere Entdeckung: Zwischen zwei Linden, eine auf privatem, eine auf öffentlichem Grund, überspannt ein gut gesicherter Eisenträger den Zwischenraum, an dem die Dorfglocke hängt. Jeden Tag wird sie von den Ortsbürgern nach einem ganzjährig festgelegten Plan dreimal geläutet: früh um sechs Uhr, Mittags, und abends entweder um 18 (Winter) oder 19 Uhr. Ein früherer Geistlicher hatte dieses Arrangement vor etwa 30 Jahren gestiftet, und die acht Anwesen des Ortes halten sich bis heute getreulich an die Abmachung, dass die Glocke auch geläutet wird. Dagegen hatte auch der Gutachter nichts einzuwenden.
Allerdings sah und sieht er die beiden Linden in die Jahre gekommen und zumindest in einer von ihnen eine potenzielle Gefahr. Äste könnten abbrechen, auch durch das Läuten der Glocke, und vielleicht sogar die ganze Konstruktion zum Einsturz bringen. Das sei ein erheblicher Gefahrenquell für alle Bürger. In Zugzwang gebracht war damit die Marktgemeinde Heiligenstadt als zuständiges Organ für die öffentliche Sicherheit. "Die Gemeinde hat hier keinen Ermesssensspielraum", sagt Geschäftsleiter Rüdiger Schmidt. "Sobald wir über die Sache informiert sind, müssen wir handeln und auf eine Lösung des Problems drängen." Denn passiert etwas, egal ob beim Läuten oder durch Witterungseinflüsse, muss die Gemeinde haften, inklusive des Risikos beim Glockenläuten.
Ein Glockenturm als Lösung?
Die Ortsgemeinschaft hat sich deshalb bereits Gedanken gemacht, ohne namentlich genannt werden zu wollen. Die Lösung könnte ein kleiner Glockenturm sein, eine Holzkonstruktion, entweder auf privatem oder auf öffentlichem Grund. Am nötigen Rohstoff mangelt es den Geisdorfern nicht, und auch ein Zimmermann hat sich bereit erkärt, die Arbeiten zu einem Freundschaftspreis auszuführen. Damit könnte das Angelusläuten auch in Zukunft drei Mal täglich vonstatten gehen. Denn ein automatisches Läutwerk, das wollen die Geisdorfer gar nicht - sie wären weiterhin bereit, ihre Jahres- und Monatspläne einschließlich Urlaub und dienstlichen Verpflichtungen am Läuteplan auszurichten.
Damit käme man finanziell günstig hin, umso mehr, als das Erzbischöfliche Ordinariat bereits eine Förderung in Höhe von 20 Prozent der Baukosten in Aussicht gestellt hat. Bevor es aber soweit ist, soll doch noch ein eigener Experte prüfen, ob die Linden wirklich so altersschwach sind. Bis dahin nimmt die Dorfgemeinschaft ein gewisses Risiko in Kauf. Denn das die Glocke einmal nicht geläutet wird - dieser Fall ist völlig undenkbar. Einig sind sich die Geisdorfer darüber, dass sie ihre Glocke behalten wollen. Ob sie auch in Zukunft am gewohnten Platz hängen kann oder ein neues Domizil erhalten wird, soll in den nächsten Tagen entschieden werden.