Druckartikel: Bei Ampelausfall: Verantwortung liegt beim Fahrer

Bei Ampelausfall: Verantwortung liegt beim Fahrer


Autor: Anna Lienhardt

Bamberg, Freitag, 17. Juli 2015

Nach dem Unfall am Berliner Ring werden Stimmen laut, die der Polizei vorwerfen, sie habe nach dem Ausfall der Ampel nicht rechtzeitig den Verkehr geregelt. Das lassen die Beamten so nicht stehen. Ein Punkt: Jeder mit Führerschein hat gelernt, welche Verkehrsregeln in so einem Fall gelten. Im Artikel finden Sie auch einen Kommentar.
Nach dem Zusammenstoß am Mittwoch waren beide Autos Totalschaden. Foto:Ferdinand Merzbach


Eine "gefährliche Stelle" sei das, die Kreuzung Memmelsdorfer Straße/Berliner Ring, schreibt ein Kommentator auf Facebook. Ein anderer meint, dass Unfälle dort selbst am Abend vorprogrammiert seinen, auch, wenn ausgefallene Ampeln orange blinken. Ein dritter fragt: "Wo ist der Verkehrspolizist, der dort eingreift?"

Anmerkungen, mit denen wir im Interview Klaus Linsner, den stellvertretenden Leiter der Polizeiinspektion Bamberg-Stadt, konfrontieren. Er betont gleich am Anfang: "Die Kreuzung Berliner Ring/Memmelsdorfer Straße ist kein Unfallschwerpunkt. Wir haben dort allenfalls eine Unfallhäufung." Die Statistik zeigt: 15 mal hat es 2014 an jener Stelle gekracht, damit ist diese Kreuzung unter denen des Berliner Rings Spitzenreiter. Gleich danach kommt die Ecke Moosstraße/Berliner Ring mit nur einem Unfall weniger.


Orangenes Warnlicht und Schilder

Doch was passiert eigentlich bei der Polizei, wenn die Meldung "Ampelausfall" kommt? Die Ampelanlage war defekt gewesen, als am Mittwochabend gegen 20 Uhr ein 21-Jähriger aus dem Raum Coburg von der Memmelsdorfer Straße stadtauswärts kommend in den Berliner Ring gefahren war. Der Fiat-Fahrer hatte dort den BMW eines 33-jährigen gerammt, der Vorfahrt hatte. "Die Ampel der untergeordneten Straße, in diesem Fall der Memmelsdorfer, hat mit orangenem Warnlicht geblinkt", sagt Linsner. Dies sei generell so bei defekten Ampelanlagen, ebenso wie die Regel, dass die Vorfahrt durch die vorhandenen Verkehrszeichen angezeigt wird.

Ungefähr eine halbe/dreiviertel Stunde ist der Verkehr auf diese Weise geflossen, bis es knallte. Laut Klaus Linser war bereits nach der Meldung "Ampelausfall" eine Streife auf der Anfahrt, habe dann aber zu einem anderen Einsatz gemusst. Doch selbst, wenn die Beamten bei der kaputten Ampel angekommen wären - dass sie den Verkehr in jedem Fall geregelt hätten, ist nicht sicher.

Denn der Berufsverkehr ist um diese Uhrzeit durch. Nur eines der Kriterien, nach denen die Polizei entscheidet, ob sie den Verkehr an einer Kreuzung regelt. Neben der Uhrzeit kommt es auf das Verkehrsaufkommen an, das Wetter, die Einsatzlage und nicht zuletzt das Personal. Und, ob es sich um eine der Hauptverkehrsachsen wie den Berliner und Münchner Ring oder die Forchheimer Straße handelt.


Endgültige Entscheidung vor Ort

"Ob tatsächlich geregelt wird, entscheidet sich vor Ort", erläutert Linsner. Wenn der Verkehr ordentlich fließt, fahren die Beamten wieder. Denn: "Man kann und muss den Verkehrsteilnehmern zutrauen, dass sie die Augen aufmachen." Linsner spricht von Verantwortung.

Natürlich werde die Polizei auf Dauer nie eine Kreuzung unbeaufsichtigt lassen, wenn etwa eine Ampel zu Stoßzeiten oder längere Zeit ausfalle. "Dann stehen wir morgens um sieben im Berufsverkehr auf der Kreuzung."
Am Mittwoch lief die Anlage gegen 23 Uhr wieder, sagt Ulrike Siebenhaar, Pressesprecherin der Stadt. Ursache sei ein Kurzschluss an einem Kabel gewesen. Während der Reparaturarbeiten hatte die Polizei in den Verkehrsfluss eingegriffen. Was Klaus Linser auch erwähnt: Nach neueren Erkenntnissen ist der Unfallverursacher offenbar links an der Kolonne stehender Autos in der Memmelsdorfer Straße vorbeigefahren - und ungebremst in die Kreuzung gerauscht. "Der junge Fahrer war wohl unachtsam", vermutet Linsner.

Im August werden nun an mehreren Ring-Ampeln die Steuergeräte ausgetauscht und die Erdverkabelung untersucht, wie Stefanie Schirken-Gerster aus der städtischen Pressestelle mitteilt. Klaus Linsner kündigt bereits an: "Da sind wir bei jeder Wartung dabei."

Meinungsbeitrag von Redakteurin Anna Lienhardt:

Unpassende Kommentare

Dumme Sprüche sind nach so einem Unfall absolut fehl am Platz. Da kracht ein Auto ungebremst in ein anderes, der Sachschaden beläuft sich auf stattliche 65.000 Euro. Die Insassen kommen Gott sei Dank ohne schwere Verletzungen davon. Als dann im Internet über den Unfall diskutiert wird, muss man plötzlich Formulierungen lesen wie "es gibt nur eine Stellung, nämlich Vollgas" oder "wer bremst, verliert". Was bezwecken Menschen mit solchen Äußerungen? Fühlen sie sich dabei cool? Anstatt darüber nachzudenken, dass sie mit einer solchen Fahrweise das Leben anderer gefährden. Es hat einen Grund, dass es Verkehrsregeln gibt, vorausschauendes und rücksichtsvolles Fahren gelehrt wird. Wer aggressiv über die Straßen schürt, sollte strenger bestraft werden. Denn der Straßenverkehr ist der falsche Ort, um sich zu messen oder anzugeben.

Im Fall des Zusammenstoßes vom Mittwoch war der junge Fahrer nach ersten Erkenntnissen vermutlich schlicht unaufmerksam. Das kann passieren. Doch manch notorischer Raser muss sich überlegen, ob er im schlimmsten Fall tatsächlich für das Leid anderer verantwortlich sein will.