Bayerische Zentralstelle gegen "Cybercrime" in Bamberg gegründet
Autor: Anna Lienhardt
Bamberg, Dienstag, 13. Januar 2015
In Bamberg gibt es seit Januar die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Cyberkriminalität. Ein Team der Generalstaatsanwaltschaft heftet sich Kriminellen aus dem Netz an die Fersen.
Irgendetwas passt mit diesem Kontoauszug nicht - man war doch gar nicht in den USA und hat Kleidung im angegebenen Shop eingekauft. Aber auf dem Papier steht es, bezahlt mit Kreditkarte.
"Kreditkartenmissbrauch ist ein großes Thema bei uns", sagt Friedrich Schedel, stellvertretender Leiter des Bereichs Cybercrime bei der Kriminalpolizeiinspektion (KPI) Bamberg. Generell seien die Fallzahlen bei der Internet-Kriminalität in den vergangenen Jahren gestiegen. Da werden E-Mail-Konten geknackt oder Daten aus dem Paypal-Konto (ein Online-Bezahlsystem) geklaut. "Das Internet ist eine große Spielwiese für Betrüger", sagt Schedel.
Die genannten Beispiele sind auch in Bamberg an der Tagesordnung, rund 600 bis 800 Fälle gibt es alleine hier pro Jahr. Seit zwei Jahren beschäftigt sich ein Team von vier Beamten bei der KPI mit der Internetkriminalität.
Der Bedarf ist da. Auch bei den großen Fischen. Schedel spricht von Verfahren mit Hunderten Fällen. Bamberg ist nur ein Beispiel, die Betrüger sind überall unterwegs.
Zentralstelle in Bamberg
Die großen Fische, die sind das Jagdgebiet einer Abteilung, die Anfang Januar ihren Dienst angetreten hat: Die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Cybercrime. Angesiedelt ist sie bei der Generalstaatsanwaltschaft in Bamberg. Wie kommt es, dass in Sachen Internetkriminalität die Fäden aus dem ganzen Bundesland ausgerechnet in Bamberg zusammenlaufen?
In Betracht gekommen seien zunächst alle Staatsanwaltschaften in Bayern, wie Ulrike Roider, Sprecherin des Bayerischen Justizministeriums, erklärt. Generell sei bei der Einrichtung solcher Stellen wegen der weitreichenderen Vernetzung der Weg über Generalstaatsanwaltschaften üblich. "Davon gibt es in Bayern nur drei: München, Nürnberg und Bamberg. Da München in anderen Bereichen bereits eine Zentralfunktion einnimmt, hat es sich ergeben, dass die Wahl auf Bamberg gefallen ist," erläutert Roider.
Hier ist die Maschinerie bereits angelaufen. Vom ersten Tag an habe man zu tun gehabt, sagt Thomas Goger, Staatsanwalt als Gruppenleiter. Er und Oberstaatsanwalt Lukas Knorr starten zunächst im Zweier-Team ihre Jagd auf Internet-Verbrecher. Die großen Fälle heißen hier offiziell "herausgehobene Ermittlungsverfahren".
Generalstaatsanwalt Thomas Janovsky führt aus, dass man für diese nun die zentrale Ermittlungszuständigkeit übernommen habe - bayernweit. Zudem werde über die neue Stelle ebenfalls landesweit die Ausbildung koordiniert. Und: "Der dritte Punkt ist die Marktbeobachtung. Bei den aktuellen Entwicklungen gibt es heutzutage keinen Deliktsbereich mehr, in dem der PC keine Rolle spielt", sagt Janovsky. "Nehmen Sie ein Krankenhaus als Beispiel: Jemand knackt den Computer, über den die Medikation läuft, und manipuliert diese."
Andere Beispiele betreffen etwa Tötungsdelikte: Hat der Täter ein Profil im sozialen Netzwerk Facebook? Wer sind dort seine "Freunde"? "Oder nehmen Sie Angriffe auf die sogenannte kritische Infrastruktur. Da beschießt jemand den Server einer großen Firma plötzlich mit 10.000 Zugriffen pro Minute. Da ist der Server platt", erläutert der Generalstaatsanwalt.
Organisierte Strukturen im Blick
"Uns interessiert das, was organisierte Strukturen betrifft." Wenn etwa Fotos kinderpornografischen Inhalts kursieren, stellt sich die Frage: Wer stellt das Material zur Verfügung? Wo steht der Server?"
Vergangenes Jahr seien Delikte mit dem Tatmittel Internet um 10,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen, wird Bayerns Justizminister Winfried Bausback in einer Mitteilung zitiert. Insgesamt habe es bayernweit 24 292 Fälle gegeben. In den vergangenen fünf Jahren sei es zu einer Verdoppelung der in der Kriminalstatistik registrierten Verfahren gekommen - "trotz einer hohen Dunkelziffer von über 80 Prozent. Unter anderem, da die Mehrzahl der begangenen Straftaten gar nicht entdeckt oder angezeigt werde".
Das weiß man auch in der neuen Cybercrime-Stelle in Bamberg. Genauso, dass Täter schwer zu verfolgen sind, weil sie international agieren oder von einem Moment auf den anderen den Server wechseln oder die IP-Adresse verschleiern. Deswegen sei es wichtig, technisch auf der Höhe der Zeit zu sein, wie Staatsanwalt Thomas Goger sagt. "Wir sind die Schnittstelle zwischen IT-Verständnis und rechtlicher Anwendung." Die neue Zentralstelle arbeitet eng mit der Polizei zusammen. "Der Weg ist schneller, wenn das Landeskriminalamt direkt bei uns anrufen kann", sagt Thomas Janovsky. Möglicherweise stoße in Zukunft noch ein dritter Kollege zu den beiden Männern in der Abteilung für Internetkriminalität.
Ralf Popp, Leiter der Kripo in Bamberg, erhofft sich mit der bayerischen Zentralstelle einen kompetenten Ansprechparter für seine Leute. Und: "Ich bin froh, dass die Öffentlichkeit sensibilisiert wird."
Denn das Internet sei kein rechtsfreier Raum, wie Generalstaatsanwalt Thomas Janovsky sagt. "Auch im Internet hinterlässt man Spuren. Ermittlungsansätze sind oft da zu finden, wo die Täter sie nicht vermuten."