Bauern in NRW zerstören eigene Erdbeerernte: Fränkische Landwirtin erklärt prekäre Lage - "ärmste Schweine"
Autor: Ralf Welz
Pödeldorf, Montag, 30. Mai 2022
Weil sich der Anbau für sie nicht mehr lohnt, haben Bauern ihre Erdbeerernte kurzerhand vernichtet. "Mich wundert das nicht", sagt Gabriele Schuster, die mit ihrem Mann im Kreis Bamberg zwei Erdbeerfelder betreibt. "Das sind die ärmsten Schweine."
- Deutsche Erdbeerbauern zerstören aus Protest ihre Felder - weil sich Anbau nicht mehr lohnt
- Fränkischer Erdbeerhof hat für drastischen Schritt Verständnis: "Das sind die ärmsten Schweine"
- Landwirtin aus dem Kreis Bamberg schildert Abhängigkeit vieler Höfe vom Lebensmittelhandel
- "Düngerpreise explodiert": Hof leidet unter gestiegenen Produktionskosten - und muss Preis erhöhen
Die Erdbeersaison für Selbstpflücker ist eröffnet. Der Erdbeerhof Schuster, der in Pödeldorf (Kreis Bamberg) zwei Erdbeerfelder betreibt, zeigt sich mit Blick auf den Saisonstart am Sonntag (29. Mai 2022) hochzufrieden. "Das eine Feld ist bereits komplett leergepflückt", berichtet Gabriele Schuster am Tag darauf inFranken.de. Andernorts fällt die Stimmung indes verhaltener aus.
Protestaktion: Landwirte vernichten Erdbeerernte - fränkischer Hof schildert Hintergründe
Im nordrhein-westfälischen Münsterland haben mehrere Landwirte ihre Erdbeerfelder unlängst vernichtet - aus Protest gegen die aus ihrer Sicht verheerenden Preise. "Mich wundert das nicht", erklärt Schuster. Anders als der von ihr und ihrem Mann betriebene Erdbeerhof in Rauhenebrach (Kreis Haßberge), der fast ausschließlich Erdbeeren zum Selbstpflücken anbietet, müssen sich Bauern, die Supermärkte und Discounter beliefern, in der Regel den Konditionen der Händler unterordnen.
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"Das sind die ärmsten Schweine", sagt Schuster. Ihre Kollegen seien abhängig von den Vorgaben der Konzerne. "Der Lebensmitteleinzelhandel sitzt auf seinem hohen Ross und diktiert die Preise." Die diesjährigen Ernteerträge erschweren die für viele Landwirte ohnehin schon brenzlige Lage laut Schusters Schilderung zusätzlich. "Die Eisheiligen sind völlig folgenlos geblieben - das hatten wir noch nie." Die milden Temperaturen und das vergleichsweise sonnige Wetter hätten zu einem Überangebot an Erdbeeren geführt. Die Folge: ein Preisverfall.
Wie ein Bauer aus dem Münsterland dem WDR berichtete, bekomme er für eine 500-Gramm-Schale Erdbeeren aktuell knapp einen Euro und einen Cent vom Einzelhandel - was für ihn ein Draufzahlgeschäft bedeute. Die Kosten für die Bauern seien hoch, der Erdbeerpreis dagegen niedrig, sagte Bernhard Rüb von der Landwirtschaftskammer NRW der Deutschen Presse-Agentur am vergangenen Freitag. Aus diesem Grund lohne sich die Ernte für manchen Landwirt nicht.
"Produktionskosten extrem": Erdbeerfelder in Pödeldorf von Kostenanstieg betroffen
Auch Gabriele Schuster vom Erdbeerhof Schuster bestätigt, dass der Verkauf von Erdbeeren für viele ihrer Kollegen zu einem schlechten Geschäft geworden ist. Die fränkische Landwirtin zeigt daher Verständnis für den drastischen Schritt der Bauern, die ihre eigenen Felder zerstören, um dort künftig etwas anderes - etwa Mais - anbauen. Obwohl sie schon investiert hätten, lohne sich der Erdbeeranbau oft nicht mehr.
Zwar seien ihr vergleichbare drastische Aktionen wie jüngst im Münsterland in Franken nicht bekannt - doch auch hierzulande sei die Lage mitunter prekär. "Die Düngerpreise sind explodiert", konstatiert Schuster. Hinzu kämen ebenfalls gestiegene Löhne. Auch das Verpackungsmaterial sei teurer geworden. "Der Preis für eine Schale ist um bis zu 30 Prozent gestiegen. Wenn man überhaupt noch welche bekommt." Schusters Fazit zur derzeitigen Lage der Erdbeerbauern: "Die Produktionskosten sind sicherlich extrem."