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Banges Warten auf die Pest


Autor: Sebastian Schanz

Bamberg, Sonntag, 09. Sept. 2018

Schwappt die Afrikanische Schweinepest nach Deutschland? Das Friedrich-Loeffler-Institut schätzt die Gefahr als "hoch" ein. Auch im Landkreis sind Behörden, Jäger und Bauern alarmiert - denn hier leben 29 200 Schweine in 380 Beständen.
Wildschweine, die kontaminierte Speisereste fressen: Diese Form der Übertragung fürchten die Veterinäre, Jäger und Bauern am meisten. Besonders Raststationen an Autobahnen sind Gefahrenherde.  Foto: Lino Mirgeler/dpa


Kommt sie oder kommt sie nicht, die Pest? "Wir waren letztes Jahr noch ganz hoffnungsfroh, dass sie nicht kommt, aber jetzt steigt die Gefahr an", antwortet Gabriele Pflaum, Amtstierärztin am Landratsamt Bamberg.

In Osteuropa häufen sich die Fälle der Afrikanischen Schweinepest, die für den Menschen und andere Tiere ungefährlich ist, für Wild- und Hausschweine jedoch tödlich endet. Besonders kritisch ist die Lage in Rumänien. Dort breitet sich das Virus rasant aus. Damit wächst auch die Gefahr für Deutschland.

"Ich gehe davon aus, dass sie kommt. Wir werden es nicht verhindern können", meint Klaus Teufel, Jagdvorstand im Bamberger Land. Und der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes, Edgar Böhmer, sagt: "Wir nehmen das Thema sehr ernst, besonders unsere Schweinehalter."

29 200 Schweine in 380 Beständen: Die Zahlen aus dem Landkreis verdeutlichen die Brisanz. Das Landratsamt Bamberg hat schon Anfang des Jahres über 700 Briefe verschickt, um auf die Gefahren hinzuweisen. "Auf Grund der aktuellen Fälle von Afrikanischer Schweinepest in Polen und Tschechien möchten wir Sie als Schweinehalter noch einmal auf die wichtigsten Vorsorgemaßnahmen hinweisen, um Ihren Bestand vor einem möglichen Seucheneintrag zu schützen", steht in dem Schreiben. "Die Bauern wissen Bescheid, und die Jäger wissen Bescheid", sagt Pflaum. Aber reicht das?

Information steht bei der Prävention an erster Stelle. Zunächst sind da die Symptome: hohes Fieber, Appetitlosigkeit, Abgeschlagenheit, Bewegungsstörungen und Blutungen auf der Haut und den Organen. In der Regel verenden die Tiere innerhalb weniger Tage. Übertragen wird die Schweinepest laut Landratsamt entweder durch direkten Kontakt von Tier zu Tier oder indirekt durch Kontakt zu virusbehafteten Personen, Kleidung, Futtermittel, Gülle oder sonstigen Gerätschaften oder Fahrzeugen. "Bei der Afrikanischen Schweinepest kommt insbesondere der Übertragung durch Blut oder durch Blut kontaminierte Gegenstände Bedeutung zu", schreiben die Veterinäre - besonders gefährlich: verseuchte Fleischabfälle.

"Die Übertragung wird über den Menschen passieren", schätzt Jagdvorstand Teufel. Jäger, Landwirte und Behörden fürchten vor allem ein Szenario: Ein Fernfahrer, der ein kontaminiertes Wurst-Brötla aus dem Fenster schmeißt und ein Wildschwein, das es findet. "Die Krankheit wird nicht nicht direkt über Wildschweine kommen, aber über Fleischabfälle", schätzt Tierärztin Pflaum. Die Anschreiben an die Schweinebauern im Landkreis Bamberg enthielten deshalb auch einen Fragebogen zu Erntehelfern aus Osteuropa.

Warnung vor der Seuche

In manchen Landkreisen warnen Hinweisschilder an Autobahn-Raststätten vor der Seuche. Von solchen Maßnahmen hält Pflaum nicht viel. "Wenn man an die Vernunft des Menschen appelliert, ist es oft zum Verzweifeln." Prävention wird auch mit Kimme und Korn betrieben: Jäger sind bereits seit einigen Monaten aufgefordert, verstärkt Wildschweine zu schießen. Weil die Schwarzkittel so schwer zu erwischen sind, darf jeder Grünrock nach einer Genehmigung im Landratsamt ein Nachtsichtgerät benutzen. Jagdvorstand Teufel sieht das kritisch: "Der Erfolg ist fragwürdig, weil sich das Wild anpasst." Den Abschuss von sogenannten Leitbachen - wie manchmal gefordert - hält Teufel nicht nur aus Gründen des Tierschutzes für verfehlt: Damit würde die Sozialstruktur einer Rotte zerstört, die auch das Paarungsverhalten reguliert. Im schlimmsten Fall drohe eine verstärkte Vermehrung - eine sogenannte "Rauschkatastrophe".

Als Mittel zur Dezimierung der Schwarzwild-Bestände sieht Teufel revierübergreifende Drückjagden. Jäger sollten außerdem besser unterstützt werden, etwa bei der Entsorgung von Schlachtabfällen, dem sogenannten Konfiskat, durch zentrale und kostenlose Sammelstellen im Landkreis.

Auch die Bauern sind alarmiert: "Schweinebetriebe sind sowieso sensibilisiert, damit nichts von außen reingetragen wird", erklärt Kreisobmann Böhmer. Neben strengen Hygieneregeln sind weitere Maßnahmen etwa die strikte Trennung von Küchenabfällen und Futter oder sichere Lagerplätze für das Einstreu. "Durch die Mobilität heutzutage kann sich so sein Virus sehr schnell verbreiten", sagt Böhmer.

Und wenn es kommt? "Es wäre eine Katastrophe, wenn wir das hätten, eine Ausbreitung in Hausschweinbeständen wäre der Worst Case", so die Amtstierärztin. "Der Handel würde zusammenbrechen, es gäbe Sperrgebiete, Bestände würden gekeult."