Bambergs städtische Musikschule im eigenen Haus
Autor: Jutta Behr-Groh
Bamberg, Sonntag, 14. Sept. 2014
Nach 65 Jahren in der Gangolfschule befindet sich die Musikschule der Stadt Bamberg jetzt im Berggebiet. Am 16. September nimmt sie in der St. Getreu-Straße 14 den Unterricht auf, am 26./27. September wird Einweihung gefeiert.
Die einzige Musik in der künftigen städtischen Musikschule kommt aus den Kofferradios der Handwerker. Viele legen im Endspurt noch Hand an in der ehemaligen Benediktiner-Propstei von St. Getreu. Am Dienstag Mittag müssten sie fertig sein.
Schulleiter Martin Erzfeld wäre nicht überrascht, wenn sich die letzten Arbeiter und die ersten Schüler die Klinke in die Hand geben würden.
Für die 1949 gegründete Musikschule beginnt das 66. Schuljahr erstmals in einem Haus, das auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist. Das werde "ein ganz neues Wir-Gefühl" auch bei den Schülern und Eltern erzeugen, glaubt der Schulleiter.
Jürgen Roeder, Mitarbeiter in der Schulleitung und Cello-Lehrer, pflichtet ihm bei. "Musik hat ja auch mit Ästhetik zu tun." Und da sei das ehemalige Klostergebäude unterhalb der St.Getreu-Kirche ein Ort, der "einfach elektrisiert".
Neue Ära beginnt
Wie unzulänglich bisher alles war, das werde ihm jetzt erst richtig bewusst, sagte Erzfeld in einem Gespräch im neuen Haus. Er ist als erster vor acht Tagen von der Luitpoldstraße in die St.Getreu-Straße 14 gezogen, von der Innenstadt ins Berggebiet.
Eingewöhnungsprobleme habe er keine gehabt, versichert er - im Gegenteil. So dankbar man sei, dass die Musikschule 65 Jahre lang Gast in der Gangolfschule sein durfte, so schwierig seien doch die Umstände gewesen.
Als Beispiele erwähnt er den Unterricht in der wenig inspirierenden Atmosphäre großer leerer Klassenzimmer, veraltete sanitäre Einrichtungen, den fehlenden Konferenzraum, weshalb Lehrerrunden in der Stadtbücherei stattgefunden hätten.
Die Zeit des Improvisieren-Müssens ist für die rund 50 Lehrkräfte, 24 Mitarbeiter in der Verwaltung und die meisten der etwa 1300 Musikschülerinnen und -schüler vorbei. Ihnen steht fortan ein Haus zur Verfügung, das seinesgleichen suchen dürfte: barockes Einzeldenkmal, top saniert, geschmackvoll ausgestattet, mit 18 Unterrichtsräumen verschiedenen Zuschnitts, zwei multifunktionalen Sälen sowie Hof und Garten für Konzerte drinnen und draußen.
1,7 Millionen Euro kostete die Instandsetzung des Gebäudes. Federführend waren die Kommune und die von ihr verwaltete Bürgerspitalstiftung, die selbst 300.000 Euro investierte.
Gespannt sind Schulleiter und Lehrer auf die Akustik. Bei Planung und Umbau waren zwar Bauphysiker und Akustiker tätig. Ob die Schall schluckenden Paneelwände in den Konzertsälen die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen, und wie sich das Parkett und die Gewölbedecken auf Klang und Hall auswirken werden, muss die Praxis zeigen.
Das neue Domizil will der Musikschulleiter für eine intensivere Zusammenarbeit mit den Akademisten der Bamberger Symphoniker nützen. Man teilt sich das Haus: Die Profis werden es vor allem vormittags nützen, wenn die Kinder und Jugendlichen noch woanders Mathe und Deutsch pauken.
Am alten Standort bleiben laut Erzfeld vorerst die Schlagzeuger und Akkordeonisten. Für erstere sollen in naher Zukunft Übungsräume im noch unsanierten Nachbargebäude entstehen, dem ehemaligen Festsaal von St. Getreu.
Der Akkordeon-Unterricht findet aus anderen Gründen erst einmal weiter in der Gangolfschule statt: Es soll Vorbehalte von Elternseite gegen den Umzug gegeben haben, auch wegen des weiteren Wegs mit den schweren und teuren Instrumenten.
Stichwort Schulweg. 20 Prozent der Kinder ab sechs Jahren - das sind etwa 1000 - haben bis jetzt das neu eingeführte Musikschulticket beantragt. Damit können Kinder kostenlos den Stadtbus benutzen, der vor dem Haus hält.
Erzfeld beurteilt die Nachfrage als "ganz guten Einstieg" und ein "Signal" an die Bewohner des Berggebiets, dass sie keine signifikante Zunahme des Autoverkehr befürchten müssten. Nach einer Hochrechnung der Musikschule kommen höchsten 20 Autofahrten pro Stunde dazu.