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Bambergs Osten lehnt die Ostumfahrung ab


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Mittwoch, 06. März 2013

Neun Varianten stehen für den Bahnausbau auf dem Prüfstand, darunter zwei Ostumfahrungen. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass Züge künftig durch den Hauptsmoorwald rollen, ist nur noch gering.
Ortsbegehung in Kramersfeld, wo künfitg ein mal Güterzüge rollen könnten. Nicht nur die Anlieger lehnen die Umgehung ab. Foto: Ronald RInklef


Wenn Helmut Förtsch aus Kramersfeld durch seinen Garten läuft, dann sind es nicht nur Vögel, die er zwitschern hört. Nur wenige Meter hinter dem Zaun brummt der Verkehr. A 70, Frankenschnellweg, Autobahnkreuz und Flugplatz sorgen für Dauerbeschallung auch in der Nacht. "Genug für einen kleinen Stadtteil wie Kramersfeld", meint Förtsch und schüttelt den Kopf. "Kämen nun noch Bahngleise hinzu, wäre das für uns eine Katastrophe."



Der Mann aus Bambergs Nordosten ist nicht allein. Die von der Bahn vorgeschlagene Ostumfahrung, die derzeit in einer Machbarkeitsstudie geprüft wird, aber auch die von der Bürgerinitiative Bahnsinn ins Gespräch gebrachte Güterzugumfahrung samt Westspange stößt bei vielen Menschen auf Ablehnung - ungeachtet der Ergebnisse einer Bewertung von neun Varianten, die Bahn und Stadt im April vorlegen wollen.

Siegmund Schauer etwa, der als Vorsitzender der Siedlergemeinschaft Gartenstadt rund 500 Familien vertritt. Er sieht heute schon eine breite Mehrheit im Bamberger Osten, die keine wie immer geartete Ostumfahrung möchte. "Wir plädieren für einen Ausbau der bestehenden Strecke, weil wir glauben, dass ein Neubau immer der größere Eingriff ist."

Platzmangel zwischen Autobahn, Gewerbegebit und Häusern
Schauer fürchtet eine Reihe von Schwierigkeiten, käme es tatsächlich zur Trassierung entlang zweier Autobahnen. Dabei wäre der auf den ersten Blick erkennbare Platzmangel zwischen Autobahn, Gewerbegebiet und vielen Häusern in Kramersfeld möglicherweise nicht einmal das größte Problem. Schauer glaubt nicht daran, dass die Bahn das Geld in die Hand nehmen würde, um eine lärmfreie Untertunnelung zu bezahlen. Auch die Bedeutung für das Grundwasser, der Wegfall eines Grüngürtels an der Autobahn seien alles andere als eine Empfehlung, den Bamberger Osten mit einer weiteren Infrastruktureinrichtung zu belasten. Sein Fazit: "Im Osten wären in unmittelbarer Nähe der Gleisstrecke mehr Menschen betroffen als heute in der Innenstadt."

In die Front der Gegner einer Ostumfahrung hat sich vor kurzem auch der Bürgerverein Bamberg-Ost eingereiht. Vorsitzender Christian Lange, der auch CSU-Chef in Bamberg ist, glaubt nicht daran, dass sich die Bahn jemals darauf festlegen ließe, dass auf einer Neubaustrecke im Osten nur Güterzüge verkehren dürften. Die Konsequenz aus Sicht Langes: Die Ostumfahrung gefährdet den ICE-Takthalt. "Das möchten wir auf jeden Fall vermeiden." Auch Lange spricht von den drohenden Verlusten in einem der wichtigsten Bamberger Naherholungsgebiet, dem Hauptsmoorwald. Seine Botschaft: "Wir wollen nicht, dass die Bewohner von Bamberg-Ost gegen die Anlieger der Innenstadtstrecke ausgespielt werden."

Mit der klaren Positionierung der mittlerweile meisten Institutionen im Bamberger Osten und auch in Teilen des Stadtrats dürfte eine politische Mehrheit für die Umgehung im Wald in weite Ferne rücken. Dies trifft vor allem die Initiative "Bahnsinn", die mit der Güterzugumfahrung eine für die Gesamtstadt tragbare Trassenvariante entdeckt zu haben glaubte.

Bürger sollen Vorteile erkennen
Sprecher Robert Bartsch findet es zwar menschlich verständlich, dass die Kramersfelder aus den schlechten Erfahrungen beim Autobahnbau nun den Versprechungen der Planer nicht mehr glaubten. Dennoch ist er enttäuscht, dass sich viele Bürger nicht die Mühe machen, genau hinzuschauen und die Vorteile zu erkennen, die im Neubau einer reinen Güterzugumfahrung lägen. So werde es eben nicht zu der befürchteten Vermehrung von Lärm kommen, sagt Bartsch, weil die Gleise etwa ab der Pödeldorfer Straße unter der Erde geführt würden.

Erst zwischen Gundelsheim und Kemmern würden sie wieder auftauchen. Die Verluste im Hauptsmoorwald seien bei weitem nicht so groß wie von den Umweltverbänden an die Wand gemalt. Statt dessen bietet sich laut Bartsch für die Bewohner von Kramersfeld und Lichteneiche die einmalige Chance, nach dem Bau der Gleise den Lärmschutzwall zu erhöhen. Die "Stimmungsmache" gegen eine Güterzugumfahrung ist laut Bartsch von Eigeninteresse dominiert. Diese Art Politik diene nicht dem Gemeinwohl der Stadt: "Wer die Umfahrung ohne nähere Informationen ablehnt, nimmt in Kauf, dass Gärtnerland im Bamberger Norden zerstört und die Stadt durch hohe Mauern geteilt wird."

Gegen Vorfestlegungen spricht sich auch die grüne Fraktionschefin Ursula Sowa aus. Sie fordert die politischen Kräfte Bambergs auf, die Bewertung der neun Varianten abzuwarten, ehe man den Abwägungsprozess beginnt: "Wir wissen noch zu wenig, um eine seriöse Entscheidung treffen zu können." Zwar gibt es laut Sowa auch bei den Grünen eine Tendenz zum Ausbau der Strecke im Bestand. Dennoch dürfe eine Güterzugumfahrung nicht von vorneherein ausgeschlossen werden: "Mit Untertunnelung und durch ökologische Ausgleichsflächen können die Verhältnisse besser werden als sie jetzt sind."

Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile
Anfang der Woche hat die Stadt zusammen mit der Bahn den Kriterienkatalog abgestimmt, nach der die neun Trassenvarianten beurteilt werden sollen. Wie Baureferent Michael Ilk sagte, will man dabei so vorgehen, dass Stadt und Bahn getrennte Bewertungen abgeben, weil sie unterschiedliche Interessen verfolgen. Wichtig ist Ilk: Die Gegenüberstellung von Vor- und Nachteilen soll in jedem Fall ergebnisoffen erfolgen, was beispielsweise bei einer Tunnellösung bedeutet, dass etwa die Lärmfreiheit positiv, die Folgen für das Grundwasser negativ zu Buche schlagen könnten.

Von einer vorauseilenden Selbstbeschränkung mit Blick auf Kosten oder andere Interessen der Bahn hält Ilk nichts. Das Beispiel Offenburg zeige, dass man auch gegen den Widerstand der Bahn viel erreichen könne, wenn man beharrlich bleibe.

Doch lassen sich die Offenburger Verhältnisse auf Bamberg übertragen? Auch der Baureferent kennt die Mutmaßungen, dass die Bahn durch die Planfeststellung etwa in Hallstadt bereits Fakten zu schaffen beginne. Tatsache ist zum Beispiel, dass eine Ostumfahrung, wie sie jetzt diskutiert wird, nicht mit der Planung kombinierbar ist, die die Bahn in den Anschlussbereichen seit langem verfolgt. Dennoch glaubt der Tiefbauexperte nicht, dass die Bahn auf diesem Wege eine ergebnisoffene Diskussion aushebeln will, zu der sich der Stadtrat bekannt habe: "Das wäre äußerst ungeschickt und würde die Glaubwürdigkeit der Bahn erheblich beschädigen."

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