Bambergs neue Fähre setzte 3300 Leute über
Autor: Jutta Behr-Groh
Bamberg, Sonntag, 04. November 2012
Spaziergänger und Radfahrer haben die neue Verbindung zwischen Mühlwörth und Leinritt begeistert angenommen. Die Erwartungen des Betreibers wurden weit übertroffen. Bis April ist jetzt Winterpause.
In weniger als fünf Wochen 3300 zahlende Gäste - mit einem so erfolgreichen Start für die neue Fähre hat man beim Don-Bosco-Jugendwerk nicht gerechnet. Als ob die Bamberger nur darauf gewartet hätten, die Regnitz zwischen Schleuse 100 und Leinritt (wieder) auf kürzestem Weg queren zu können, hatten gleich am ersten Wochenende nach der Inbetriebnahme Ende September mehr als 1000 Leute die Fähre gestürmt.
Mit den sinkenden Temperaturen ließ der Zuspruch zwar nach, aber vor allem an Schönwetter-Tagen hatten die Fährleute bis 31. Oktober noch zu tun.
Lob für die "Tagelöhner"
Entsprechend enthusiastisch fällt die erste Bilanz des Betreibers nach dem Ende der kurzen Auftaktsaison aus. Seine Erwartungen seien in jeder Hinsicht übertroffen worden, sagt Emil Hartmann, der Gesamtleiter des Bamberger Don-Bosco-Jugendwerks.
Er sei begeistert vom Echo bei der Bevölkerung, aber auch von der Motivation der jungen Leute, die tageweise auf der Fähre jobben und Geld verdienen können. Der Fährdienst ist ein freiwilliges Angebot an arbeitslose Jugendliche, sich ein paar Euro auf die Hand zu verdienen. Dass die "Tagelöhner", wie Hartmann sie nennt, zu 90 Prozent da waren, obwohl ihr Einsatz freiwillig war, ist für ihn das Schönste.
Auch Christian Salomon, Leiter des Projekts "Zahltag" der Bamberger Salesianer Don Bos cos, ist begeistert vom neuen Einsatzort Fähre. Er berichtet, dass es "den Jungs viel Spaß macht". Im Wesentlichen haben zwei junge Männer, Norbert und Stefan, die ersten viereinhalb Wochen im Team mit ehrenamtlichen Fährfrauen und -männern bestritten.
Dass alles auf Anhieb nahezu reibungslos funktioniert hat, führt der Projektleiter ganz wesentlich auf den entspannten Ton "an Bord" zurück. Die Ehrenamtlichen "nehmen die Jungs an, wie sie sind und bringen ihnen ein enormes Vertrauen entgegen". Man gehe "einfach freundschaftlich miteinander um". Dass man ihnen ohne Vorbehalte begegnet sind die "Tagelöhner" offenbar nicht gewöhnt.
Ehrenamtliche mit Eifer dabei
Was Salomon auch nicht erwartet hätte, wie er sagt, ist die große Einsatzbereitschaft der Ehrenamtlichen. 26 hat er in seiner Kartei, rund 20 sind auch schon gefahren. Die Fährleute seien bei jedem Wetter da gewesen, ganz gleich, ob Aussicht auf Fahrgäste bestand, oder nicht, staunt der Projektleiter.
Er gibt zu, dass er es sich schwieriger vorgestellt hat, den Dienstplan aufzustellen: "Ich musste nie groß Fährpersonal suchen, es fand sich immer schnell jemand, der Lücken abdecken konnte." Als Fährleute gemeldet sind bisher fünf Frauen und 21 Männer. Etliche von ihnen sind schon Ruheständler. Aus Salomons Warte sind aber auch "erstaunlich viele Berufstätige und sogar zwei Studenten" dabei.
"Erspart die Muckibude!"
Fragt man Ehrenamtliche nach den Beweggründen, bei Wind und Wetter zwei oder drei Stunden lang für Gottes Lohn auf und am Wasser zu arbeiten, hört man vor allem zwei Motive: Sie hätten sich schon lange wieder eine Verbindung zwischen Mühlwörth und Leinritt gewünscht; einige erinnern sich noch an den Schelch, der bis in die 1960er Jahre Leute übergesetzt hat. Und sie loben die Idee "hinter" dem Fährbetrieb, der jungen Leuten beim Sprung ins Berufsleben helfen soll.
Für die Bambergerin Inge Uchtdorf bot sich dieses besondere Ehrenamt auch an, weil sie in der Nähe wohnt. Außerdem "hat man Bewegung an der frischen Luft und spart sich die Muckibude".
Den ehemaligen Fluglotsen Peter Gutsfeld hat die Idee von Anfang an angesprochen, nicht zuletzt deshalb, weil er "schon immer" Wassersportler war.
Der Walsdorfer Klaus Rakette hebt dagegen die Begegnungen hervor, die er als Fährmann erlebt: "Ich brauche die Kommunikation mit wildfremden Menschen wie der Fisch das Wasser." Er habe eine "sehr gute Beziehung" zu seinem "Kompagnon" Stefan aufgebaut und alte Bekannte getroffen, die er seit Jahren nicht mehr gesehen habe. Die "Arbeit" sei entspannend und erholsam und falls es ihm einmal langweilig werden sollte, jogge er mit seinem Hund Balux, der immer dabei ist, ein paar Meter am Ufer auf und ab: "Kurzum - eine runde Sache, die vielleicht anderen, aber mir ganz sicher hilft...".
Seit 1. November ist der reguläre Fährbetrieb jetzt erst einmal eingestellt. Sonderfahrten auf Wunsch könnten im November noch unternommen werden, sofern sich Fährleute finden, heißt es im Don-Bosco-Jugendwerk.
Die neue Saison soll wieder am 1. April beginnen. Möglicherweise ist das maximal 15 Personen fassende Boot dann mit einem mobilen Sonnen- und Regenschutz ausgestattet, kündigt Emil Hartmann an. Um den Fährleuten die Arbeit zu erleichtern, soll auch die Kurbel durch ein Steuerrad ersetzt werden.
Die Einnahmen aus dem Fährbetrieb fließen ausschließlich in das Projekt "Zahltag". Für Anleiter und Jugendliche fallen jährliche Kosten von 70 000 Euro an; öffentliche Zuschüsse erhalten die Salesianer dafür keine. Deshalb verfolgt Hartmann das Ziel, die Hälfte des Betrags künftig mit der Fähre zu erwirtschaften.
Rechtzeitig für alle, die vielleicht noch Weihnachtsgeschenke suchen, will das Don-Bosco-Jugendwerk Saisontickets für die Fähre anbieten können. Sie sollen 28 Euro kosten. Wer eines besitzt, "kann so lange und so oft man mag" hin und her fahren, verspricht Emil Hartmann. Anfang Dezember sollen die Jahreskarten fertig sein.