Bambergs Markthändler fühlen sich verdrängt
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Freitag, 26. April 2013
Die Debatte um Wohl und Wehe durch die Innenstadt-Events ruft auch Bamberger Wochenmarkthändler auf den Plan. Sie fühlen sich von "Bamberg zaubert" verdrängt und berufen sich in ihrer Kritik auch auf Einzelhändler am Gabelmann.
Es ist ein kurzer Satz. Aber er drückt die Stimmung rund um den Grünen Markt möglicherweise besser aus als manch langatmige Stellungnahme: "Wir wollen keine Events abschaffen, sondern nur besser eingebunden werden."
Die Formulierung steht in einer Umfrage, die Markthändler Fatih Sahin unter dem Briefkopf des Bayerischen Landesverbands der Marktkaufleute in den vergangenen Wochen durchgeführt hat - ohne Anspruch, repräsentativ zu sein. Dennoch ist es ein Signal: Mehrere Dutzend Bamberger Einzelhändler haben die Erklärung unterschrieben, bekannte Namen sind da zu lesen. Etwa das Modehaus Hartmann, das Medienhaus Hübscher, Hotel Café Graupner, die Bäckerei Beckstein, die Müller7 GmbH oder die Martin-Apotheke. Sie fordern, dass Events in der Innenstadt neu konzeptioniert, zeitlich begrenzt und die Stände besser eingeteilt werden müssen.
Eine zu gewagte These? Noch bevor die Marktkaufleute Dieter Peterhänsel und Fatih Sahin die Ergebnisse der Sammelarbeit in der Redaktion präsentieren konnten, flatterte uns bereits eine Gegendarstellung auf den Tisch. Wen wundert es? Die Diskussion um Wohl und Wehe durch die Großveranstaltungen in Bambergs Innenstadt wird mit harten Bandagen geführt. Es gibt viel Meinungsmache und relativ wenig Information, die nicht von starken wirtschaftlichen Interessen getrieben wäre.
Dabei ist es selbstverständlich, dass die Gegensätze quer durch die Stadt verlaufen. Karl-Hans Hartmann formuliert es so: "Je weiter die Menschen vom Problemgebiet entfernt wohnen, desto großzügiger urteilen sie." Der Inhaber des gleichnamigen Modehauses am Grünen Markt ist weit davon entfernt, etwas gegen Großveranstaltungen zu sagen, und empfiehlt mehr Toleranz als Rezept für ein gedeihliches Miteinander. Dennoch weiß er nur zu gut, was die Events bedeuten. "Bei uns klirren die Scheiben, wenn draußen Musikveranstaltungen stattfinden. Verkaufsgespräche sind oft nicht mehr möglich." Dass die zusätzlichen Besucher bei ihm die Kassen zum Klingeln brächten, kann er nicht behaupten: "Jeder solche Tag kostet mich rund 20 Prozent Umsatz."
Ein ähnliches Urteil trifft Heinrich Beckstein von der gleichnamigen Bäckerei in der Langen Straße.
Auch er beklagt sich nicht über Großveranstaltungen. Gleichwohl stört es ihn als Mitglied einer Familie, die seit Generationen in der Langen Straße wohnt, mit welchen "Nachwehen" die Großereignisse in der Regel verbunden sind: Dazu gehören neben den Hinterlassenschaften auf der Straße vor allem der Lärm, Folge des Alkoholkonsums, der häufig erst nach Mitternacht richtig beginnt: "Wenn die Veranstaltungen auf dem Maxplatz und anderswo enden, beginnt bei uns in der Langen Straße die Party. Dann ist hier die Hölle los." Enttäuscht ist Beckstein, der als Hausbesitzer immer wieder verärgerte Mieter besänftigen muss, vor allem darüber, dass in den vergangenen Jahren sehr viel unternommen wurde, sich aber nichts verbessert hat. Dabei könnte man aus seiner Sicht durchaus etwas tun, wie etwa der Blick in die Bamberger Partnerstadt Villach in Österreich zeige. Dort seien Musikveranstaltungen mit Lautsprechern mit Rücksicht auf die Wohnbevölkerung verboten worden.
Skeptische Grundstimmung
In die leisen Misstöne der Einzelhändler mischen sich deutlich lautere von einer Gruppe von Wochenmarktbeschickern um den Gemüsehändler Dieter Peterhänsel. Entgegen den in den letzten Wochen in Anzeigenblättern veröffentlichten Umfragen, wonach eine Mehrheit in Bamberg die Events begrüßt, sieht Peterhänsel bei den direkt Betroffenen etwa in den Lagen am Grünen Markt und in der Austraße die Lage anders. Dort dominiere eine skeptische Grundstimmung. Befördert wird diese Perspektive freilich auch durch die eigene Unzufriedenheit. Peterhänsel und , wie er sagt, ein gutes Dutzend weiterer Kollegen, beschert beispielsweise "Bamberg zaubert" herbe Umsatzeinbußen, weil die Händler an diesem Wochenende die etablierten Standplätze vor der Martinskirche verlassen und auf den ungeliebten Maxplatz ausweichen müssen.
Der sei aber für verderbliche Ware viel zu warm: "Wie kann es sein, dass wir als heimische Marktkaufleute einer Vielzahl von Budenbetreibern Platz machen müssen, die wie der Thüringer Bratwurstteufel nicht mal aus Bayern kommen?", fragt Peterhänsel. Sein Vorwurf: Der Umsatzverlust der Markthändler wird billigend in Kauf genommen, damit Stadtmarketing über die Standgebühren hohe Einnahmen erzielt. Doch auch vom Wochenmarkt hängen Jobs ab. Laut Peterhänsel zwischen 80 und 100.
Klaus Stieringer bestätigt, dass die Standgebühren wesentlich zur Finanzierung von Großveranstaltungen beitragen. So werde "Bamberg zaubert" mit einem Aufwand von 175.000 Euro zu einem Drittel aus den Gebühren finanziert, die von rund 50 Ständen kommen. Durchschnittlich zahlen die Standbetreiber 1500 Euro. Davon werden die Reisekosten der Künstler, Reinigung, Absperrung und Werbung beglichen. '
Umzug an den Maxplatz einhellig abgelehnt
Doch es sind nicht nur finanzielle Gründe, die einen Verbleib der Händler am Grünen Markt aus seiner Sicht ausschließen. Der Grüne Markt ist das Herz von "Bamberg zaubert". "Hier fing alles an", sagt der Citymanager. Die Klagen von Peterhänsel und seinen Kollegen weist er auch deshalb kategorisch zurück, weil man ihren Wünschen bereits in fünf Punkten entgegengekommen sei. Unter anderem soll heuer die Auftrittsfläche am früheren Honer frei gehalten werden, damit es nicht mehr zu Stauungen der Besucher kommt und mehr Platz für die Kunden der Markthändler zur Verfügung steht. Stieringer spricht von einem vernünftigen Kompromiss und einer einvernehmlichen Lösung mit der Gemeinschaft der Marktkaufleute.
Dem widerspricht Peterhänsel, aber auch der Blumenhändler Michael Kresser. Von einer für die Händler zufriedenstellenden Lösung könne keine Rede sein. Der Umzug an den Maxplatz werde einhellig abgelehnt. Statt dessen schlägt er vor, die Festival-Buden mit nicht verderblicher Ware dorthin zu verlegen. Kresser: "Man macht solche Events, um die Wirtschaft in der Stadt zu fördern. Doch auch wir sind ein Teil davon."
Wenigstens aus dem Rathaus erhält Stieringer Zustimmung: Peterhänsel gehe es vor allem um eigene Interessen, sagt Ordnungsreferent Ralf Haupt. Eine Verlegung der Marktkaufleute am Wochenende von "Bamberg zaubert" hält er für zumutbar.