Druckartikel: Bambergerin war in Boston, als die Bomben detonierten

Bambergerin war in Boston, als die Bomben detonierten


Autor: Tobias Köpplinger, Tobias Stich

Boston, Mittwoch, 17. April 2013

Das Bombenattentat in Boston hat die Welt erschüttert: inFranken.de hat am Mittwoch exklusiv mit einer Bambergerin gesprochen, die sich zum Zeitpunkt der Explosionen in Boston aufgehalten hat. Hier schildert sie ihre Eindrücke.
Simone Wittmann. Foto: privat


Als zwei Bomben während des Marathons am Montag in Boston detonierten, war Simone Wittmann (29) aus Schammelsdorf im Landkreis Bamberg gerade mit dem Taxi in Boston unterwegs. Sie wollte zu einem Comicladen, für einen Freund ein Buch abholen und stand plötzlich mitten im Tatort. Auf Facebook chattete Simone Wittmann, die in München bei einer Design-Agentur arbeitet und zu einem Meeting in den USA war, mit den inFranken.de-Usern und schilderte ihre Eindrücke.

inFranken.de: Liebe Simone. Vielen Dank, dass Sie sich spontan zu dem Livechat bereit erklärt haben. Seit den Bomben sind noch keine 48 Stunden vergangen. Wie ist es Ihnen seither in Boston ergangen?

Simone Wittmann: Ich muss erstmal richtig stellen, dass ich nicht in Boston lebe, sondern für ein berufliches Meeting in Boston war. Ich kam ziemlich genau zum Zeitpunkt der Explosionen mit einem Zug aus New York in Boston an, und da ich nichts von dem Anschlag wusste, bin ich mit einem Taxi direkt darauf zugefahren.

inFranken.de: Vielleicht können Sie uns hier in Franken Ihre Eindrücke schildern? Was ist dann passiert? Wo wurde das Taxi angehalten, wann haben Sie erfahren, was passiert ist?

Simone Wittmann: Im Taxi hatte ich einen Streit mit dem Taxifahrer, da er eine deutlich zu hohe Summe von mir wollte und bin deshalb ausgestiegen - ungefähr fünf Blocks vom Explosionsort entfernt. Als ich das Taxi verlassen hatte, sagten Passanten zu mir, dass ich nicht aussteigen solle, da grade eben zwei Bomben explodiert sind. Wegen des Streits konnte ich aber nicht zurück ins Taxi und war deswegen mitten im Chaos.

inFranken.de: In einer fremden Stadt mit panischen Menschen. Wie ging es dann weiter? Wie sind sie zum Hotel gekommen?

Simone Wittmann: Der Grund warum ich mit dem Taxi in diesen Teil der Stadt fuhr war, dass ich ein Buch für einen Freund in einem Comicladen abholen sollte. Und dieser Laden befand sich direkt neben der Marathonstrecke (Commonwealth Ave 464), mein Hotel war auf der anderen Seite des Flusses in Cambridge , rund drei Kilometer entfernt. Da die öffentlichen Verkehrsmittel nicht mehr funktionierten und die Straßen voll mit Leuten waren, hab ich mich dann zu Fuß und mit Koffer in Richtung meines Hotels aufgemacht. Da ich in den USA keine Internetverbindung auf meinem Handy hatte, wusste ich nur die grobe Richtung, in der mein Hotel lag.

Günter Flegel: Hallo Frau Wittmann, wie ist zwei Tage danach die Stimmung in Boston? Ich kenne die Sportbegeisterung der Amerikaner aus eigener Erfahrung und könnte mir vorstellen, dass der Schock tief sitzt, tiefer vielleicht sogar als nach 9/11. Weil die Bomben eben auch auf Sport und Spaß zielten.

Simone Wittmann: Meine amerikanischen Kollegen waren natürlich geschockt, trotz allem waren die Bomben aber nur ein Thema während den Pausen zwischen Meetings. Sie wirkten vor allem "back to normal".

inFranken.de: Sind Sie jetzt immer noch in Boston? Wie reagieren die Menschen auf die Anschläge in ihrer Stadt?

Simone Wittmann: Ich bin gerade noch in Boston und fliege am Mittwochabend (Ortszeit) zurück nach München. Die Bomben sind natürlich Gesprächsthema, aber allgemein hab ich eher den Eindruck, dass alles "back to normal" ist. Da es Warnungen vom Auswärtigen Amt gab, sich nicht auf öffentliche Plätze zu begeben, war ich seitdem nur in meinem Hotel (das auch voll mit internationalen Marathonläufern war) und bei meinen Meetings. Aber auf dem Weg dorthin wirkte alles wieder sehr normal. Auch von meinen Kollegen, die erst gestern für das Meeting nach Boston kamen, habe ich erfahren, dass die Situation auch am Flughafen normal war, ohne große Verzögerungen oder besonders strenge Sicherheitskontrollen.

inFranken.de: Was vermuten die anderen Hotelgäste: Wer könnte hinter den Bomben stecken?

Simone Wittmann: Ich habe bisher weder von Kollegen noch sonstigen Menschen hier irgendwelche Vermutungen gehört. Als noch im Raum stand, dass das Feuer in der Bibliothek Teil des Anschlages ist, gab es etwas Verwirrung, welcher Zusammenhang zwischen Marathon und der Bibliothek bestehen könnte, aber von Vermutungen in irgendwelche Richtungen hab' ich von den Leuten um mich herum nichts gehört.

inFranken.de: Wir in Deutschland lesen von großer Solidarität in Boston und einer Stadt, die zusammen steht. Ist das auch Ihr Eindruck?

Simone Wittmann: In dem Bostoner Büro meiner Firma kam es zu einer spontanen Spendenaktion für die Opfer des Anschlags über Technology for a Greater Good. Da ich seit den Anschlägen kaum auf der Straße war, kann ich deshalb von keinen anderen Aktionen berichten. Vielleicht werde ich am Abend auf dem Weg zum Flughafen mehr erfahren

inFranken.de: Liebe Simone, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit zum Chatten genommen haben. Das Team von inFranken.de wünscht Ihnen einen guten Heimflug.

Simone Wittmann: Gern geschehen und liebe Grüße in die Heimat!