Bamberger Umsonstladen hat ein neues Zuhause
Autor: Sebastian Martin
Bamberg, Sonntag, 04. Januar 2015
Nach einer kurzen Pause und einem Gebäudewechsel geht es für den Bamberger Umsonstladen in der Nürnberger Straße weiter. Auch im neuen Domizil gilt: Alles kann mitgenommen werden, was andere gebracht haben.
Fabio Lieder steht im Umsonstladen zwischen all den Dingen, die andere vorbeigebracht haben. Und es kommen immer mehr Sachen dazu: "Wir platzen aus allen Nähten", sagt der 24-Jährige halb verzweifelt, halb überrascht. Wieder geht die Tür auf. Wieder bringt eine Frau etwas Neues. Einen Schrubber, Bücher, ein paar Schuhe. Das braucht sie nicht mehr. Die Sachen sehen okay aus. Vielleicht benötigt sie noch ein anderer?
"Kann ich das hier lassen?", fragt die Frau. Fabio Lieder lächelt. Natürlich kann sie: Obwohl draußen an der Tür ein Schild hängt, auf dem steht, dass der Umsonstladen momentan keine Sachen mehr annehmen kann. Er ist vollgestopft: "Wir bekommen mehr Dinge, als Leute mitnehmen", sagt Fabio Lieder. Obwohl fleißig gestöbert wird, obwohl immer wieder Leute kommen und Sachen mitnehmen.
Keine Mitgliedsbeiträge
Der Umsonstladen hat inzwischen in Bamberg eine gewisse Bekanntheit erreicht. "Hier ist alles umsonst", heißt das Credo des eingetragenen Vereins. Gestartet war er im Mai in der Luitpoldstraße. Damals wussten die Ehrenamtlichen nicht, ob es weiter geht, als der Raum wegen einer anderen Nutzung nach vier Monaten aufgegeben werden musste. Wobei: Dass es so lange gut läuft, hätten die Ehrenamtlichen nicht gedacht. Der Verein verlangt keine Mitgliedsbeiträge. Wer den Verein unterstützen will, kann etwas spenden. So wird die Miete für den Laden bezahlt, den der Vermieter ohnehin etwas günstiger der Umsonst-Crew überlässt.
In der Vergangenheit war immer genug Geld zusammengekommen. Es habe gereicht, sagt Schatzmeister Fabio Lieder. Im neuen Laden ist das etwas schwieriger. "Wir haben weniger Laufkundschaft", sagt Anna Weith, 25, Vorsitzende des Vereins. Denn nun sind die Umsonst-Leute in der Nürnberger Straße 106 untergekommen - weg vom Zentrum der Stadt. Es kommen zwar immer noch viele Leute, aber eher solche, die gezielt den Laden ansteuerten. Spontane Spenden bleiben so aus.
Vertrauen braucht's
Die Tür geht auf. Ein Mann fragt: "Darf ich mich umschauen?" Es irritiert viele immer noch - das Umsonst-Prinzip. Es sind nur wenige Regeln zu beachten. Eine heißt: Nicht zu viele Sachen mitnehmen. Und nur für den privaten Gebrauch. Ein wenig ist Vertrauen in die Menschen gefragt: "Die Leute, die etwas vorbeibringen, glauben, dass es an Leute geht, die wirklich was brauchen", sagt Fabio Lieder. Doch natürlich gibt es schwarze Schafe. Manch einer sucht vielleicht etwas, das er auf dem Trödelmarkt verkaufen kann. Doch, wie soll man das überprüfen? "Das kann man nicht", sagt Psychologiestudentin Anna Weith. Im Mosaik Umsonstladen, so heißt er vollständig, geht es um mehr: "Die Leute sollten einfach anfangen, sich Gedanken über Konsum und Ressourcenschonung zu machen", sagt Anna Weith. Das gilt nach wie vor auch am neuen Standort. Dazu kommt noch eine Ergänzung. Die Lebensmittelretter, ein Verein, der gegen die Verschwendung der Lebensmittel vorgeht, teilt in einem Raum des Umsonstladens "gerettetes" Gemüse und mehr aus.
Die Tür geht auf: Wie aufs Stichwort kommt das Ordnungsamt auf eine Stichprobe vorbei. Der Kühlschrank und die Lebensmittelecke werden gezeigt. Wie sich herausstellt, sind alle hygienischen Standards beachtet.
Auch Konzerte
Der Umsonstladen will aber noch mehr als nur Warenaustausch ohne Gegenleistung anbieten. Es werden immer wieder Konzerte, Diskussionen oder Theateraufführungen veranstaltet.
Eine Frau kommt auf Fabio Lieder zu. Sie sieht ärmlich aus. Und das ist sie wohl auch: "Ich bin bei ,Menschen in Not'", sagt sie. Dann stockt sie, in der Hand hält sie einen kleinen Holzstern, den sie hier gefunden hat. "Wenn es diesen Laden nicht mehr gibt, dann gibt es uns auch nicht mehr", ihr stehen Tränen in den Augen. Dann dreht sie sich weg. Fabio Lieder blickt etwas verlegen der Frau hinterher. Dann schaut er zu Anna Weith, sie wissen: Es lohnt sich, trotz all der Mühen. Mehr zu dem Umsonstladen gibt es auf der Homepage der Bamberger Einrichtung.