Bamberger Symphoniker heute im Livestream im Internet
Autor: Stefan Reinmann
, Donnerstag, 20. Oktober 2011
Heute Abend um 20 Uhr werden die Bamberger Symphoniker erstmals eines ihrer Konzerte live im Internet übertragen. Für Dirigent Jonathan Nott ist es ein Jubiläum. Die Technik steht.
Konzentration in der Konzerthalle. Auf der Bühne und ein paar Stockwerke darüber. Unten proben die Bamberger Symphoniker. Oben im Livestreaming-Studio ertönt die Musik aus zwei Lautsprechern. Davor stehen drei Techniker, lauschen und proben, das Zusammenspiel der Künstler ohne Zeitverzögerung in wohlklingende Datenpakete zu packen und ins Internet zu stellen.
Mischpult. Laptop. Kabel-Chaos.
Acht Stecker führen in die Wand. Unzählige Töne kommen heraus. Violine, Klavier, Trompete und Harfe. Die Schallsignale haben gerade geschätzte 200 Meter Entfernung quer durch das Gebäude zurückgelegt. In den Kabeln von der Bühne hoch zur Gitterrostebe ne, runter in den Keller zum Ü-Wagen-Verteilerkasten, um schließlich im Mischpult von Bernhard Albrecht im zweiten Stock zu landen.
Der Tonmeister aus München fängt die Musik.
Zuerst mit den acht Mikrofonen, die er am frühen Morgen zusammen
Für die ganze Welt zu hören auf www.bamberger-symphoniker.de .
Im Datenstrom wird heute (Donnerstag ab 20 Uhr) das 500. von Jonathan Nott dirigierte Konzert im Netz übertragen.
"Die Idee dazu kam vor über einem Jahr von den Musikern selbst", erklärt Intendant Wolfgang Fink. Vorbild war die Digital Concert Hall der Berliner Philharmonie. Die Berliner übertragen seit knapp drei Jahren alle Konzerte live im Netz. Ton und Video. Für eine Live-Videoübertragung fehlt es den Bambergern an Sponsoren. Allein die technische Grundausstattung in Berlin war so teuer wie drei Familienhäuser.
"Ein immenses Investment, das wir nur Dank unseres Sponsors realisieren können", versichert Tobias Möller, Marketingleiter der eigens für das Projekt gegründeten Berlin Phil Media GmbH. "Das können wir in Bamberg nicht stemmen", sagt Fink. Aber der Audiostream sei finanziell tragbar. Das Musikhaus Thomann hat die Hardware auf Leihbasis kostenlos zu Verfügung gestellt.
"Eine überschaubare fünfstellige Summe", beziffert Fink die Gesamtkosten des Projektes.
Das Mischpult, an dem am Donnerstagabend Tonmeister Albrecht stehen wird, ist das ehemalige Mischpult des Keilberth-Saals. "Das ist zwar analog, aber immer noch ‚state of the art‘", versichert Matthias Hain. Der PR-Manager der Symphoniker sieht in der Live-Übertragung im Internet eine Chance, auch Publikum für klassische Konzerte zu begeistern, für die das Betreten eines Konzertsaales eine Hemmschwelle darstellt.
Die Liveübertragung sei außerdem für die internationale Fangemeinde in den bereits 60 bereisten Ländern gedacht.
Intendant Fink denkt aber auch an regionale Zuhörer.
Allein von den knapp 70.000 Einwohnern Bambergs seien 6000 Abonnenten der Symphoniker. "Wir sind häufig ausverkauft. Alle, die keine Karten mehr bekommen, haben jetzt die Chance live dabei zu sein." Die Zuhörer können dem Konzert im Internet allerdings nur in Echtzeit lauschen. Eine Archivfunktion wird es aus Lizenzgründen vorerst nicht geben. Nur Stop und Play. Kein Vor und kein Zurück.
Gleich während des ersten Testlaufes am vergangenen Samstag klappt alles wie geplant.
Medientechniker Albrecht sorgt für die richtigen Anschlüsse im Haus, während Tonmeister Albrecht an Reglern schiebt und den Nachhall einstellt. Er drückt Knöpfe. Pegelt die Lautstärken ein. "Es muss sich alles organisch in das gesamte Klangbild einfügen lassen", erklärt er. Nach knapp zwei Stunden ist der Ton perfekt. Mittlerweile hat Christoph Burchartz, Inhaber der Düsseldorfer Firma Pixolith, eine DSL-Leitung freischalten lassen, Router konfiguriert und die Internetseite der Bamberger Symphoniker eingerichtet. Auf der Startseite erscheint ein Abspiel-Knopf.
"Die Leitung steht", lächelt Burchartz nach einem langen Gespräch mit der Telekom erleichtert.
Das Stereosignal verlässt das Mischpult, wird in einem Encoder digitalisiert, verlustfrei komprimiert und geht auf Weltreise. In CD-Qualität. Mit festem Zwischenstopp: Zuerst empfängt Burchartz' Firmenserver die Musik in Düsseldorf. Die Anlage zählt Klicks und verteilt die Musik an alle Zuhörer.
"Momentan können wir 5000 Aufrufe gleichzeitig verarbeiten", erklärt Burchartz. "Das wären viermal so viel Menschen wie in den Keilberth-Saal passen", schwärmt Intendant Fink. Eine bestimmte Anzahl an Zuhörern, die das neue Internet-Angebot nutzen, habe man sich nicht als Ziel gesetzt. "Da lassen wir uns überraschen", sind sich Fink und Hain einig. Klappt der Versuch, kann sich Fink zehn weitere Live-Streams in der nächsten Spielzeit vorstellen. Die Spannung steigt.
Auf dem Programm stehen heute Abend:
Franz Schuberts Symphonie Nr. 7 h-Moll D 759 "Unvollendete" und Gustav Mahlers Symphonie Nr. 4 G-Dur für Sopran und Orchester.
Es dirigiert Jonathan Nott, Solistin ist Christina Landshamer, Sopran.
Mehr im Netz:
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