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Bamberger Soul-Nächte sind lang


Autor: Christoph Hägele

Bamberg, Dienstag, 26. April 2016

Für Susanne Görl und Malayka Erpen ist Soul mehr als nur Musik. Seit zehn Jahren holen sie am ersten Maiwochenende Fans und DJs nach Bamberg.
Plakate: Soul Shakers Bamberg


Wer den Glauben daran verloren hat, dass Musik Menschen zu glücklicheren Menschen macht, der hat bislang vielleicht schlichtweg die falsche gehört. Alles, aber sicher keinen Soul. "Soul gibt mir eine große innere Kraft. Das kann man auspacken, wenn es einem mal schlechter geht", sagt Susanne Görl.
Einmal im Jahr wird auch Bamberg zu einem Ort, an dem Soulmusik die Menschen zu glücklicheren Menschen macht. Immer am ersten Maiwochenende veranstalten Susanne Görl und Malayka Erpen seit 2006 in den Bamberger Haas-Sälen den Soulshakers-Weekender. Weekender sind Veranstaltungen, auf denen Besucher ein Wochenende lang bis in die frühen Morgenstunden tanzen.

Es war auf einem Spaziergang im Sommer 2005, als Görl und Erpen die Ketten des grimmigen Realitätssinns sprengten. "Das Leben ist ja nicht nur zum Träumen, sondern auch zum Machen. Unser Traum war ein eigener Weekender", erinnert sich Malayka Erpen.

Einige weltliche Voraussetzungen hatte dieser Traum dann aber doch. Beide mussten auf Sparbücher und finanzielle Rücklagen zurückgreifen. Geld verdienen sie mit ihrem Weekender bis heute nicht nicht: "Es geht uns auch eher darum, Menschen zusammenzubringen", sagt Malayka Erpen.


Im Schatten der Stars

Erpen, die in der Schweiz geboren wurde, in Bamberg studierte, in Birmingham lebt und von der halben Welt als DJ gebucht wird, hatte in Bamberg bereits Anfang der Nullerjahre begonnen, Soulmusik aufzulegen.
Dort, im längst geschlossenen Club 51, haben sich Malayka Erpen und Susanne Görl auch kennengelernt: "Susanne war immer die, die am längsten und besten getanzt hat."

Soul, das ist mal warme, mal eher rau und ruppige, immer aber tanzbare Musik aus den 60er und 70er Jahren. Soul, das ist auch ein Echo aus der Zeit, als die Bürgerrechtsbewegung in den Vereinigten Staaten gegen Rassentrennung und für ihr Recht kämpfte, aus ihrem Leben etwas machen zu können. Soul, das reimt sich deshalb immer auch auf Selbstbehauptung, Stolz und Lebensfreude. Soul, das sind die Supremes, Temptations oder Otis Redding.

Nur, dass gerade diese musikalischen Schwergewichte bei Soulshakers überhaupt nicht zu hören sind. Sondern stattdessen Künstler, die zeitlebens im Schatten der großen Stars standen. "Wir spielen Stücke, die auf kleinen lokalen Labels erschienen und total in Vergessenheit geraten sind", sagt Malayka Erpen.


Gäste aus aller Welt

Der Bamberger Weekender ist längst ein fester Termin im Kalender von Soul-Fans und DJs. Sie kommen aus England und den USA, aus Schweden, Spanien, England, Italien, Österreich und der Schweiz. Viele von ihnen kommen seit vielen Jahren, weshalb Soulshakers immer auch etwas von einem Klassentreffen hat.

Hinter all dem Spaß und dem beim Tanzen vergossenen Schweiß steckt die Vorbereitung von 363 Tagen: "Nach jeder Veranstaltung ruhen wir uns zwei Tage aus. Dann fangen wir mit den Planungen für das kommende Jahr an", sagt Susanne Görl. Die Erzieherin aus Bamberg übernimmt das Gros des Organisatorischen: Saal mieten, Sponsoren finden, Flyer drucken, Flüge buchen. Malayka Erpen wählt die DJs aus und versucht diese zu überzeugen, für ein Wochenende nach Bamberg zu kommen.


Gleiches Geld für jeden DJ

An Fragen des Geldes und der eigenen Bedeutsamkeit sollten die DJs dabei ein eher geringes Interesse haben. "Jeder DJ verdient bei uns das gleiche Geld. Nur so kann ein Gemeinschaftsgefühl zwischen den DJs entstehen", sagt Malayka Erpen.
Auf dieses quasi-sozialistische Entlohnungsmodell lässt sich in diesem Jahr sogar Ruben Molina aus Los Angeles ein: "Er ist so etwas wie der Gottvater der Lowrider-Szene. Wir sind verdammt stolz, dass er nach Bamberg kommt. Das ist das erste Mal, dass er in Europa auflegt", sagt Erpen. "Lowrider-Soul" steht für etwas langsameren und harmonischeren Soul, den insbesondere die südamerikanischen Einwanderer an der Westküste der Vereinigten Staaten hören. An Molinas Beispiel zeigt sich auch, dass Erpen und Görl die soziokulturelle Bedeutung der Soulmusik immer mitdenken. Soul ist in diesem Sinne mehr als nur Musik. Soul ist sozialer Schmierstoff, der Menschen zusammenbringt und Gemeinschaft stiftet: "Ruben Molina hat mir erzählt, dass die Musik auf den Straßen von LA eine wichtige Rolle spielt. Bei Soulpartys vertragen sich Leute, die sonst schlecht aufeinander zu sprechen waren", sagt Erpen.
Bamberg, Haas-Säle, irgendwann zwischen vier und fünf Uhr: Es ist gute Tradition, dass die beiden Nächte mit DJ Malayka zu Ende gehen. "Zu dem Zeitpunkt tun mir aber schon die Wangenknochen weh. Vor lauter Grinsen und Lachen." Aber: Was wäre der Bamberger Weekender ohne Muskelkater? - Eine grotesk verunglückte Veranstaltung. "Ich freue mich, wenn die Besucher drei Tage durchtanzen, körperlich ausgezehrt, aber mit erfüllter Seele nach Hause fahren", lacht Malayka Erpen.



Soulshakers in Bamberg


Donnerstag, 28. April:
ab 20 Uhr Warm-up im "Plattenladen", Untere Sandstraße 9;

Freitag, 29. April:
ab 21 Uhr Allnighter in den Haas-Sälen, Obere Sandstraße 7;

Samstag, 30. April:
von 13 bis 18 Uhr Nachmittagssession in der Cafèbar Kranen, Am Kranen 10;
ab 21 Uhr Allnighter in den Haas-Sälen, Obere Sandstraße 7;

Sonntag, 1. Mai
ab 11 Uhr "Soul 'n' Sausage" im Stilbruch, Obere Sandstraße 18;

DJs
Unter anderem legen Butch (UK), Brad Hales (USA), Lars Bulnheim (Hamburg), Marc Forrest (Berlin) und Davide Borello (Italien) auf.