Bamberger Schatz unter dem Hammer
Autor: Jutta Behr-Groh
Bamberg, Donnerstag, 14. November 2013
Rund 1000 bambergische Münzen und Medaillen werden am 26. November versteigert - in Stuttgart. Den Bamberger Museen wurden sie nicht angeboten. Ob sie für einzelne Stücke mitbieten, ist eher unwahrscheinlich.
Regina Hanemann hat eigentlich gar keine Zeit, ausgerechnet jetzt nach den Lücken in den Münz-Beständen des Historischen Museums zu suchen: Die Vorbereitungen für die Ausstellung "Jüdisches in Bamberg", die am 26. November in der Villa Dessauer eröffnet wird, nimmt gerade die ganze Zeit und Kraft des Museums-Teams in Anspruch. Doch was just am selben (Diens)Tag in Stuttgart versteigert wird, kann die Leiterin der städtischen Museen schlecht außer Acht lassen: Es handelt sich um die angeblich umfangreichste Privatsammlung bambergischer Münzen und Medaillen, die seit dem Jahr 1945 auf den Markt kommt.
Die Sammlung besteht aus ungefähr 1000 Einzelstücken und hat einen Aufrufwert von rund 250 000 Euro. "Wir erwarten eher mehr", sagt Stefan Sonntag, Inhaber der gleichnamigen Münzen- und Medaillenhandlung in Stuttgart.
Erben sind die Auftraggeber
Den Auftrag zur Versteigerung in Einzelteilen erhielt er von den Erben eines Bambergers, der zu Lebzeiten Kunde bei Sonntag war. Es handelt sich nach Angaben des Münzen-Fachmanns um einen Liebhaber, der in mehr als 40 Jahre "mit viel Sachkenntnis und Liebe" eine auf Bamberg und das Bistum bezogene Kollektion aufgebaut hat, die mit mittelalterlichen Pfennigen aus dem 12. Jahrhundert beginnt und mit Medaillen und Marken aus dem 20. Jahrhundert endet.
Der Sammler, dessen Namen Stefan Sonntag nicht preis geben mag, ist schon seit über zehn Jahren tot. Nachdem auch seine Witwe gestorben ist, waren es die Kinder, die ihm das Ergebnis der väterlichen Liebhaberei angeboten haben.
Das geschah offenbar an den potenziellen Interessenten in Bamberg vorbei. Weder Regina Hanemann, die Leiterin der städtischen Museen, noch ihr Kollege Holger Kempkens vom Diözesanmuseum und auch nicht Norbert Russ, der Vorsitzende des Historischen Vereins Bamberg, der selbst einige tausend Münzen besitzt, hatten Kenntnis davon, dass eine lokalhistorisch attraktive Sammlung auf den Markt gelangen wird. Sie wurden erst durch die FT-Recherche darauf aufmerksam.
Bei einem ersten Blick in den digitalisierten Auktionskatalog im Internet meint Norbert Ruß, da wären schon "einmalige Stücke" dabei, die der Verein gerne besäße. Gleichwohl: Der Historische Verein hat gegenwärtig "keinen roten Heller" übrig, weil er rund 250 000 Euro in die Restaurierung seiner Sammlungen investiert. Man hätte, sagt Ruß, längerfristig von den Verkaufsabsichten wissen müssen; dann hätte man sicher Wege und Mittel gefunden, die eine oder andere Münze oder Medaille zu erwerben. So spekuliert der Vorsitzende ein bisschen auf den Nachverkauf und hegt insgeheim die Hoffnung, dass von der doch sehr speziellen Sammlung nicht alles Abnehmer findet.
Stefan Sonntag rechnet dagegen mit reger Nachfrage: "Der Münzmarkt ist in sehr guter Verfassung." Wie er zu verstehen gibt, profitiert auch seine Branche von der Niedrigzins-Politik und der Kapitalflucht in Sachwerte geführt hat. Nicht nur das so genannte Betongold scheint Geldanleger zu locken, sondern auch Edelmetall in Form historischer Münzen.
So ein Objekt der Begierde dürfte der Goldgulden von 1507 aus der bambergischen Sammlung sein. Er zeigt auf einer Seite Kaiser Heinrich II. und Kaiserin Kunigunde mit einem Modell des Doms und zählt zu den ältesten Goldmünzen Bambergs überhaupt: Bischof Georg III. Schenk von Limpurg ließ sie während seiner Amtszeit (1505-1522) schlagen, weshalb neben dem Bamberger auch das Limpurger Wappenschild samt Krone dargestellt sind. Das Mindestgebot für die 3,25 Gramm geprägtes Gold beträgt dem Katalog zufolge 5000 Euro.
Angesichts dieses Stückes kommt sogar Hubert Ruß ins Schwärmen, der nach eigenen Angaben derzeit einzige vereidigte Münzen-Sachverständige in Süddeutschland. Ruß, ein gebürtiger Baunacher, ist der Vertrauensmann von Regina Hanemann in numismatischen Dingen. Ihn will sie auch jetzt hinzuziehen, um zu klären, um welche Stücke aus der bambergischen Sammlung sie eventuell in Stuttgart mitbieten sollte. Ruß hat nicht nur Sachkunde, sondern kennt aus seiner Zeit als wissenschaftlicher Volontär im Historischen Museum auch dessen Münz-Sammlung gut.
Diözesanmuseum interessiert
"Wenn spezielle Stücke in unsere Sammlung passen" will sich auch Holger Kempkens, der Leiter des Diözesanmuseums, mit dem Stuttgarter Auktionshaus in Verbindung setzen. Wie die Verantwortlichen im Historischen Museum und Historischen Verein zeigte auch er sich auf Anfrage überrascht, dass eine Sammlung, die in der Domstadt interessieren muss, an potenziellen Käufern vorbei in Stuttgart auf den Markt kommt.
Hubert Ruß, der in München die Geschäfte der Künker Numismatik AG führt, bestätigt, dass der Münzhandel die Tendenz spürt, Geld verstärkt in Sachwerte anzulegen. Er warnt Unerfahrene jedoch vor unrealistischen Erwartungen an die Wertsteigerung. "Nicht alle, die Geld haben, haben Sachverstand. Numismatik", sagt er, "ist in erster Linie ein Hobby."