Psychologe: Corona-Impfung ist "Verbesserung des Menschen durch Technologie"
Autor: Redaktion
Bamberg, Donnerstag, 16. Dezember 2021
Die Psychologen Niklas Döber, der an der Universität Bamberg promoviert, und Professor Claus-Christian Carbon haben einen theoretischen Ansatz zu der Impfdebatte "Technik versus Natur" verfasst. Sie sehen die Impfung als "gezielte Verbesserung des Menschen durch Technologie".
Worum geht es im Kern, wenn Deutsche über die Impfung gegen Covid-19 diskutieren? Einen möglichen Erklärungsansatz bietet Niklas Döbler, der am Lehrstuhl für Allgemeine Psychologie und Methodenlehre der Universität Bamberg promoviert.
Er sieht die Impfung als „Human Enhancement“, als gezielte Verbesserung des Menschen durch Technologie, wie die Pressestelle der Universität Bamberg berichtet. Über die ethischen Implikationen einer solchen Klassifizierung hat er mit Prof. Dr. Claus-Christian Carbon einen theoretischen Artikel geschrieben, der kürzlich im Fachmagazin „Translational Medicine Communications“ erschienen ist.
Bamberger Psychologe: Impfstoff als fortgeschrittene Biotechnologie?
„Human Enhancement Technologien zielen darauf ab, menschliche Fähigkeiten zu erweitern und zu verbessern“, wird Döbler zitiert. „Egal welche Definition man verwendet: Ein Impfstoff ist eine fortgeschrittene Biotechnologie, die dem menschlichen Körper die Fähigkeit verleihen soll, sich vor Covid-19 zu schützen.“ Claus-Christian Carbon: „Das Spannende ist ja, dass hierbei der Körper die entscheidende Arbeit selbst erledigt, also selbst lernt, mit dem Erreger umzugehen. Es geht um eine Beschleunigung von Prozessen, die im Körper natürlich angelegt sind.“
Es gebe jedoch einen Unterschied in der akademischen und öffentlichen Sichtweise auf diese Technologie. Um diesen zu verdeutlichen, führten Döbler und Carbon eine nicht-repräsentative Umfrage unter 67 Teilnehmenden im Alter von 17 bis 60 Jahren durch. Die Ergebnisse stützen nach ihrer Ansicht die Annahme der beiden Wissenschaftler, dass Impfungen im alltäglichen Verständnis nur bedingt als Form des Human Enhancement wahrgenommen werden.
Formen wie Cyber-Prothesen oder Implantate würden als einschlägiger klassifiziert. Das zeige, wie sich wissenschaftliche und alltägliche Begriffe durchaus unterscheiden könnten und "wie wichtig eine gute Wissenschaftskommunikation ist". Impfungen würden eher dann als Human Enhancement gesehen, wenn Personen dem Thema generell positiv gegenüberstünden.
Immunität durch Corona-Impfung oder natürliche Heilungsprozesse?
Impfstoffe als Human Enhancement zu sehen, werfe neues Licht auf die aktuelle Impfdebatte. Döbler: „Schon vor 20 Jahren haben Menschen Human Enhancement kritisiert, wenn neue Technologien eingeführt wurden.“ Es habe zum Beispiel ethische Debatten um das Klonen oder die Gentechnik gegeben. „Human Enhancement ist weiterverbreitet, als man denkt. Es per se abzulehnen, wird der Komplexität des Themas nicht gerecht. Besser ist es, den jeweiligen Einzelfall anzuschauen.“
Die Hauptargumente, die Döbler und Carbon in der aktuellen Impfdebatte identifizieren, sind folgende: Befürworter wollen die Widerstandskraft des Körpers gegen Covid-19 durch die Impfung verbessern. Gegner wenden oft ein, dass die natürlichen Heilungsprozesse des Körpers ausreichend sind, um das Virus abzuwehren. Demzufolge gehe es in der Debatte vor allem um die grundlegende Frage von Technik versus Natur und um die Frage, welche Veränderungen des Körpers gewünscht beziehungsweise abgelehnt würden.