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Bamberger Landrat zieht positive Bilanz - Opposition sieht Luft nach oben


Autor: Sebastian Martin

LKR Bamberg, Freitag, 29. Sept. 2017

Bambergs Landrat Johann Kalb spricht im Interview über Erfolge, Herausforderungen und das Dientzenhofer-Gymnasium. Kritik kommt von SPD und Grünen.
Blickt zufrieden auf die Arbeit des Landkreises in den  vergangenen drei Jahren: Landrat Johann KalbMatthias Hoch


Vor gut drei Jahren wurde Johann Kalb (CSU) zum neuen Bamberger Landrat gewählt. Er setzte sich mit 56,66 Prozent gegen fünf Mitbewerber durch. Der ehemalige Buttenheimer Bürgermeister zieht eine Zwischenbilanz seiner Amtszeit.

Was hat sich für Sie vor drei Jahren geändert?
Johann Kalb: Die Aufgaben sind mehr, die Verantwortung größer und die Wege weiter geworden. Ansonsten war es mir bereits als Rechtsanwalt nicht langweilig, als Bürgermeister nicht und nun als Landrat noch weniger. Ich habe ein neues hochmotiviertes Team und erfolgreiche Gemeinden an meiner Seite.

Was würden Sie als Ihren größten Erfolg bezeichnen?
Erfolge müssen Außenstehende beurteilen, trotzdem freue ich mich über die vielen Auszeichnungen, die der Landkreis in den drei Jahren erhalten hat. Ich habe einen erfolgreichen Kreis übernommen und bin angetreten, diesen weiterzuentwickeln. Die Zahlen verdeutlichen, dass es in vielen Bereichen vorwärts gegangen ist. Wir haben erstmals die 145.000-Einwohner-Marke geknackt, 2000 neue Arbeitsplätze geschaffen, die Verschuldung auf einen historischen Tiefstand gebracht und die Umlagekraft um fast 30 Millionen Euro auf 146 Millionen Euro in drei Jahren erhöht. Unsere Wirtschaftsförderung ist die Basis dafür, Gelder in Zukunftsfelder des Landkreises investieren zu können. Alleine im letzten Jahr hatten wir knapp 1500 Bauanträge mit einem Bauvolumen von über 300 Millionen Euro. Ein deutliches Zeichen dafür, dass sich die Menschen bei uns wohl fühlen.

Gab es Herausforderungen zu Beginn Ihrer Amtszeit?
Die gab es. Mit der Pensionierung von Kreisbaumeisterin Gabriele Pfeff-Schmidt, Wirtschaftsförderer Siegfried Wagner und Kreisjurist Georg Ensner sind gleich zu Beginn meiner Arbeit drei Stützen des Landkreises weggebrochen. Eine besondere Herausforderung war das Thema Asyl. Nur durch den gemeinsamen Einsatz von Gemeinden, Verbänden und vielen ehrenamtlichen Helfern konnte diese Aufgabe bewältigt werden.

Was kann der Kreis dem demografischen Wandel entgegensetzen?
Der demografische Wandel ist eine Querschnittsaufgabe und stellt auch den Landkreis vor neue Herausforderungen. Wir haben die Aufgabe, die Grundlage dafür zu schaffen, dass unsere Region für alle Menschen jeden Alters gleichermaßen interessant bleibt. In einem Demografie-Arbeitskreis haben wir mit Experten ein Seniorenpolitisches Gesamtkonzept mit 109 Handlungsvorschlägen erarbeitet. Das sind Themen wie Senioren, Pflege, ÖPNV, Breitband, Erreichbarkeit bei der Nahversorgung. Diese Themen werden wir jetzt konsequent umsetzen.

Thema Nationalpark Steigerwald: Warum verzichtet der Landkreis auf eine Millionen-Förderung des Freistaates?
Bereits vor meiner Wahl habe ich deutlich gemacht, dass es eine Lösung zum Thema Steigerwald nur mit allen Betroffenen gemeinsam geben kann. Zudem hat der Landkreis Bamberg nur einen Anteil von 14 Prozent an Steigerwald. Wir sitzen deshalb schon jetzt mit den anderen Landkreisen zusammen, um eine Lösung zu erarbeiten, die sowohl dem Schutzbedürfnis der Natur, den Interessen der unmittelbar betroffenen Menschen, wie auch der Entwicklung unserer Region entgegen kommt. Mit der von mir vorgeschlagenen Idee eines Weltkulturerbes Steigerwald scheinen wir einen gemeinsamen Lösungsansatz gefunden zu haben. Das ist erreichbar, weil die Zisterzienser nicht nur im Steigerwald, sondern in ganz Europa eine große Rolle gespielt haben. Die von uns in Auftrag gegebene Kulturlandschaftsinventarisation hat deutlich gemacht, dass wir auch eine realistische Chance haben, immaterielles Kulturerbe zu werden. Das setzt natürlich die Einigkeit aller beteiligten Personen und Gremien voraus. Ohne diese Einigung ist jede Investition von Steuergeldern falsch. Wenn es uns aber gelingt, den Steigerwald gemeinsam zu entwickeln, fließen deutlich mehr Gelder als die genannten 17 Millionen Euro in die Region.

Beim Dientzenhofer Gymnasium läuft auch eine Untersuchung, es steht die Verlagerung im Raum. Das wird kritisiert...
Bevor wir einen Beschluss über eine Investition im zweistelligen Millionenbetrag tätigen, ist es wichtig, alle Grundlagen für eine Entscheidungsfindung zu kennen. Darüber bin ich mir mit allen Mitgliedern und dem Vorsitzenden des Zweckverbandes Gymnasien, dem Oberbürgermeister Andreas Starke, einig. Bis heute haben wir die Hälfte der sechs Gymnasien saniert. Jetzt geht es an die nächsten drei. Von zweien wissen wir, dass sie generalsanierungsbedürftig sind: das Dientzenhofer und das Kaiser-Heinrich-Gymnasium. Das DG ist in der Größe vergleichbar mit dem Clavius-Gymnasium, das mit 32 Millionen Euro zu Buche schlug. Das KHG ist kleiner, aber auch hier wird es um viel Geld gehen. Bei den Untersuchungen geht es nicht nur um die DG-Standortfrage, es geht auch um die Auswirkungen auf die Bildungslandschaft insgesamt.

Das DG-Schulprofil ist gefährdet.
Entscheidend ist, was für Schüler, Lehrer und Eltern am besten ist. Bei der Standortfrage, ob im Bestand, Neubau in der Stadt oder im Landkreis, werden wir auch darauf achten, dass keine andere Schule negativ beeinträchtigt wird. Fakt ist, dass zwei Drittel der Schüler aus dem Landkreis kommen und regelmäßig der Wunsch an die Verwaltung herangetragen wird, ein Landkreis-Gymnasium, neben den Realschulen und Mittelschulen anzubieten.

Bamberg liegt aber zentral...
Die Frage der Zentralität ist relativ und hängt in erster Linie davon ab, von wo die Schüler herkommen. Für den südlichen Landkreis liegt z.B. Hirschaid deutlich zentraler als Bamberg. Um die Vor- und die Nachteile eines künftigen Standorts zu analysieren, hat der Zweckverband die Untersuchung in Auftrag gegeben. Bei einer Vorwegnahme des Ergebnisses hätten wir uns das Geld sparen können. Vor dem Hintergrund erfolgreicher Schulen im Landkreis, halte ich deshalb eine vorzeitige Festlegung am Standort Bamberg für wenig zweckdienlich.

Es hört sich so an, als ob sie für ein Gymnasium im Kreis plädieren.
Ich bin, wie gesagt, dafür, dass wir alles untersuchen. Entscheidend wird, bei aller Kostensensibilität, letztlich sein, welche Lösung für die Betroffenen und den Bildungsstandort insgesamt am besten ist.

Bei der E-Mobilität geht der Landkreis voran. Ab wann kann man den Landrat mit einem E-Fahrzeug rumfahren sehen?
Das kann man bereits. Ich habe nämlich ein E-Fahrzeug, wenn auch nur ein E-Bike...

Damit radeln sie von Wattendorf nach Schlüsselfeld?
Das habe ich bislang nicht versucht. Aber wenn ich während der Fahrt nicht arbeiten muss, nehme ich schon jetzt regelmäßig den BMWi3. Auch habe ich die Anweisung gegeben, dass Fahrzeuge in unserem Fuhrpark, sofern diese ausgemustert werden und es Sinn ergibt, durch E-Fahrzeuge ersetzt werden.

Was sind die Herausforderungen der nächsten drei Jahre?
Die Lebensqualität im Landkreis ist sehr gut. Das haben Untersuchungen eindrucksvoll bestätigt. Damit dies so bleibt, reicht es aber nicht aus, in dem jetzigen Zustand zu verharren: Deshalb haben wir bereits für viele Projekte Weichen gestellt. Wir investieren unter anderem in die Bildungseinrichtungen 90 Millionen Euro. Startschuss war die Scheßlitzer Realschule. Der Bauantrag für die Hirschaider Realschule ist gestellt, in Ebrach steht die Einweihung bevor. Im Gesundheitsbereich läuft der Ausbau der Orthopädie an der Juraklinik für 15 Millionen Euro. Beim Mobilitäts- und Nahverkehrskonzept, das wir 2016 beschlossen haben, haben wir die verschiedenen Verkehrsbereiche aufeinander abgestimmt. Auch beim Radwegebau ist einiges geplant. Zudem will ich unseren Kulturlandkreis weiter stärken. Ob Literaturfestival, Internationale Woche, Genusstag oder Ehrenamtsförderung. Wir schaffen ein Klima, das die Menschen anzieht und hält. Im schönsten Landkreis der Welt.

Das sagt die Opposition:

Jonas Merzbacher, SPD-Fraktionsvorsitzender im Kreistag:
"So greifbar der Landrat bei Festen und Feiern ist, so ungreifbar ist er bei politischen Themen - auf wichtigen Feldern vermisst die SPD eben Plan und Engagement: Bauen und Wohnen, Öffentlicher Nahverkehr und Radwege, Wirtschaft und Bildung, Steigerwald und Regionalwerke - nicht zu vergessen ist der Punkt: Tariflohn bei der Krankenhausgesellschaft und den dazugehörigen Unternehmen. Die SPD Bamberger Land erwartet stärkeren politischen Einsatz und einen Landrat, der Themen nicht nur benennt, sondern auch anpackt. Aussitzen ist keine Lösung. Mögen wir unsere Potenziale in Zukunft stärker nutzen - an der Bürgerschaft, dem Kreistag und den Mitarbeitern des Landkreises wird es nicht scheitern."

Bernd Fricke, Grüne/AL-Fraktionsvorsitzender im Kreistag:
"Landrat Kalb hat für Kultur und Repräsentieren viel übrig. Lobenswert war sein Eintreten gegen rechts auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle. Das war es dann aber auch schon. Bereits im Wahlkampf 2014 war nicht ersichtlich, wofür dieser Landrat steht. Das ist leider so geblieben: Ob gerechte Entlohnung der Mitarbeiter der Krankenhausgesellschaft, Förderung des Naturschutzes (Stichwort Steigerwald!), Überlastung im Bauamt, Förderung des Fahrradverkehrs oder ÖPNV z.B. in Pettstadt. Diese und andere Themen dümpeln vor sich hin. Stattdessen eine umstrittene Diskussion um ein Landkreisgymnasium und jedes Jahr ein Landkreisbier. Es kann nur besser werden!"

Das sagt der Nachbar:
Hermann Ulm (CSU), Forchheimer Landrat: "Die Zusammenarbeit mit Johann Kalb funktioniert perfekt. Ich schätze die humorvolle, freundliche Art des Bamberger Landrats. Wir haben sehr viele gemeinsame Aufgaben in der Wirtschaftsregion, dem Rettungszweckverband oder dem Medizinischen Versorgungszentrum Bamberg-Forchheim, bei denen wir uns mit dem Vorsitz abwechseln. Aber auch die Tourismusregion Fränkische Schweiz verbindet uns, die wir gemeinsam begleiten. Und dann treffen wir uns immer wieder zu Veranstaltungen: Auf dem Annafest waren wir gemeinsam, vor kurzem haben wir auch zusammen die Eröffnung des Radwegs von Unterstürmig nach Buttenheim gefeiert, an dem wir als Landkreis beteiligt sind."