Druckartikel: Bamberger Kunden sollen in Zukunft ihre Waren selbst scannen

Bamberger Kunden sollen in Zukunft ihre Waren selbst scannen


Autor: Robert Wagner

Bamberg, Mittwoch, 22. Juli 2015

In Bamberg gibt es seit Juni "Selbstscannerkassen". In einem Edeka-Laden können Kunden an vier Kassen ihre Waren einlesen. Nicht jeder findet das gut.
Manuela Dünninger erklärt einer Kundin die neue Kasse.  Foto: Robert Wagner


Manuela Dünninger muss keine Artikel mehr über einen Scanner ziehen. Stattdessen steht sie zwischen vier Kassen, die ein bisschen wie Bankautomaten aussehen - nicht zu Unrecht, wie Dünninger sagt, denn "Geld abheben kann man hier auch." Hier können Kunden selbst die Rolle des Kassierers übernehmen.

Nur bei Problemen greift Dünninger ein - oder wenn jemand Alkohol oder Tabak kaufen will. Ansonsten versucht sie, die Kunden davon zu überzeugen, die Geräte einmal auszuprobieren.

Es klingt tatsächlich verlockend, seine Milchpackung schnell selbst unter einen Scanner zu halten, zu zahlen und einfach zu gehen. Ganz ohne lange Schlange.

Droht Personalabbau?

Das dachte sich auch Olaf Birger, Geschäftsführer des Edeka-Birger im Laubanger. Vier Selbstbedienungskassen gibt es deshalb in seinem seit Juni geöffneten Supermarkt. "Ich war erst selbst nicht von der Idee überzeugt, doch als ich gesehen habe, wie gut die Kassen bei einem Kollegen in München angenommen wurden, sagte ich zu mir: Die will ich auch."

Eine Verkäuferin für vier Kassen - das klingt doch sehr nach Personalabbau. Ob Dünninger denn keine Angst habe, dass sie selbst überflüssig wird? "Eigentlich garantieren die Kassen ja eher meinen Job - schließlich ist ja immer noch jemand nötig, der bei Problemen eingreift", sagt Dünniger und lacht.

Sie erzählt aber auch von einer Kundin, die die Selbstscannerkassen als Unding bezeichnet habe. So was wolle sie nicht. "Ich hab sie dann überredet, es sich wenigstens mal anzuschauen." Das wäre ja schon praktisch, habe die Kundin dann gesagt - aber selbst nutzen werde sie das nicht. Verschmitzt lächelnd erzählt Dünninger: "Ein paar Tage später habe ich die Frau dann wieder an der Kasse gesehen."

Ältere im Abseits?

Es gibt andere, die nicht so leicht zu überzeugen sind: Klaus Stieringer zum Beispiel, Citymanager beim Stadtmarketing. Für ihn drohen Personalkürzungen, sollten sich solche technischen Lösungen durchsetzen - und das sei mittelfristig kaum zu verhindern.

Dabei sei es doch gerade der persönliche Kontakt, der den Einzelhandel ausmache. Außerdem hat er noch eine andere Befürchtung: Gerade ältere Menschen könnten leicht von der Technik überfordert sein. Je mehr sie sich durchsetze, desto mehr werde "eine ganze Generation ins Abseits gestellt."

Manuela Dünninger kann das hingegen nicht bestätigen. Ihrer Erfahrung nach sind es gerade die Älteren, die sich gerne an den Geräten versuchen.

Sie erzählt von zwei Frauen jenseits der 70, die vor ein paar Tagen unbedingt die Kasse ausprobieren wollten. Die beiden seien so begeistert gewesen, dass sie wenig später gleich noch mal mit einem Artikel dagestanden hätten.

Geschäftsleiter Birger sagt, ihm sei es bei der Anschaffung der Kassen um die Innovation gegangen. Ökonomische Aspekte hätten hingegen keine Rolle gespielt.

Service für die Kunden

Schließlich seien die Geräte in der Anschaffung und im Unterhalt nicht gerade billig. Außerdem seien eher jene Kunden Zielgruppe, die schnell nur zwei, drei Dinge kaufen wollten - eine Entwicklung, bei der Verkäufer und normale Kassen verschwinden, sieht Birger nicht kommen.

Und noch einen weiteren Punkt hebt Birger hervor: Wenn tatsächlich weniger Personal an der Kasse benötigt würde, könnte man den Service im Geschäft verbessern. Dafür müsste aber erstmal klar sein, ob sich die Technik durchsetze. Das bleibe aber abzuwarten. "Bisher ist noch nicht klar, ob die Kassen langfristig gut genutzt werden", sagt Birger.

Und ob sich die Technik dann, wie in den skandinavischen Ländern, flächendeckend durchsetzen wird, steht noch mal auf einem ganz anderen Blatt.


Kommentar: Dienstleister zurück in die Dienstleistung

Der Tante-Emma-Laden um die Ecke ist schon lange verschwunden. Bücher kauft man bei Amazon, nicht im Buchladen.

Dabei wird man von anderen Kunden beraten oder gleich von einem Computerprogramm. Der Mensch verschwindet aus dem Einzelhandel, wie das Pferd aus der Landwirtschaft. Stück für Stück, doch unaufhaltsam.

Das ist die eine Seite. Andererseits kann man heute von zuhause aus Produkte aus der ganzen Welt bestellen und sich nach Hause liefern lassen - falls nicht gerade der Computer oder die Post streikt.

Viele Dinge sind einfacher geworden. Und wer könnte nicht auf lange Schlangen an der Kasse verzichten? Sind Selbstscannerkassen also vielleicht gar nicht so böse?

Am Ende ist wohl, wie so oft, nicht die Technik entscheidend, sondern was man daraus macht. Denn mal ehrlich: Ist es so wichtig, ob man von einem Menschen oder einer Maschine abkassiert wird?

Und auch die Verkäufer können sich sicherlich besseres vorstellen, als Artikel um Artikel über den Scanner zu ziehen. Kunden beraten zum Beispiel. Der Kontakt zum Menschen ist das, was das Geschäft in der Stadt von jenem im Netz unterscheidet. Doch wenn sich der Kontakt auf einen gehetzten Blick an der Kasse beschränkt, ist dies wenig wert.

So könnte jene Automatisierung, die den Menschen zu verdrängen scheint, ihn frei machen, um wirklich wieder die Nähe zum Kunden zu suchen. Und den Dienstleister in die Dienstleistung zurückkehren lassen.