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Bamberger Kinderarzt für Corona-Impfung ab zwölf Jahren: "Schade, dass man das erst jetzt macht"


Autor: Elisabeth Offial

Bamberg, Dienstag, 17. August 2021

Die Stiko empfiehlt nun doch eine Corona-Impfung für Kinder - nach langem Zögern. "Schade, dass man das erst jetzt macht", kritisiert Kinderarzt Dr. Udo Meißner. In seiner Bamberger Praxis impft er Heranwachsende schon länger gegen Covid-19. Probleme sieht er in der Debatte gleich in mehreren Punkten.
Die Corona-Impfung für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren erachtet Kinderarzt Dr. Udo Meißner aus Bamberg für sinnvoll. Der Mediziner kritisiert zugleich die Stiko.


  • Stiko spricht sich für Corona-Impfung ab zwölf Jahren aus
  • Bamberger Kinderarzt: "Ich finde es schade, dass man das jetzt erst macht"
  • Öffentlichkeitsarbeit der Stiko sei "unglücklich" gewesen
  • Impfung berge geringeres Risiko als Erkrankung

Nach langem Zögern hat die Ständige Impfkommission (Stiko) am Montag (16. August 2021) die Corona-Schutzimpfung für Kinder ab zwölf Jahren empfohlen. In Absprache mit ihrem Arzt konnten sich Jugendliche aber auch schon zuvor impfen lassen. Auch der Bamberger Kinderarzt Dr. Udo Meißner impft in seiner Praxis schon länger Minderjährige gegen Covid-19. Er bedauert den aus seiner Sicht verspäteten Impfbeginn für Heranwachsende. "Ich finde es schade, dass man das jetzt erst macht. Man hatte genügend Zeit", sagt Meißner inFranken.de.

Schutz vor Corona: Bamberger Kinderarzt impft Jugendliche schon seit Freigabe

"Man hätte die letzten Monate nutzen können, um in die Schulen zu gehen und dort die Kinder und Jugendlichen zu impfen", erklärt Meißner. "Das wäre, glaube ich, viel sinnvoller - weil da wären alle auf einem Haufen. Das lief mit der Polio-Schluckimpfung auch sehr erfolgreich."

In seiner Praxis in der Hainstraße bietet Meißner die Impfung für Minderjährige bereits an, seit der Impfstoff dafür freigegeben worden ist. Das Angebot wird demnach unterschiedlich wahrgenommen. "Als Kinderarzt trifft man auch impfskeptische Eltern. Da kann man unterscheiden zwischen denen, die man nie erreichen können wird und denen, die verständlicherweise ängstlich sind und besorgt um ihre Kinder", sagt Meißner. 

Probleme sieht er indes in mehreren Punkten. Zum einen sei es der Gesellschaft verloren gegangen, Informationen nach ihrer Validität zu filtern. Das sei besonders deshalb schwierig, weil "jeder völlig ungehindert irgendeine Information veröffentlichen kann. Das war schon in den letzten Jahren nicht einfach, aber zurzeit ist es furchtbar", so der Bamberger Kinderarzt.

"Unglückliche" Öffentlichkeitsarbeit: Mediziner kritisiert Stiko

Das zweite Problem liegt Meißner zufolge in der "unglücklichen" Öffentlichkeitsarbeit der Stiko. "Die Daten aus England zum Beispiel lagen der Stiko schon länger vor. Sie wussten schon, dass die Impfung sicher ist. Aber man wollte noch ein bisschen warten und es genauer beratschlagen", erklärt Meißner. "Statt dass man das jetzt so sagt, hat man sich in der Öffentlichkeit unglücklich ausgedrückt. Man hätte auf bestimmte Aussagen einfach verzichten sollen. Das fällt jetzt dem Ziel, dass die Menschen geimpft werden, auf die Füße."

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Der Bamberger Kinderarzt spricht sich derweil für die Schutzimpfung von Heranwachsenden aus. Zwar sei das Risiko eines schweren Corona-Verlaufs bei Kindern deutlich geringer als bei Erwachsenen, dennoch berge die Impfung eine geringere Gefahr. "Bei mir in der Praxis gibt es Kinder, die haben Long-Covid. Das sind 14- oder 15-Jährige, die wahrscheinlich ihr Leben lang nichts mehr riechen können. Das sind noch 60 bis 70 Jahre, die sie damit leben müssen. Das ist absolut vermeidbar", zeigt sich Meißner der Impfung gegenüber positiv.

Auch Patient*innen mit dem durch Covid-19 ausgelösten Multisystem-Inflammationssyndrom bei Kindern hat der Bamberger Mediziner bereits behandelt. "Das war der Grund, weswegen ich meine eigenen Kinder gleich geimpft habe, weil ich das für sie nicht wollte", sagt Meißner. Das Syndrom tritt üblicherweise einige Wochen nach der Infektion auf und ist eine entzündliche Multisystemerkrankung mit schwerem Verlauf.

Nach Stiko-Empfehlung: Bamberger Kinderarzt rechnet nicht mit vielen Impfwilligen

Mit einem riesigen Ansturm impfwilliger Patient*innen rechnet der Kinder- und Jugendarzt nicht. "Der ist in den letzten Wochen auch schon ausgeblieben. Auch heute hat noch niemand angerufen und nach einem Impftermin gefragt." Impfstoff hätte er indes zur Genüge. "Letzte Woche kamen bei uns 45 Prozent nicht zur Zweitimpfung. Wir haben so viel Impfstoff, wir müssen ihn demnächst wegwerfen", bedauert er.

Sollte er doch mehr Anmeldungen bekommen, ist er zuversichtlich, schnell Impfstoff bestellen zu können. "Es ist nicht mehr so wie vor zwei Monaten wo man um jedes Fläschchen betteln musste."

Planungssicherheit für das kommende Schuljahr 2021/22 gibt es indes noch nicht. Eltern beklagen die Regeln, die gelten sollen. Warum Schulschließungen nicht die Lösung sein dürfen, erfahrt ihr in diesem Plus-Artikel des Fränkischen Tags.

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