Bamberger Kapitelshaus: Arbeit geht unter Notdach weiter
Autor: Jutta Behr-Groh
Bamberg, Dienstag, 11. November 2014
Fünf Wochen lang ruhten nach dem Dachstuhlbrand im August sämtliche Arbeiten in dem barocken Einzeldenkmal. Daraus resultiert ein immenser Schaden durch eingedrungenes Löschwasser. Nach neuen Schätzungen liegt er bei fast 500.000 Euro.
Die Brandermittler der Kriminalpolizei haben ihre Arbeit beendet. Eine Antwort auf die Frage, warum es am 14. August im Dach des Kapitels-hauses St. Stephan gebrannt hat, fanden sie jedoch nicht. Wenn nicht das noch ausstehende Gutachten eines Sachverständigen, der die von der Kripo gesicherten Spuren analysiert, Klarheit bringt, bleibt die Brandursache womöglich für immer ein Rätsel.
Fest steht inzwischen freilich, dass das Einwirken des Löschwassers mehr Schaden an dem barocken Einzeldenkmal angerichtet hat als der Brand selbst. Der war durch die Freiwillige Feuerwehr schnell gelöscht worden. Fünf Wochen lang hatten danach sämtliche Arbeiten auf der Großbaustelle - das Kapitelhaus wird seit Frühjahr 2013 saniert - geruht. In dieser Zeit drang die Nässe in sämtliche Ritzen, in Decken und Böden, in historische Substanz wie neues Baumaterial.
Als fatal erwiesen sich die bereits verlegten neuen Bodenanschlüsse und Leerrohre für die EDV: Über das Leitungssystem gelangte das Wasser quasi in jeden Winkel, wie Harald Ehrsam, Geschäftsführer der Bauherrin, der evangelisch-lutherischen Gesamtkirchenverwaltung, berichtet. Dank einer Armada von Trocknungsgeräten scheint die gröbste Feuchtigkeit inzwischen beseitigt zu sein.
Die Zwangspause zwischen dem rätselhaften Brand und der Wiederaufnahme der Arbeiten rührte von der laut Ehrsam schwierigen Abstimmung mit der Versicherung her. Die Herangehensweise zur Schadensbehebung sei lange unklar gewesen. Der Versicherer habe zwar so genannte Notmaßnahmen zugestanden, doch was darunter zu verstehen war, sei nicht so einfach zu klären gewesen.
Inzwischen wird am und im Kapitelshaus wieder gearbeitet. Das weithin sichtbare neue Notdach wird voraussichtlich noch bis Ende November gebraucht. Grund: Das schon sanierte Spitzdach hatte wieder abgedeckt werden müssen, weil sich auf den Sparren eine Menge Ruß abgesetzt hatte. Arbeiter in Schutzanzügen strahlten jedes einzelne Stück Holz ab, soweit es noch verwendbar war. Statisch geschädigte Sparren wurden ausgetauscht. Sicherheitshalber hat man die gereinigten Hölzer noch lasiert, damit auch letzte verbliebene Rußpartikel dauerhaft gebunden werden. Inzwischen sind die Männer in ihren futuristischen Schutzanzügen abgezogen und Dachdecker am Arbeiten.
In einzelnen Innenräumen ist als zusätzliche Vorsichtsmaßnahme der Einsatz von Ozongas geplant. Vor allem Schimmelpilze, die sich womöglich in den feucht gewordenen alten Holzböden gebildet haben, könnten sonst zu einem Problem werden, so Ehrsam.
Das Feuer und seine Folgen haben den Zeitplan für die Kapitelshaus-Sanierung komplett über den Haufen geworfen. Die Arbeiten waren weit fortgeschritten, als es brannte und die Wiedereröffnung schon für den 19. April 2015 vorgesehen. Nach dem Unglück war schnell klar, dass dieser Termin nicht zu halten sein wird. Inzwischen peilt man die Einweihung am 20. September 2015 an.
Mit einem sportlichen Zeitplan versucht der verantwortliche Architekt Peter Fluhrer (vom Büro Grellmann/ Kriebel/ Teichmann, Würzburg/Bamberg) die Arbeiten zu forcieren. Parallel zu den Dachdeckern auf dem Kapitels-haus sollen in Kürze die Maler an der Fassade beginnen. Allerdings müssen auch dort vorher einige Feuchtstellen ausgemerzt werden.
Nicht die ganze Großbaustelle neben der evangelischen Stephanskirche leidet unter den Folgen des Brandes. Im Gegenteil: In den drei anderen Gebäuden im "Stephanshof" liegen die Arbeiten laut Fluhrer sogar vor dem Termin: "Jetzt sind wir bald an dem Punkt, dass den Leuten die Arbeit ausgeht." Auch deshalb hofft er, dass die Handwerker bald im Kapitelshaus weiter machen können.
Bis zum 14. August gingen die Kirchengemeinde St. Stephan und die evangelisch-lutherische Gesamtkirchenverwaltung von 6 Millionen Euro Kosten für ihr gemeinsames neues Zentrum für Gemeinde, Kultur und Verwaltung aus. Die durch den Brand verursachten Mehrkosten nähern sich laut Ehrsam den 500.000 Euro.
Die Verhandlungen, die er und sein Stellvertreter Jürgen Hofmann mit der Bayerischen Versicherungskammer führten, scheinen auf einem guten Weg zu sein. Diese habe sich bereit erklärt, für den Schaden aufzukommen- unabhängig davon, ob die Ursache des Brandes je geklärt werden kann.