Druckartikel: Bamberger Kandidaten diskutieren vor großem Publikum

Bamberger Kandidaten diskutieren vor großem Publikum


Autor: Sebastian Martin

Bamberg, Donnerstag, 14. Sept. 2017

Die Kandidaten im Wahlkreis Bamberg-Forchheim stellten sich Fragen quer durch die Politik. Dabei ging es auch um Probleme der Menschen vor Ort.
Auf dem Podium des Fränkischen Tags Bamberg und von Radio Bamberg diskutierten  (v.r.): David Klanke (Die Linke), Andreas Schwarz (SPD), Sebastian Körber (FDP), Lisa Badum (Grüne), die Moderatoren Christopher Fleith (Radio Bamberg) und Michael Memmel (FT) sowie Daniela Saiko (FW), Thomas Silberhorn (CSU) und Jan Schiffers  (AfD). Ronald Rinklef


Von Politikverdruss war am Mittwochabend in der Business-Lounge der Brose-Arena nichts zu spüren: Eineinhalb Wochen vor der Bundestagswahl wollten 300 Interessierte Antworten von den Direktkandidaten im Wahlkreis Bamberg-Forchheim hören. Auf dem Podium der Veranstaltung des Fränkischen Tags und von Radio Bamberg stellten sich Thomas Silberhorn (CSU), Andreas Schwarz (SPD), Lisa Badum (Grüne), David Klanke (Die Linke), Sebastian Körber (FDP), Jan Schiffers (AfD) und Daniela Saiko (Freie Wähler) den Fragen der Moderatoren Christopher Fleith (Radio Bamberg) und Michael Memmel (Fränkischer Tag).

"Die Rente ist sauber kalkuliert bis 2030, danach bin ich dafür, den Mix zu behalten. Wir brauchen auch private Vorsorge." Thomas Silberhorn (CSU)

"Wer jetzt die Hände in den Schoß legt und nur ein Rentenkonzept bis 2030 hat wie Herr Silberhorn, der denkt nicht weit genug." Lisa Badum (Grüne)


Wie es sich für eine Diskussionsrunde gehört, wurde in gottschalkscher Manier um eine halbe Stunde überzogen. Doch stand viel auf der Agenda: Bahnausbau, Asylpolitik und die Konversion in Bamberg. Die Kandidaten mussten sich auch Fragen der Mitveranstalter stellen, die Sonja Weigand, Präsidentin der Industrie- und Handelskammer (IHK) für Oberfranken Bayreuth, Kreishandwerksmeister Manfred Amon von der Kreishandwerkerschaft und Sprecher Franz Ruß vom Netzwerk Freie Berufe vortrugen. Das drohende Dieselfahrverbot beschäftigt die Handwerker, Fachkräftemangel die IHK, Beeinträchtigungen durch Deregulierung die Freien Berufe.

"Wir wollen kein Renteneintrittsalter mit 70 Jahren, sondern es soll bei der bestehenden Lösung bleiben. " Andreas Schwarz (SPD)

"Kurzfristig brauchen wir mehr Steuermittel zur Aufbesserung der Rente. Die private Vorsorge sollte aber nicht vergessen werden." Jan Schiffers (AfD)


Die Kandidaten zeigten Verständnis für das Anliegen der Berufsverbände. Dem Fachkräftemangel wollen sie mit einer Allianz in Aus- und Weiterbildung (Schwarz), einer Exzellenzinitiative bei der dualen Ausbildung (Körber), einer besseren Förderung gering Qualifizierter (Silberhorn) und mit Geflüchteten als Lösung (Badum) begegnen.

"Ein sehr, sehr guter Schutz vor Altersarmut ist Wohneigentum. Das wollen wir jedem ermöglichen." Sebastian Körber (FDP)

Einen breiten Platz in der Diskussion am Mittwochabend nahm das Thema Flüchtlingspolitik ein. Bamberg ist mit der großen Aufnahmeeinrichtung Oberfranken mit bis zu 3400 Plätzen besonders betroffen. Ein Thema, das die Leute umtreibt. "Ich war gegen die Aufnahmeeinrichtung und kann die Anwohner verstehen, es ist schon eine hohe Konzentration", sagte David Klanke (Die Linke). Dass die Einrichtung zu groß geworden ist, daran zweifelte keiner der Kandidaten. Doch Silberhorn, der für sich reklamiert, den Freistaat vom Ausbau auf 4500 Plätze abgebracht zu haben, betonte, dass die Einrichtung bisher nie ausgelastet gewesen sei. Selbst die von der Stadt geforderte Begrenzung auf 1500 Bewohner sei bisher nicht erreicht worden.

"Eine Absenkung des Rentenniveaus darf es nicht geben, weil es viele Menschen gibt, die sich viele Dinge nicht leisten können." Daniela Saiko (Freie Wähler)

Silberhorn hob die schnellen Asylverfahren in Bamberg hervor: "Im Schnitt dauert das Verfahren zwei Monate!" Die Verfahren müssten nun sukzessive an die europäischen Grenzen verlegt werden. Er widersprach den Forderungen nach dezentraler Unterbringung, die Klanke, Schwarz, Körber und Badum forderten. "Eine dezentrale Unterbringung ist dann sinnvoll, wenn klar ist, ob jemand ein Bleiberecht hat oder nicht!"

"Es müssen alle einzahlen in eine gemeinsame Rentenversicherung, ob Beamter oder Selbstständiger." David Klanke (Die Linke)

Deutliche Kritik an der Staatsregierung übte Andreas Schwarz: "Bamberg hat sein humanitäres Gesicht gezeigt, doch leider macht der Freistaat jetzt seine Hausaufgaben auf Kosten der Stadt." Er sprach sich dafür aus, Leerstand in den Gemeinden zu nutzen und wegzukommen von der Massenunterkunft und den Raum "sukzessive an die Stadt zurückzugeben". Lisa Badum sah die große Lösung als notwendig an, da ansonsten Menschen in Containern leben müssten. Nun aber müsse der Fokus auf die Integration gelegt werden. "Die Mittel für Asylsozialarbeit müssen, wie zugesagt, vor Ort ankommen." Jan Schiffers kritisierte die gesamte Entwicklung des früheren US-Areals: "Die Konversion ist unbefriedigend gelaufen, den Bamberger Bürgern und den Familien im Umland fehlt Wohnraum."

Die Veranstaltung dauerte gut zweieinhalb Stunden. Die Kandidaten durften erst von der Bühne, nachdem sie die Fragen aus dem Publikum beantwortet hatten, mit den Themen: Steigerwald, Rente und Ehe für alle.


Kandidaten der MLPD, ÖDP und Bayernpartei: Kritik an der AfD und Eigenwerbung

Neben den Politikern auf dem Podium konnten auch drei weitere Direktkandidaten für sich werben. Dabei stach Therese Gmelch mit Leidenschaft hervor: Die Kandidatin der MLPD kritisierte die Abhängigkeit der Politik von den Wirtschaftsmonopolen und beschloss ihre Rede mit einem flammenden Appell gegen die AfD: "Die Partei ist eine Wegbereiterin des Faschismus!"

Lucas Büchner (ÖDP) betonte: "Die Politik lässt sich gerne von der Wirtschaft bezahlen. Wir dagegen nehmen Ressourcenschonung und Schöpfung als Basis. Wir wollen das menschliche Leben sinnvoll gestalten." Auch Thomas Dotzler (Bayernpartei) warb für sein Programm: "Wir setzen uns für weniger Bürokratie bei Krankenkassen und in Krankenhäusern ein."

Zuschauer-Umfrage: Das sagte das Publikum

Auswertung Abgegeben wurden vom Publikum 50 Karten, in denen sie nach dem Einfluss der Diskussion auf ihre Wahlentscheidung gefragt wurden. Elf Zuschauer ließen sich demnach umstimmen. 37 Personen blieben bei ihrer Meinung, zwei machten keine Angabe.

Zusatzfrage Außerdem fragten wir: "Was würden Sie tun, wenn Sie für einen Tag Bundeskanzler wären?" Am häufigsten würden Zuschauer der finanziellen Ungerechtigkeit entgegenwirken. Die Hälfte hiervon nannte die Renten als Beispiel.