Bamberger im Corona-Krisengebiet: "Es war wie in einer Geisterstadt"

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Das Nachtleben in der Millionenmetropole Nanjing sieht normalerweise deutlich belebter aus. Doch wegen des Corona-Virus waren die Straßen und Kreuzungen fast menschenleer, als die beiden Bamberger ihre Streifzüge machten. Fotos: privat
Das Nachtleben in der Millionenmetropole Nanjing sieht normalerweise deutlich belebter aus. Doch wegen des Corona-Virus waren die Straßen und Kreuzungen fast menschenleer, als die beiden Bamberger ihre Streifzüge machten.  Fotos: privat
Kein Hupkonzert, keine Staus: Ungewohnt unbelebt wie in einer Geisterstadt ist dieser Verkehrsknotenpunkt.
Kein Hupkonzert, keine Staus: Ungewohnt unbelebt wie in einer Geisterstadt ist dieser Verkehrsknotenpunkt.
 
 

Zwei Bamberger haben die rasante Ausbreitung des neuartigen Corona-Virus in einer Metropole in der Krisenregion erlebt. Brose, Schaeffler und Bosch haben Standorte in Wuhan und reagieren auf die Infektionserkrankung.

Noch nie in ihrem Leben haben Norbert U. und Hans F. (Namen geändert) so oft Fieber gemessen wie auf ihrer dreiwöchigen Dienstreise ins chinesische Nanjing vor 14 Tagen. "Egal, wo du hingegangen bist, war schon einer mit so einer Pistole gestanden und hat deine Temperatur gemessen", erzählt Hans F. In jedem Laden, in jedem Restaurant, an allen Eingängen ihres Hotels, vor und nach dem Frühstück: Dauernd wurden sie auf auffällige Symptome einer Virus-Erkrankung untersucht. Die Kontrolleure klopften mehrmals am Tag sogar an der Zimmertür - um bei den Gästen Fieber zu messen.

Die Angst vor Corona sei groß, das Bemühen zur Vorbeugung stark gewesen, berichten die beiden Bamberger. Die Art und Weise, wie strikt die Chinesen in den Krisenmodus geschaltet haben, hat die Mitarbeiter eines Technikunternehmens beeindruckt und besorgt zugleich.

Nanjing ist rund 400 Kilometer von Wuhan entfernt, jene Stadt, in der sich das Virus zuerst ausgebreitet und bisher am meisten Opfer dahingerafft hat. "Die Chinesen haben sofort zugemacht, alles abgeriegelt. Nach Wuhan ging kein Zug mehr, kein Bus, kein Flugzeug."

Und auch in der acht Millionen Einwohner großen Nachbar-Metropole Nanjing spürten die deutschen Gäste die Maßnahmen zur Abschottung auch im Kleinen. "Es war wie in einer Geisterstadt", sagt Norbert U.

Trister Start ins neue Jahr

Ein Gänsehaut-Moment war es, als er von seinem Hotelfenster aus auf eine große Kreuzung geblickt hat: "Wo sonst ein Hupkonzert war und sich die Autos gestaut haben, waren die Straßen praktisch leer." Zwei einsame Fahrzeuge standen an der Ampel. "Alles wie leer gefegt."

Die beiden Deutschen hatten am Chinesischen Neujahrsfest am 25. Januar eigentlich ein fulminantes Fest erwartet. Doch das Jahr der Ratte begann im Reich der Mitte wie gehemmt: Als die Franken am Abend durch die Altstadt flanierten, leuchteten zwar die Lichtinstallationen, "aber die U-Bahn war fast leer, und es war ernüchternd zu sehen, wie wenig in den Straßen los war". Als sich auch die Suche nach einem Restaurant als schwierig erwies, nahmen Norbert U. und Hans F ihr Silvestermahl im McDonald's zu sich.

Kein Konfetti, keine Luftschlangen, dafür Gesichtsmasken, Gummihandschuhe und Fieberthermometer. Das Wissen um das Virus lag wie ein dunkler Schatten über der Region. "Die Wirtschaft war tot", sagt Norbert U.

Fiebermessen im Flugzeug

Drei Tage früher als geplant flog er mit seinem Kollegen wieder zurück nach Deutschland. Auch im Flugzeug gingen die Fiebermessungen weiter. Erst als sie deutschen Boden betreten hatten, war von Sicherheitsvorkehrungen auf dem Flughafen plötzlich nichts mehr spürbar, berichten die beiden. Ihr Arbeitgeber jedoch reagierte auf die gestiegene Zahl der Infizierten und ließ die beiden daheim in Bamberg für 14 Tage im Home-Office arbeiten.

Auch jetzt noch messen die Männer weiter regelmäßig ihre Körpertemperatur - bisher ohne Auffälligkeiten. Hans F. hielt zu seinem gerade auf die Welt gekommenen Enkel lieber noch etwas Abstand. Man wisse ja nie. Angst hätten sie nicht empfunden, sagen sie, aber der Respekt ist spürbar, wenn die beiden Bamberger vom Corona-Virus erzählen.

Firmen reagieren auf die Gefahr:

Brose, Schaeffler und Bosch haben Standorte in der Krisenstadt Wuhan. Alle drei Firmen haben ähnliche Sicherheitsvorkehrungen getroffen.

Schaeffler hat für Mitarbeiter bereits am 23. Januar ein Reiseverbot für alle Geschäftsreisen von und nach China ausgesprochen. "Dies gilt vorerst bis zum 29. Februar für alle Standorte, also auch Hirschaid", erklärt ein Sprecher. "Wir beachten insbesondere die Empfehlungen des Auswärtigen Amtes, des Robert-Koch-Instituts und der Weltgesundheitsorganisation (WHO)." Der Schutz der Mitarbeiter stehe im Fokus. "Bis heute ist kein Schaeffler-Mitarbeiter weltweit mit dem Corona-Virus infiziert", betont der Sprecher.

Ähnlich äußert sich Bosch: "Die Sicherheit und Gesundheit unserer Mitarbeiter haben oberste Priorität", erklärt Sprecherin Agnes Mazzei. Ein Expertenteam verschiedener Disziplinen bewerte die Situation kontinuierlich. Zudem sei man im engen Kontakt mit den Mitarbeitern in China und informiere alle Beschäftigten über vorbeugende Maßnahmen, Reisehinweise und Empfehlungen der WHO. Dienstreisen von und nach China gebe es aktuell keine. "Ein Großteil der Bosch-Standorte in China hat am 10. Februar mit der Wiederaufnahme des Betriebs begonnen, die Bosch-Werke in Wuhan noch nicht. Selbstverständlich halten wir uns dabei an die Vorgaben der Behörden."

Bei Brose ist die Produktion im Werk Wuhan ebenfalls noch geschlossen. Die Firma hat dort ein Joint Venture mit rund 300 Mitarbeitern. "In diesem Monat folgen wir der Empfehlung des Auswärtigen Amtes und sehen von Dienstreisen von uns nach China ab", berichtet Pressesprecherin Katja Herrmann.

Infoveranstaltung am Montag in Bamberg:

Einschätzung Die Unsicherheit in der Bevölkerung sei spürbar, berichtet die Stadt Bamberg. "Auch wenn das Corona-Virus derzeit weit weniger gefährlich scheint als befürchtet." Denn die Mehrzahl der Infektionen nehme einen leichten Verlauf, und jede ganz normale Grippe habe heftigere gesundheitliche Auswirkungen.

Infoveranstaltung Die Stadt lädt gemeinsam mit der Sozialstiftung Bamberg am heutigen Montag, 17. Februar, um 19 Uhr in den Haas-Sälen in der Sandstraße zu einer öffentlichen Informationsveranstaltung zum Corona-Virus ein. Zu Beginn wird die Bamberger Infektologin Karin Schneiderbanger über den derzeitigen Wissenstand zu dem neuartigen Virus referieren und über die mögliche Diagnostik berichten. Im Anschluss geht Michael Sackmann über das Vorgehen bei einem begründeten Verdacht ein. Der Ärztliche Direktor Georg Pistorius wird aufzeigen, dass das Klinikum im Notfall bestens ausgestattet ist. Fragen werden beantwortet.

Notaufnahme "Wir beobachten die Entwicklungen genau und sind gut gerüstet", berichtet Chefarzt Joachim Knetsch, der Leiter der Notaufnahme. Es gelten die Richtlinien des Robert-Koch-Institutes als selbstständige Bundesoberbehörde für Infektionskrankheiten. Schutzbekleidung und Material wie Gesichtsmasken habe man im Klinikum vorrätig.

Ministerin beruhigt:

Die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) schlägt beruhigende Töne ein, wenn sie über das Corona-Virus spricht.

"Für die Bayerische Staatsregierung hat der Schutz der Bevölkerung oberste Priorität - dies gilt auch für den neuartigen Corona-Virus. Wir behalten die aktuelle Entwicklung im Blick und stehen mit dem Robert-Koch-Institut und dem Bund intensiv im Austausch", erklärt die Bambergerin. "Klar ist: Die bayerischen Gesundheitsbehörden sind gut gerüstet. Neben den bereits getroffenen präventiven Maßnahmen werden lagebezogen weitere notwendige Schritte zum Schutz der Bevölkerung in Bayern ergriffen."

So habe die Staatsregierung bereits seit Jahren eine Spezialeinheit für solche Fälle - die "Task Force Infektiologie" am Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). Diese Spezialeinheit sei jederzeit einsatzbereit.

"Zusätzlich haben wir einen speziellen Arbeitsstab im Ministerium gebildet. Es gibt auch Alarmpläne, die jetzt angewendet worden sind." Genau geregelt seien zum Beispiel der Ablauf der Meldewege im Krankheitsverdachtsfall und die Ermittlung von Kontaktpersonen.

"Die Ansteckungsgefahr bei einer Infektion mit dem neuartigen Corona-Virus (nCoV) ist wissenschaftlich noch nicht konkret erforscht worden. Nach Einschätzung der ,Task Force Infektiologie‘ ist das Infektionsrisiko für die Bevölkerung durch dieses Virus nach derzeitigem Kenntnisstand gering", beruhigt die Gesundheitsministerin.