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Bamberger Hebammen kämpfen um ihren Beruf


Autor: Katharina Habersack

Bamberg, Sonntag, 23. März 2014

Durch die drastische Erhöhung der Haftpflichtprämie ist die Existenz von freiberuflichen Hebammen bedroht. Damit steht auch ihre Arbeit im Bamberger Geburtshaus vor dem Aus. Doch Aufgeben kommt für sie nicht in Frage.
Melanie Grimm vom Bamberger Geburtshaus betreut ihre schwangeren Patientinnen unter anderem mit Akupunktur. Fotos: Anny Maurer


Mehr als 2100 Babys haben die fünf Hebammen des Geburtshauses im Laufe der letzten 20 Jahre ins Leben geholfen. Dabei geht es bei ihrer Arbeit um weit mehr als die Geburt.

Von der Schwangerschaft bis weit ins erste Lebensjahr des Kindes hinein, von der Akupunktur bis zum Stillen - die Hebammen stehen den Eltern stets mit Rat und Tat zur Seite. 365 Tage im Jahr sind sie für "ihre" Familien da. Das sollen sie jetzt aufgeben?

Für die Hebammen im Geburtshaus war es ein Schock, als sie erfuhren, dass es ab Juli 2014 eine erneute Erhöhung der Haftpflichtprämie geben wird: Um 20 Prozent steigt der Jahresbeitrag auf 5091 Euro. Fast vier Mal so viel wie noch vor zehn Jahren.

Geburtshäuser müssen schließen
Das Thema Haftpflichtversicherung ist schon lange ein großes Problem. Denn laut Deutschem Hebammenverband (DHV) führen die massiv steigenden Prämien seit Jahren dazu, dass immer mehr Hebammen ihre Tätigkeit aufgeben und zahlreiche Geburtshäuser schließen.

Mit einem durchschnittlichen Stundenlohn von 8,50 Euro, sagen die Bamberger Hebammen, sei die Finanzierung der Versicherungssumme "nur mit viel Idealismus zu bewerkstelligen". Auch in Sachen Nachwuchs gäbe es wegen der finanziellen Situation Probleme: "Es gibt wenig Hebammen, die für eine geringe Bezahlung die Bürde der Verantwortung der ständigen Rufbereitschaft tragen wollen."

Doch es kommt noch schlimmer - ab Juli 2015 gibt es möglicherweise gar keine Haftpflichtversicherung für Hebammen mehr. Der wichtigste Versicherer, die Nürnberger Versicherungen, wird dann keine Policen mehr für ihre Berufsgruppe anbieten. Auch zahlreiche Anfragen bei anderen Versicherungsunternehmen blieben bisher erfolglos, heißt es in einer Pressemitteilung der Elterninitiative "Hebammenunterstützung.de", die sich für die Hebammen einsetzen.

"Das kommt einem Berufsverbot gleich" sagen die Hebammen des Bamberger Geburtshauses, denn ohne Absicherung dürfen freiberufliche Hebammen nicht arbeiten. Dabei kommen etwa ein Viertel aller Kinder in Deutschland mit ihrer Hilfe zur Welt, und auch Beleggeburten in Kliniken sowie die Betreuung vor und nach der Geburt sind gefährdet. Denn all diese Leistungen erbringen gerade die freiberuflichen Hebammen.

Sie sind auf dem Weg zum Elternglück oft der wichtigste Begleiter. In Deutschland können Frauen den Geburtsort ihres Kindes frei wählen und entscheiden sich im Zuge dessen nicht selten für die Betreuung durch eine freiberufliche Geburtshelferin, die dann während der Geburt als Beleghebamme im Krankenhaus dabei ist. Eine umfassende Eins-zu-eins-Betreuung, Zeit und Individualität sind dabei die großen Stärken der außerklinischen Begleitung, sagen die Geburtshaushebammen. Von der Schwangerschaft bis zur Geburt und während des Wochenbetts betreuen sie Mutter und Kind und sind dabei mit Begeisterung bei der Arbeit.

Mit demselben Engagement kämpfen sie jetzt für eine politische Lösung, denn sie wollen nicht aufgeben, versichern sie. Unterstützung und Zuspruch bekommen sie dabei von zahlreichen Initiativen und aus der Bevölkerung, Demonstrationen und Elternproteste rücken die Situation der Hebammen fast täglich ins Licht der Öffentlichkeit.

Welle der Solidarität
"Worte allein reichen nicht!", betont auch Martina Klenk, Präsidentin des DHV. "Wir brauchen jetzt eine Lösung, damit die Hebammenhilfe in Deutschland nicht kollabiert." Eine Online-Petition, die von Bianca Kasting initiiert wurde, fordert jetzt den Bundesgesundheitsminister Herbert Gröhe auf: "Lieber Herr Gröhe, retten sie unsere Hebammen!".
Über 373 000 Menschen haben die Petition bisher unterschrieben und auch durch die sozialen Netzwerke geht eine Welle der Solidarität. Die Facebook-Fanseite "Rettet unsere Hebammen" hat bereits mehr als 51 000 Unterstützer, die Elterninitiative "Hebammenunterstützung" über 11 600 Fans.

Die Hebammen des Bamberger Geburtshauses hoffen auf große Beteiligung an den Protesten. "Wir wollen weiter rund um die Uhr für unsere Familien da sein", sagen sie und wollen noch lange nicht aufgeben.