Bamberger Festivals mit besonderer Bitte: "Bitte lasst alle euer T-Shirt an!"
Autor: Ralf Welz
Bamberg, Mittwoch, 24. April 2024
In Bamberg werden Konzertbesucher angehalten, ihre Shirts anzulassen. Der Vorsitzende des Vereins Bamberger Festivals e.V. erklärt gegenüber inFranken.de, was hinter dieser Regelung steckt.
Konzerte sorgen in der Regel für ausgelassene Stimmung unter den Besuchern. Man trinkt, man tanzt - bisweilen wird auch der jeweilige Liedtext im Publikum mitgegrölt. Vor allem zu späterer Stunde fallen bei männlichen Konzertgängern teilweise die Hüllen. Das ohnehin bereits verschwitzte T-Shirt wird ausgezogen, mit freiem Oberkörper wird munter weitergefeiert. Womöglich jedoch zum Missfallen anderer Gäste. Dass Männer sich auf Partys oder Konzerten "oben ohne" präsentieren, wird mitunter als ein Zeichen von Rücksichtslosigkeit aufgefasst.
Um eine derartige Situation möglichst gar nicht erst auftreten zu lassen, haben sich die Verantwortlichen des Kulturvereins Bamberger Festivals e.V. im Vorfeld eines Live-Events an die erwarteten Musikfans gewandt. "Hey, wir haben noch eine kleine Bitte für das Konzert heute Abend", hielten die Vereinsverantwortlichen am 12. April wenige Stunden vor Beginn der Veranstaltung auf ihrer Facebook-Seite fest. "Auch wenn es eng und heiß werden wird, bitten wir euch, eure Shirts anzulassen", lautete der entsprechende Appell. Auf diese Weise könne man sichergehen, dass jeder Spaß habe und es niemandem unangenehm werde. "Attention", heißt es auf dem dazugehörigen Bild. "Bitte lasst alle euer T-Shirt an!"
Bamberger Vereinsvorsitzender erklärt: Darum soll auf den Konzerten niemand oben ohne sein
Die Köpfe des Vereins engagieren sich laut eigenen Angaben seit 2010 ehrenamtlich für eine "subkulturelle Konzert- und Musikszene" im Raum Bamberg. Unterstützt werden demnach junge Musiker. "Aus unserer Leidenschaft für kleinere Konzerte, Festivals und befreundete Bands sind wir 2014 den mutigen Schritt gegangen und haben mit Freunden und Bekannten einen gemeinnützigen Verein gegründet, um die Musikszene zu fördern und Musikern gezielt Angebote anzubieten", heißt es auf der Webseite bambergerfestivals.de.
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Auf die bei eigenen Events geltende Richtlinie wies der Kulturverein zuletzt Ende vergangener Woche hin. Am 12. April fand in der ehemaligen Musikkneipe "Mondschein" in der Unteren Sandstraße ein Konzert der Bamberger Punkband "Chefdenker + Blaulicht" statt. "Diese Regelung gibt es schon länger bei uns", berichtet der Vorsitzende Maximilian Schmidt. Im Gespräch mit inFranken.de äußert er sich zu den Hintergründen. Gäste sollten demnach bei den Veranstaltungen des Vereins aus verschiedenen Gründen ihre Kleidung lieber am Leib lassen.
"Wir haben das im Verein lange besprochen", sagt Maximilian Schmidt. Beim einstigen Mondschein handelt es sich demnach genau wie beim Bamberger Jugendzentrum, in dem es am 13. April ein weiteres Konzert des Vereins gab, um zwei kleine Veranstaltungsorte. "Nicht zuletzt deshalb wollten wir das vorher klar kommunizieren", erklärt Schmidt mit Blick auf die geltende Kleiderregelung. "Wenn verschwitzte Leute neben einem stehen, erfreut sich möglicherweise nicht jeder, ungewollt Schweiß abzubekommen." Der Aufruf an die Konzertgänger erfolgte gleichwohl auch aus einem anderen Grund.
"Weibliche Brust immer gleich sexualisiert" - Kleiderregelung auch aus Gründen der Gleichbehandlung
"Auch die Geschlechterdebatte spielt mit rein", berichtet der Sprecher des Bamberger Kulturvereins. "Auch Leute, die sich nicht einem Geschlecht zugehörig fühlen, sollen sich bei uns wohlfühlen. Wir wollen bei unseren Veranstaltungen niemanden ausschließen", betont Schmidt. "Bei uns ist jeder willkommen - egal, welches Geschlecht oder welche Herkunft." Manche Transmenschen könnten sich demnach insgeheim unter Druck gesetzt fühlen, ihr Oberteil ebenfalls auszuziehen. "Bei Personen, die nicht als Frau geboren wurden, sieht man dann vielleicht Narben" - etwa infolge einer entsprechenden Brustamputation. "Das Ganze ist ein sehr komplexes Thema", betont Schmidt.
Dass Männer bei den Veranstaltungen ihren Oberkörper bedecken sollen, sei zugleich auch als ein Akt der Gleichberechtigung zu verstehen. Frauen dürften in der Öffentlichkeit schließlich grundsätzlich auch nicht oben ohne herumlaufen. "Das ist auch ein Punkt", sagt der Vereinsvorsitzende. "Die weibliche Brust ist immer gleich sexualisiert. Bei Männern ist das eher nicht der Fall." Eine nackte Frauenbrust gelte dagegen oft als Ärgernis. "Aus Gründen der Gleichbehandlung soll niemand sein T-Shirt ausziehen", hält Schmidt fest. "Wir wollen niemanden diskriminieren."