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Bamberger Bombendroher: Der Mann hinter den Zetteln


Autor: Anna Lienhardt

Bamberg, Dienstag, 05. November 2013

Am 1. Oktober stellte er eine Tasche mit vermeintlicher Bombe am Bahnhof in Bamberg ab. Am Dienstag wurde er verurteilt. Was waren die Motive des 72-jährigen Bambergers?
Dieser Zettel löste in Kombination mit der Tasche den Großeinsatz der Polizei am Bamberger Bahnhof aus. Fotos: Ronald Rinklef


Es tue ihm leid, sagt er immer wieder. Er bereue zutiefst, was passiert sei. "Es war eine Trotzreaktion, die nie wieder vorkommt", sagt der Rentner vor dem Amtsgericht.

Die Verhandlung macht ihm zu schaffen, so wie ihn schon die Vorführung vor dem Ermittlungsrichter beeindruckt hat. Und natürlich die Festnahme. Noch nie ist er mit dem Gesetz in Konflikt geraten, hat keine Vorstrafen.
Dann wird er plötzlich von der Polizei festgenommen, am 12. Oktober. Auf frischer Tat ertappt. Wieder will er einen Zettel aufhängen, in derselben Telefonzelle wie knapp zwei Wochen zuvor. Diesmal hat er Karikaturen von Edith Piaff und dem Limburger Bischof Tebartz-van Elst gezeichnet. Dann geht alles ganz schnell. Festnahme, Vernehmung bei der Polizei.

Täter ist geständig
Ist er der Mann, der am 1.

Oktober für deinen Großeinsatz der Polizei gesorgt hat? Der, der eine Tasche abgestellt hat, versehen mit einem Zettel, auf dem von einer Bombe die Rede war? Ja. Der 72-jährige Bamberger gesteht, bei der Polizei, beim Ermittlungsrichter und schließlich in der Hauptverhandlung vor dem Bamberger Amtsgericht.

Am Morgen des 1. Oktober hatte die herrenlose Tasche mit der alarmierenden Aufschrift dafür gesorgt, dass der Bereich um den Bamberger Bahnhof zur Sperrzone erklärt wurde. Busse, Taxis, Autos wurden umgeleitet, rund 150 Menschen aus angrenzenden Gebäuden evakuiert.


Die Bamberger Polizei und die Bundespolizei riefen Spezialisten der Technischen Sondergruppe des Bayerischen Landeskriminalamtes aus München zur Hilfe. Diese untersuchten den verdächtigen Gegenstand und gaben schließlich Entwarnung: Von der herrenlosen Tasche in einer Telefonzelle an der Post ging keine Gefahr aus.
Nach drei Stunden wurde die Sperre aufgehoben - und die Suche nach dem Täter begann. Die Polizei nahm die Ermittlungen auf, die zügig verliefen. Dann meldet sich ein Zeuge: er habe schon häufiger Zettel in Telefonzellen gesehen. Außerdem nimmt die Polizei Kontakt mit der Firma auf, die die Telefonzellen reinigt. Ja, man habe Zettel gefunden, teilweise sogar Essen. Warum, erklärt der Täter selbst in der Hauptverhandlung:

"Manchmal habe ich Essensreste zu den Zetteln getan, weil ich mich so geärgert habe." Geärgert hat er sich schon länger, über Politiker, Skandale in der Kirche und die Verschwendung von Lebensmitteln.

Deswegen hat er begonnen, Zettel mit Botschaften zu verteilen, in Telefonzellen im Bamberger Stadtgebiet. Er hatte die Hoffnung, dass sie dort von möglichst vielen Menschen gelesen werden. Als er mit den Briefen angefangen hat, im Jahr 2012, waren auch anzügliche Texte und Zeichnungen mit sexuellen Motiven darunter. Warum er das getan hat, kann er vor Gericht nicht hinlänglich erklären.

Dafür erläutert er, warum zu seinen persönlichen politischen Meinungsäußerungen plötzlich eine Bombendrohung kam: Aufmerksamkeit. In die linke der beiden Telefonzellen an der Post klebte er eine Karrikatur der Politiker Philipp Rösler und Angela Merkel, dazu ein Text, in dem er unter anderem schrieb: "Wir machen uns in der Welt nur noch lächerlich."

Der Frust des Rentners war an jenem ersten Oktober "am Überlaufen". Das veranlasste ihn nach eigenen Angaben zu einer Kurzschluss-Reaktion: Als seine Lebensgefährtin ihn bat, ihre Damenhandtasche mit alten Kleidern zum Sperrmüll zu bringen, legte er diese in der rechten der beiden Telefonzellen an der Post ab - und versah sie mit der Bombendrohung. Damit wollte er auf den Zettel mit der Karikatur in der linken Telefonzelle aufmerksam machen.

Schuldfähigkeit nicht vermindert
"Mir war nicht bewusst, was ich damit auslöse", sagte der 72-Jährige. Richterin Ursula Redler und Staatsanwalt Thomas Förster hatten allerdings keine Zweifel an der Schuldfähigkeit des Mannes. "Es war Ihnen vielleicht nicht klar, dass das Ganze solche Folgen hat. Aber Sie mussten davon ausgehen, dass die Polizei involviert werden würde", sagte die Richterin.

Sie verurteilte den Rentner zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten auf Bewährung mit einer Bewährungszeit von drei Jahren. Außerdem muss er 480 Euro an einen Sozialarbeits-Verein zahlen. Am Ende sagte die Richterin noch an den Senior gewandt: "Ich glaube Ihnen, dass Sie so eine Tat nie wieder begehen werden."