Druckartikel: Bamberger belästigt und erpresst Mädchen mit Handyfotos

Bamberger belästigt und erpresst Mädchen mit Handyfotos


Autor: Anna Lienhardt

Bamberg, Montag, 17. November 2014

Ein 18-Jähriger wurde vom Amtsgericht zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Er hatte zwei Mädchen Handyfotos sexuellen Inhalts geschickt und versucht, eine der Jugendlichen zum Geschlechtsverkehr zu nötigen.
Illustration: Franziska Schäfer/Carolin Höfler


Richter Martin Waschner hat schon die Anweisung gegeben, die Wohnungstür aufzubrechen - weil der Angeklagte auch eine halbe Stunde nach dem offiziellen Beginn seiner Verhandlung noch nicht aufgetaucht ist. Doch zehn Minuten später trifft Ryan F. (Name geändert) doch noch im Bamberger Amtsgericht ein. Er dachte, der Termin beginne erst um halb zehn statt um neun, sagt er.

Im Verlauf der Sitzung wird klar: Die mangelnde Fähigkeit zur Selbstorganisation ist typisch für den 18-Jährigen. Außerdem attestiert ihm der Vertreter der Jugendgerichtshilfe Lethargie, Unreife und Orientierungslosigkeit. Ryan F. hat keinen Schulabschluss, keinen festen Job und ist vor Gericht kein Unbekannter mehr. Das Verfahren wegen Beleidigung in zwei Fällen wurde eingestellt, für vorsätzliche Körperverletzung in sieben Fällen hat Ryan F. dagegen eine Jugendstrafe von einem Jahr und drei Monaten zur Bewährung bekommen.



Montagvormittag lautete die Anklage dann auf "Verbreitung pornografischer Schriften in drei Fällen in Tateinheit mit versuchter Nötigung": Der Angeklagte hat der 14-jährigen Janine P. (Name geändert) im April dieses Jahres zwei Mal von seinem Handy eine Bilddatei gesendet, die einen erigierten Penis zeigt - ohne, dass das Mädchen ihn dazu aufgefordert hatte.

Rund einen Monat später überredete Ryan die 14-Jährige, ihm über den Nachrichtendienst "What's App" Bilder zu schicken, die sie im BH zeigen. Er drohte ihr, die Bilder auf Facebook zu veröffentlichen, wenn sie nicht zu sexuellen Handlungen mit ihm bereit wäre. Doch Janine P. ging zur Vertrauenslehrerin und dann zur Polizei. "Ich hab' schon Angst, ihn in Bamberg irgendwo zu sehen. Und, dass er dann irgendwas macht", sagte sie vor Gericht aus.

Auch die 17-jährige Martina S. (Name geändert) bekam Fotos eines erigierten Penis' von Ryan F. aufs Handy, ohne danach gefragt zu haben. "Ja, das stimmt alles", gab der Angeklagte sofort zu. "Hätten Sie die BH-Bilder tatsächlich auf Facebook veröffentlicht?", wollte Richter Waschner wissen. "Nein, das war dumm und falsch von mir", sagte Ryan F. Noch in der Verhandlung entschuldigte er sich bei der 14-jährigen Janine P.

Das Gericht verurteilte ihn zu einer Einheitsjugendstrafe von einem Jahr und acht Monaten. Ob sie zur Bewährung ausgesetzt wird, wird sich in den kommenden sechs Monaten entscheiden. "Die Stunde hat geschlagen, Sie müssen sich jetzt endlich anstrengen!", bläute Richter Waschner dem geständigen Täter ein. Der hatte die Gerichtsauflagen aus dem vorherigen Verfahren nur teilweise eingehalten. Er muss die angewiesenen 20 Stunden gemeinnützige Arbeit pro Woche nun endlich zuverlässig absolvieren, muss sich regelmäßig bei seinem Bewährungshelfer melden, beim "Risikocheck Alkohol" mitmachen und sein Anti-Gewalt-Training zu Ende bringen. Außerdem bekommt er einen Betreuer zur Seite gestellt. "Wenn das nicht funktioniert, dann geht's in den Knast", sagte Martin Waschner deutlich.


Kein rechtsfreier Raum

Dass die elektronischen Medien kein rechtsfreier Raum sind, macht auch Jürgen Stadter, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberfranken, deutlich. "Es muss bekannt werden, dass das eine Straftat ist, wenn ich jemandem so etwas schicke, ohne danach gefragt worden zu sein. Das Ganze verschärft sich, wenn jemand unter 18 ist."

Konkrete Zahlen zu den Taten sind laut Stadter schwierig. Er nennt für das Jahr 2012 zwölf Fälle in Oberfranken, für 2013 sechs, in denen Unter-18-Jährige betroffen gewesen seien. Darunter würden allerdings etwa auch Porno-Zeitschriften fallen und nicht nur die Übermittlung elektronischer Medien wie Fotos und DVDs. "Allgemein geht es um das Anbieten, Überlassen oder Zugänglich-Machen pornografischer Schriften", erläutert Stadter.

Und: Die Dunkelziffer sei vermutlich höher. Das glaubt auch Hans Schuster, Außenstellenleiter des "Weißen Ring" für Stadt und Landkreis Bamberg. Er betreut derzeit ein erwachsenes Opfer. Um dieses zu schützen, möchte er keine Details nennen. Schuster, der auf 40 Jahre Lehrer-Erfahrung zurückblickt, ist überzeugt: "Wenn die Polizei in einer Schulklasse mal alle Handys auseinander nehmen würde, würde es uns allen anders werden."