Bamberger bekommt Mail - dann wird er zum Lebensretter
Autor: Redaktion
Bamberg, Mittwoch, 19. November 2025
Tobias Kolb aus Bamberg rettet mit einer Stammzellspende einem schwerkranken Menschen das Leben. Jetzt erzählt er seine bewegende Geschichte.
Als Tobias Kolb im Herbst eine unscheinbare E-Mail öffnet, ahnt er nicht, dass er damit zum Lebensretter wird. "Ich war echt überrascht", sagt der 28-jährige Notfallsanitäter der Malteser in Bamberg. Die Stiftung Aktion Knochenmarkspende Bayern (AKB) schrieb ihm vorsichtig: Er sei als möglicher Stammzellenspender in die engere Wahl gekommen. Tobias stockte kurz – schließlich lag seine Registrierung schon Jahre zurück.
2016, damals noch FSJler im Fahrdienst in Deggendorf, hatte er spontan mit Freunden bei einer DKMS-Aktion mitgemacht. "Ist doch eine coole Sache", hatten sie gedacht. Dann verschwand es aus dem Gedächtnis – wie bei so vielen Menschen. Doch jetzt war der Moment da. Und Tobias wusste sofort: "Wenn es passt, bin ich dabei!" Keine Sekunde habe er gezögert.
Der Befund: Tobias ist der beste Spender
Es folgten Telefonate mit der AKB, Formulare, Fragebögen, die Kontrolle der Daten und eine Blutuntersuchung. Das Set zur Blutentnahme ist eigentlich für den Hausarzt gedacht – aber ein Kollege auf der Rettungswache nahm ihm kurzerhand Blut ab. "Wir können das ja selber", erzählt Tobias lachend. Zweieinhalb Wochen später der entscheidende Anruf: Er ist der beste Spender für einen schwerkranken Menschen. Wer dieser Mensch ist, erfährt Tobias nicht. "Das kann der Nachbar um die Ecke sein – oder jemand am anderen Ende der Welt." Zwei Jahre lang bleibt alles anonym, um jedem Patienten die gleiche Chance zu geben. "Aber ich werde definitiv nachfragen", sagt er mit leiser Hoffnung.
Dann beginnt für Tobias eine intensive Zeit. Vier Tage lang spritzt er sich körpereigene Hormone in den Bauch – die sogenannte Konditionierung. Die Stammzellen "explodieren", wie er es ausdrückt, aus dem Knochenmark ins Blut. Der Preis dafür: starke Knochenschmerzen in Schultern, Rücken und Becken, eine Art leichter Infekt. "Aber mit Schmerztabletten war es okay. Nach eineinhalb Tagen war alles vorbei."
Drei Stunden – eine Ewigkeit
Am Tag vor der Spende übernachtet er bei einem Freund aus der NotSan-Ausbildung in München. Am 28. Oktober fährt er mit der S-Bahn nach Gauting, zur Stammzellentnahme. Drei Stunden liegt er dort in einem Sessel, darf die Arme wegen der Zugänge in seine Venen nicht bewegen. Schmerzen, keine Hand frei für ein Handy, keine Ablenkung – außer einem Film über Kopfhörer. Tobias wählt "(T)Raumschiff Surprise" mit "Bully" Herbig. "Eine Komödie passte irgendwie zur Situation", schmunzelt er. Neben ihm zwei weitere Spender – einer davon bekannt aus der Voruntersuchung. Solidarität selbst im Spendenraum.
Als alles vorbei ist, fällt eine enorme Last von ihm. "Ich war stolz. Wirklich stolz, dass ich das für einen fremden Menschen getan habe." Seine Motivation sei immer klar gewesen: helfen. "Alles andere ist nachrangig." Und er erinnert an die dramatische Bedeutung der Spende: Sobald ein Patient vorbereitet wird, zerstört eine aggressive Chemotherapie alle eigenen Stammzellen. "Wenn der Spender dann abspringt, bedeutet das den Tod." Tobias wirkt sehr nachdenklich, als er das sagt.
Getragen von Familie, Freunden und Kollegen
Wie sehr er unterstützt wurde, rührt ihn bis heute. "Ohne meine Familie, meine Freunde und vor allem meine Kollegen wäre das alles nicht möglich gewesen." Sieben ganze freie Tage musste er ersetzen – in einem Dienstplan, der zwei Monate im Voraus steht. Eigentlich fast unmöglich. Doch dann schickt er mit seinem Vorgesetzten, Arno Braungart, eine Mail an den Wachverteiler. Innerhalb kürzester Zeit melden sich 20 Kolleginnen und Kollegen – haupt- und ehrenamtlich, sogar Studierende –, die Dienste übernehmen wollen. Einer bot sogar an, seinen Urlaub abzubrechen. Tobias schüttelt noch heute den Kopf über so viel Zusammenhalt. "Mein ganzes Umfeld hat mir gezeigt, dass ich das Richtige tue."