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Bamberg-Wein: Der Preis bleibt hoch


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Mittwoch, 17. Oktober 2012

Auch der zweite Sommer war ein guter für den neuen Weinberg am Michelsberg. Zwei Tage vor der Lese steht der Silvaner knapp unter der Qualitätsstufe einer Spätlese. Trotz steigenden Ertrags bleibt der Bamberger Rebsaft eine teure Pretiose. Biertrinker sehen den Hype unterdessen gelassen.
Martin Bauerschmitt ist zufrieden mit dem Jahrgang 2012.  Der Silvaner könnte sogar noch eine Spätlese werden.   Fotos: Ronald Rinklef


Martin Bauerschmitt beißt in die Traube und streicht den Saft mit dem Finger auf die Messfläche des Refraktometers. Der Blick durch das Messgerät zeigt dem Winzer: die Beeren am Michelsberg sind heuer nicht nur sehr voll und schwer, ihre Süße schwankt. 80 Grad Oechsle haben die Trauben, die im unteren Teil des Weingartens hängen; weiter oben erreichen sie bis zu 100 Grad und mehr.

Oechsle! In der Bierstadt Bamberg muss man sich an diese Währung erst gewöhnen: Der Zuckergehalt der Weintrauben ist eine entscheidende Messgröße für Qualität und den Alkoholgehalt, den der Tropfen nach der Vergärung haben wird. Im vergangenen Jahr schaffte der Silvaner vom Michelsberg auf Anhieb den Sprung in die Liga der Spätleseweine. Mit über 13 Prozent Alkoholgehalt wurde das Jungferngewächs zum doppelten Schwergewicht. Der HalbliterBocksbeutel durchbrach auch die Schallgrenze beim Preis. 16 Euro kostete die Flasche.


Ernte heuer herber


Heuer scheint die Ernte am Klosterhügel etwas weniger süß auszufallen. Was die Laune beim 29-jährigen Winzer aus Ziegelanger nicht mindert. Bauerschmitt ist wie die meisten fränkischen Weinbauern zufrieden mit dem Verlauf der Witterung im Sommer 2012, die anders als im Vorjahr weder Frost noch Hagelschlag im Gepäck hatte.



Dennoch kann er sich nicht sicher sein, dass die Nummer zwei des neuen Bamberger Erwerbsweinbaus ebenfalls als Spätlese punkten wird. Das würde mindestens 90 Grad Oechsle voraussetzen - und es wird knapp.
Doch auch die Qualitätsstufe darunter, ein Kabinettwein, der in Franken bei 78 Grad Oechsle beginnt, stürzt den Weinexperten nicht in Verzweiflung. Was zur Spitzenqualität fehlt, macht der Ertrag wieder wett: Die mittlerweile drei Jahre alten Weinstöcke sind zwar noch nicht ausgewachsen, tragen heuer aber sichtbar mehr Reben.
Nach dem Zwergenjahrgang 2012 mit 1600 Litern kann deshalb mit dem Doppelten oder sogar mit mehr gerechnet werden, was aber nicht heißt, dass der Jungfernpreis von 16 Euro pro Pulle ins Rutschen käme. Bauerschmitt schwebt wegen seines hohen Aufwands für die ökologische Bewirtschaftung und auch wegen der hohen Nachfrage nach Bamberger Wein vor, sowohl die Flaschenkategorie beizubehalten als auch den Preis.

Dies setzt voraus, dass die Bürgerspitalstiftung als Grundeigentümerin mitzieht. Man muss wissen: Mit 16 Euro pro halbem Liter gehörte der Bamberger Wein, von dem sich im Rathaus derzeit noch 200 Flaschen befinden, zu den teuersten in ganz Franken. Das bestätigt Peter Schwingenschlögl von der Landesanstalt für Weinbau in Veitshöchheim. Sogar mit den besten Weinen des Julius- und Bürgerspitals in Würzburg kann der Bamberg-Wein preislich mithalten, obwohl Bauerschmitt nicht dem exklusiven Zirkel derPrädikatsweingüter angehört, der für "große Gewächse" ganz besondere Bedingungen erfüllen müssen.


Neid unter Winzern bleibt aus


Doch in der Landesanstalt weiß man auch, dass der Weinpreis nicht nur durch Qualität und die betriebswirtschaftlichen Kosten bestimmt wird, die in Bamberg beim fünffachen eines normalen Weinbergs lagen. Was gezahlt wird, ist vor allem eine Folge von Angebot und Nachfrage. Und hier sind die Aussichten gut, dass sich der Silvaner aus dem Stiftsgarten als Touristenmitbringsel etabliert.

Neid auf den Wein aus dem Welterbe kommt unter den Winzerkollegen im angrenzenden Unterfranken nicht auf. Roger Nüßlein vom Weinbauverein Haßberge, dessen Silvaner-Spätlese im Dreiviertel-Liter-Bocksbeutel um zehn Euro über die Theke wandert, weiß um den Ärger, den Martin Bauerschmitt in seiner von zahlreichen Nachbarn umgebenen Stadtlage "durchlitten" hat. Sicher sei der Preis hoch, aber für eine solche Spezialität gerechtfertigt, findet Nüßlein.

Die andere Frage ist freilich, ob es Bamberg nach einer 175-jährigen Unterbrechung der Häckertradition mit einer elitären Kleinstlage für Touristen gelingen wird, wieder ein echtes Bewusstsein als Weinstadt zu entwickeln, wie es sich etwa der Verein der Weinkieser auf die Fahnen geschrieben hat. "Wohl kaum", glaubt Robert Bartsch, der als langjähriger Taxifahrer zum intimen Kenner der Bamberger Bierkultur wurde. Er ist überzeugt, dass der Weinbau im Selbstverständnis der Bamberger auch künftig nie mehr als nur eine Randerscheinung spielen wird. Dazu sei die Stadt als "Weltbiermetropole" viel zu sehr mit dem Thema Gerstensaft verwoben.
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