Bamberg: Von Schmierereien und Graffiti-Kunst
Autor: Anna Lienhardt
Bamberg, Freitag, 25. November 2016
Schmierereien am China-Imbiss und antisemitisches Gekritzel am Adenauerufer: Sachbeschädigungen, über die sich auch legal sprühende Graffitikünstler ärgern.
Der Beitrag in einer Facebookgruppe lässt aufhorchen: Ein User fragt, wie es sein könne, dass am Kanal nahe der Luitpoldbrücke seit einigen Wochen eine antisemitische Schmiererei prange - obwohl das Ordnungsamt informiert sei.
Als der FT bei der Stadt nachhakt, möchte Sprecherin Ulrike Siebenhaar kurz darauf vor allem eines loswerden: "eine offizielle Entschuldigung. Normalerweise machen wir so etwas sofort weg, wir haben da eine klare Haltung. Dass es sich in diesem Fall nicht um Graffiti, sondern eine antisemitische Schmiererei handelt, ist leider in einer internen Kommunikationsschleife stecken geblieben."
Mittlerweile hat die Stadt Mitarbeiter losgeschickt, um die rassistische Text-Bild-Kombination zu entfernen.
Ebenfalls verschwunden ist die Schmiererei am China-Imbiss von CSU-Stadtrat You Xie. Der Fall hatte vergangenes Wochenende für Aufsehen gesorgt, als über Nacht plötzlich in schwarzer Farbe "No 4 CSU" an der Wand des Gebäudes am Kranen prangte.
Stellt sich die Frage: Bekommt Bamberg langsam ein Problem mit Sprayern? Stadtsprecherin Ulrike Siebenhaar merkt an, dass gesprühte Bilder - auch mit politischer Botschaft - in den vergangenen Jahrzehnten zugenommen hätten. Dennoch habe Bamberg keine mit Großstädten zu vergleichende Vandalismusquote. Nach Meinung von Siebenhaar ist eine momentane Häufung nur gefühlt. So habe man beispielsweise bei den Kritzeleien auf der Stauffenberg-Gedenktafel am Alten Rathaus schon länger eine ruhigere Phase.
Stadt bleibt auf Kosten sitzen
Die Verwaltung bleibt jedenfalls auf den Reinigungskosten sitzen. Denkmäler, Skulpturen, Pavillons - zwar versucht man, das Säubern im Zuge des Bauunterhaltes gleich miteinzuschließen. Doch nicht immer funktioniert das. Meist kostet es die Stadt "einen kleinen fünfstelligen Betrag pro Jahr", zumindest einige der aufgesprühten Bilder und Buchstaben zu entfernen.Dabei gibt es in Bamberg sogar einen legalen Ort zum Sprayen: den gesamten Unterbau der Europabrücke auf beiden Uferseiten. Wer sich dort genauer umschaut, dem dürfte auffallen: Die Graffiti sehen anders aus, sie wirken professioneller. Das hat seinen Grund: "Wir arbeiten oft mehrere Tage daran." Das sagt ein 16-Jähriger aus der Bamberger Graffiti-Szene, die ihre Arbeit als Kunstform begreift.
Der Jugendliche, der unerkannt bleiben möchte, merkt an: "Auch wir ärgern uns, wenn Kiddies unsere Arbeit mit Sprühdosen verschandeln." Das in der Stadt verteilte Gekritzel sieht der Graffitikünstler ebenfalls nicht gern. "Schmierereien werden in der Szene nicht anerkannt." Und: "Nur, weil jemand mit einer Sprühdose unterwegs ist, heißt das nicht, dass er was mit Graffiti zu tun hat."
Dann hat er eine Information, die gerade in Hinblick auf die jüngsten Schmierereien am Adenauerufer sowie am China-Imbiss aufhorchen lässt: "Die meisten Sprayer drücken ihre politische Meinung nicht durch Graffiti aus." Der junge Mann betont immer wieder den Unterschied zu Schmierfinken. "In der Graffiti-Szene gibt es ungeschriebene Regeln. Man besprüht normalerweise keine Privathäuser, Denkmäler, Altbauten oder Autos." Umso mehr "supporte ich legales Sprayen." Dass dies an der Europabrücke erlaubt ist, dafür will der 16-Jährige ein "Danke" loswerden. "Für kleine Städte ist es selten, dass es legale Flächen gibt. Und dann noch so luxuriös überdacht." Aber: "Wir bräuchten schon noch etwas mehr Platz." Außerdem beklagt er, dass die Polizei "dauernd" an der Europabrücke auftauche und die Sprayer kontrolliere. Die Polizei selbst sagt: Sie werde von Passanten gerufen, die von der Sprüh-Erlaubnis nichts wüssten. Und: "Oft sind die Meldungen sehr unkonkret, also fahren wir mit einer Streife hin, um zu überprüfen, ob wirklich nur an einer legalen Stelle gesprüht wird", sagt Holger Düring, Sprecher bei der Bamberger Polizei.
Wie er angibt, liege die Aufklärungsquote in der Stadt bei illegalen Graffiti und Schmierereien bei etwa 30 Prozent. Übrigens: "Vom Gesetz her gibt es da keinen Unterschied. Sobald eine fremde Sache durch eine Person vorsätzlich beschädigt wird, ist der Tatbestand der Sachbeschädigung erfüllt." Düring erklärt weiter: Wird der Täter erwischt, muss er mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren rechnen - abhängig vom angerichteten Schaden.
