Bamberg sucht nach der optimalen Bahntrasse
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Mittwoch, 07. November 2012
Scheppern die Güterzüge auch künftig durch Bamberg oder wird es eine Umfahrung geben? Der Wettstreit um die beste Bahntrasse ist voll entbrannt. Nur die Bahn selbst hüllt sich in Schweigen.
Keine Stellungnahme, nicht einmal eine kurze Einschätzung wollte Reiner Gubitz geben. Der sonst so offene Streckenplaner der DB Projektbau schweigt, wenn es um den Vorschlag einer Güterzugumfahrung für Bamberg geht. Diese Anregung des Münchner Verkehrsberaters Karlheinz Rößler hatte Bambergs Bürgerinitiative "Bahnsinn" aufgegriffen, wohlwissend, welche Chancen für die Kernstadt darin liegen, würden künftig alle Güterzüge einen Bogen ums Welterbe machen und entlang der Autobahnen 73 und 70 rollen: Es wäre die Verbannung der größten Krachmacher aus der Stadt.
Doch fragt man bei der Bahn, was sie davon hält, stößt man auf wenig Widerhall. Diese Ideen existieren für das deutsche Verkehrsunternehmen derzeit nur in den Köpfen einiger Bürger. Hört man Gubitz, könne nur der "Koordinierungskreis Lärmschutz" aus Politik, Bahn und Bürgern die Planer dazu bewegen, sich mit der Machbarkeit eines weiteren Trassenvorschlags befassen.
Zustimmung aus allen Lagern
An Zustimmung für einen solchen Auftrag sollte es nicht mangeln: Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD), aber auch MdB Thomas Silberhorn (CSU) wollen sich dafür einsetzen, dass bei der konstituierenden Sitzung des von Stadt und Bahn ins Leben gerufenen Gremiums nächste Woche ergebnisoffen diskutiert wird.
Die Güterzugumfahrung schließt er dabei ausdrücklich ein, sofern die Prämissen eingehalten sind, die der Stadtrat in Form einer Resolution vorgegeben hat. Darin steht neben dem Erhalt des Welterbes Bamberg der bestmögliche Lärmschutz an oberster Stelle.
Doch wird sich die Bahn durch die Forderung der Politik aus ihrer Reserve locken lassen? Robert Bartsch, Sprecher der Bürgerinitiative "Bahnsinn Bamberg", wundert sich nicht über die Zurückhaltung auf Seiten des Bauherren. "Die Bahn hat kein Interesse daran, auf eine andere Planung umzusatteln. Sie werden sich mit Händen und Füßen dagegen wehren."
Es geht um Sekunden - und ums Geld
Dazu muss man wissen: Die DB Projekt Bau GmbH hat derzeit nur den Auftrag, die Gleiskapazitäten in Bamberg auszubauen und für die Hochgeschwindigkeitsanforderungen der Strecke Berlin München zu ertüchtigen. Mit einer abgespeckten Güterzugumfahrung hat dieses Projekt erst einmal nichts zu tun. Hier geht es um den Zeitgewinn von wenigen Sekunden auf der vier Kilometer langen Bahnstrecke durch Bamberg - und um die Kosten natürlich. Denn eine Verdoppelung der Gleiskapazitäten würde zwangsläufig den Unterhaltsaufwand für die Bahn erhöhen.
Zumindest "Bahnsinn" sieht viele Vorteile in einer Güterzugumfahrung inklusive Westspange. Deshalb stuft die Gruppe diese Variante derzeit als "Favoriten" ein. Schon in Kürze wollen die Anhänger eines stadtverträglichen Bahnausbaus "Beweise" vorlegen, "dass die Güterzugumfahrung sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch die bessere ist und ebenso den erforderlichen Lärmschutz für die Anrainer herstellen kann.
Bei denen freilich wird Bahnsinn viel Überzeugungsarbeit leisten müssen. Peter Süß vom Bürgerverein Kramersfeld etwa spürt in seinem zwischen Flugplatz und zwei Autobahnen eingezwängten Stadtteil ebenso wie in der Gartenstadt eine grundsätzliche Ablehnung gegen die Verlagerung von Bahnverkehr aus Bambergs Mitte in den Osten. "Wir glauben nicht daran, dass es bei uns zu einer Untertunnelung kommen würde." Und auch beim Lärmschutz, so fürchtet der Bürgerverein, könnte die Bahn sparen, wenn sie mehr Geld für eine doppelte Gleisführung ausgeben muss.
Die grüne Lunge Bambergs
Doch es geht nicht nur um die Ängste von Anliegern vor zusätzlichem Lärm. Auch der Hauptsmoorwald wäre großflächig von einer Umfahrung betroffen. Dass der Bau selbst einer schmalen Güterzugstrecke entlang der Autobahn 73 ohne größere Eingriffe in den Baumbestand erfolgen könnte, glaubt man bei den Staatsforsten nicht. Die Bewirtschafter des großen Waldgebiets sehen es deshalb als zwingend an, dass der Abwägungsprozess von einer Umweltverträglichkeitsprüfung begleitet wird. "Es gibt auch ein öffentliches Interesse am Erhalt des Bannwalds als grüner Lunge", sagt Stephan Keilholz von den Staatsforsten.
MdB Thomas Silberhorn (CSU) findet es gut, dass in Bamberg schon vor der Planfeststellung über mögliche Varianten diskutiert wird. Erst wenn die Bahn alle Vorschläge geprüft habe, auch die einer Tieferlegung der Trasse, könne man eine Bewertung abgeben. Silberhorn warnt davor, mit einer vorgefertigten Auffassung in die Diskussion zu gehen und sich zu sehr in Spekulationen zu verlieren: "Die letzte Entscheidung darüber, was gebaut wird, trifft die Bahn. Man muss sehen: Die Strecke durch Bamberg besteht schon."