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Bamberg steht vor einer Güterzuglawine


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Mittwoch, 24. Sept. 2014

 Allen Befürchtungen zum Trotz hat der Stadtrat am Mittwoch keine Vorentscheidung zur Trassenwahl getroffen. Dennoch gab es neue Erkenntnisse über einen "explodierenden" Güterzugverkehr und die Kosten eines Tunnels.
Die Hauptquelle des Bahnlärms und vielfachen Ärgers - auch in Bamberg: Güterzüge und ihre quietschenden gußeisernen Bremsen. Glaubt man dem Bundesverkehrswegeplan, soll sich ihre Zahl verfünffachen.   Foto: Ronald Rinklef


Es war Peter Gack (GAL), der das Interesse seiner Stadtratskollegen auf zwei, wie er sagte, "erschütternde Zahlen" lenkte: 126 und 96. Es ist die Menge der Güterzüge, die die Stadt bis zum Jahr 2025 jeden Tag im Süden und Norden passieren sollen.

Darin steckt eine gewaltige Vermehrung in einer ohnehin lärmgeplagten Stadt. Denn vertraut man den Prognosen des Bundesverkehrswegeplans würde sich sich der Güterverkehr in Bamberg damit in weniger als zehn Jahren gegenüber heute vervier- beziehungsweise verfünffacht haben. Und das ist noch nicht alles: Bis 2030 wächst der gesamte Zugverkehr laut dem Bevollmächtigten der Bahn, Klaus-Dieter Josel, noch einmal kräftig, dann um schätzungsweise 43 Prozent.

Der Hinweis auf den Ausbau der Gleiskapazitäten war wichtig, denn er hat allen Zweiflern noch einmal deutlich gemacht, dass die Entscheidung, die bei der Trassenwahl vor Bamberg liegt, nicht irgendeine ist, sondern die Zukunft der Stadt prägen wird wie weniges zuvor, selbst wenn es natürlich richtig ist, was Baureferent Thomas Beese betonte: dass die Bahn Bauherrin ist und nicht die Stadt Bamberg.

Dennoch oder gerade deshalb scheint im Bamberger Stadtrat Einigkeit darin zu bestehen, in einer so wichtigen Sache keinen taktischen Fehler zu begehen oder sich in Parteispielchen zu verstricken. Entgegen manchen Unkenrufen gab es am Mittwoch keine Kampfabstimmung, darüber, ob die Bahnsinn-Variante einer getunnelten Güterzugumfahrung mit Westspange nun weiter verfolgt werden soll oder nicht. Sie läuft gewissermaßen noch mit, auch wenn große Teile in der CSU und in der SPD einer wie immer gearteten Ost-Umfahrung kritisch gegenüberstehen.

Freilich. Die Aussagen des Bahnplaners Christian Weigenand sind nicht gerade dazu angetan, die Hoffnungen zu bestärken, es gebe beim Bahnausbau einen Königsweg. Der Mann an der Seite von Josel ließ an der getunnelten Güterzugumfahrung um Bamberg herum kein gutes Haar. Die nur in Verbindung mit einer Westspange funktionierende Trasse sei aus verkehrlicher und bahnbetrieblicher Sicht kaum zu verantworten, machte Weigenand deutlich.

Leise Kunststoffbremsen

Knackpunkt sind aus seiner Einschätzung vor allem die mehrfachen Linksabbiegeverbindungen beim doppelten Bogen im Osten und Süden von Hallstadt. Sie führen dazu, dass die Kapazitäten und die Durchfahrtszeiten sinken. Gleichzeitig warb Josel für den Ausbau im Bestand. Von Bundesverkehrsminister Dobrindt gebe es das klare Bekenntnis, dass bis 2020 alle Güterzüge der Deutschen Bahn mit leisen Kunststoffbremsen ausgestattet sein sollen. Und laute Züge anderer Bahnunternehmen sollen höhere Maut zahlen, sagte Josel.

Aber auch ein zweiter Liebling vieler Bamberger ist möglicherweise nur noch pro forma im Rennen: Die Tunnellösung hat aus Sicht der Bahn fast nur Nachteile: Hohe Kosten, große Behinderungen beim Bau und einen geringen verkehrlichen Nutzen. Zudem: Der Bund hat sich laut Josel bereits klar geäußert: Kein Geld für einen Tunnelbau.

Trotz dieser dunklen Wolken hält der Stadtrat an seinem Fahrplan fest. Es geht ihm darum, Informationen zu sammeln, um für Bamberg die beste Lösung zu finden. Für Ende des Jahres wird ein Rechtsgutachten erwartet, das darüber Auskunft gibt, ob Betriebsbeschränkungen für Trassen rechtlich zulässig sind. Wäre dies nicht der Fall, wie die Bahn behauptet, wäre das möglicherweise ein Totschlagargument für eine Ostumfahrung oder eine Tunnelstrecke. Denn dann könnten Verkehrsunternehmen selbst mit solchen Alternativstrecken möglicherweise mitten durch Bamberg fahren.

Große Erwartungen werden auch an den 7. Oktober geknüpft. Dann spricht in Bamberg Roland Diehl, der als Mitinitiator der Umfahrung von Offenburg gilt.

Die Hoffnungen richten sich nicht zuletzt auch auf die Unesco in Paris und den Landesdenkmalrat in Bayern. Sie sollen Auskunft darüber geben sollen, ob der Welterbestatus möglicherweise dadurch bedroht ist, dass ein wichtiger Teil der Gärtnerflur überplant ist.