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Bamberg sagt ja zu umstrittenem Parkdeck


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Donnerstag, 25. Oktober 2012

Auch eine Protestaktion konnte die Mehrheit im Stadtrat nicht umstimmen. Sie gab grünes Licht für den Bau eines umstrittenen Parkdecks am Michelsberg.
Ein geplantes Parkhaus auf dem Michelsberg treibt Anwohner auf die Barrikaden.  Helmut Müller von der CSU-Fraktion diskutiert mit  Michael Vogel (l.)  und  Michael Rieger.   Fotos: Michael Wehner


Für viele Bewohner des Berggebiets ist der Beschluss eine schwere Enttäuschung.

Nur HelmutMüller, der Chef der CSU-Fraktion, hatte den Mumm stehen zu bleiben und dem Bürgergroll die Stirn zu bieten. Die meisten anderen der 41 Stadträte inklusive Bürgermeister und Oberbürgermeister huschten so schnell es ging durch die Tür Richtung Harmoniesäle.

Dabei hatten sich die Demonstranten ordentlich ins Zeug gelegt, um den Politikern einen Empfang zu bereiten, den sie so schnell nicht vergessen würden: Buh-Rufe, Protest-Plakate und vor allem lange Pinocchio-Lügennasen begleiteten die Bamberger Entscheidungsträger auf ihrem Weg in den Sitzungssaal. Die aufblasbaren Riechkolben, die passgenau auf den Gesichtern von Andreas Starke, Bertam Felix, Helmut Müller und Xaver Frauenknecht platziert waren, gaben beim Ausrollen ein lächerlich-quietschendes Geräusch von sich - wenig schmeichelhaftes Symbol für die verletzten Gefühle vieler Bergstadtbewohner. "Wir lassen uns nicht mehr für dumm verkaufen und belügen", sagte Michael Rieger, Vorsitzender des Vereins Bewahrt die Bergstadt und Anwohner am Maienbrunnen. Der Vorwurf seiner Gruppierung und vieler anderer Bergstadtbewohner: Der Stadtrat bricht seine Versprechungen, wenn er mit neuen Einrichtungen immer neuen Verkehr ins heute schon überlastete Berggebiet lockt.

Und jetzt auch noch neue Parkplätze in Form eines unterirdischen Decks an der St. Getreu-Straße für 2,4 Millionen Euro? Selbst Rechtsanwalt Jörg Händler, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft "Alt Bamberg", mochte sich da nicht mehr zurückhalten und nahm das Wort "Lüge" in den Mund. Im Namen von vier denkmalschützenden Vereinen und der Stadtheimapfleger richtete er einen ungewöhnlich scharfen Appell an den Stadtrat: "Sie sind Vertreter der Bamberger Bürgerschaft und nicht Steigbügelhalter der Stadtverwaltung oder des Oberbürgermeisters der Stadt Bamberg."

Drinnen in den Harmoniesälen sieht plötzlich alles ganz anders aus. Keine Lügen mehr, sondern überraschende Erkenntnisse. Oder soll man falsche Interpretationen sagen, wie es Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) den Parkdeckgegnern unterstellt? Starke und der neue SPD-Vorsitzende Wolfgang Metzner sprechen von Parkplätzen, die aber keine zusätzlichen sind, obwohl es im Sitzungsvortrag so steht. Wie das geht? In einer so genannten Langfristlösung sollen die meisten der Parkplätze im Klosterhof aufgelöst werden.

Doch für nicht wenige Stadträte ist das eine neue Information gewesen: Im Umweltsenat am 3. Oktober war von einer Langfristlösung noch nichts zu hören. Also kein Grund für aufgeregte Demonstrationen? Kein Anlass für quietschende Pinocchionasen? Nicht alle Stadträte glauben dran. Klaus Stieringer, zum Beispiel: "Wir weisen Parkpätze aus, wo man sie nicht will. Und wir lösen sie dort auf, wo man sie will. Diese Strategie erschließt sich mir nicht." Auch die fraktionslose CSU-Stadträtin Daniela Reinfelder ist nicht überzeugt, dass hier die Wahrheit gesagt wurde: "Natürlich wird sich durch die Musikschule und den Behördenstandort am Michaelsberg der Verkehr erhöhen."

Auch andere mochten dem Richtungswechsel nicht folgen. "Niemand spricht darüber, dass das Parkdeck mitten im Welterbe entsteht. Wir lassen uns das Welterbe nicht kaputt machen", sagt Ursula Sowa (GAL). Von dem Versuch, ein umstrittenes Projekt schönzureden, redet Michael Bosch (BR). Norbert Tscherner (BBB) wirft Starke vor, in der Verkehrspolitik nur "Wischi-Waschi-Lösungen anzubieten. Auch Dieter Weinsheimer von den Freien Wählern wundert sich über den Richtungswechsel. "Das was im Umweltsenat besprochen wurde und heute, das sind zwei paar Stiefel."

Gerhard Seitz (CSU) erinnert daran, dass eine sinnvolle Langfristlösung nur dann möglich sei, wenn man wisse, ob das Klinikum tatsächlich am Michelsberg bleibt. Laut Seitz gibt es nur eine vertragliche Bindung bis 2020.

Anders als in der Debatte konnten sich die Gegner eines neuen Parkdecks in er Abstimmung aber nicht durchsetzen. Mit 14 zu 27 Stimmen obsiegte die schweigende Mehrheit und bestätigte damit den schon im Umweltsenat gefassten Beschluss. Er sieht neben dem auch mit Städtebaufördermittel geplanten Bau des Parkdecks auch eine Bewirtschaftung der vorhandenen Parkplätze im Klosterhof vor. Dort sollen 19 von 77 Parkplätzen schon bald entfallen und zwar die unter der 300 Jahre alten Lindenallee und die zwischen dem Klostertor und dem Portal zur Kirche. Unumstritten war auch der Beschluss, das wilde Parken im Ottobrunnen mit einer Schranke zu unterbinden. Hier werden künftig nur noch Rettungskräfte, Zulieferer und andere Berechtigte durchfahren dürfen.

Bei den Bewohnern des Berggebiets löste die Entscheidung im Stadtrat große Enttäuschung aus. "Offenbar hat nicht einmal der Oberbürgermeister den Sitzungsvortrag gelesen. Wenn die Politik so weiter geht, stellt das unsere ganze Zusammenarbeit in Frage", sagte Michael Rieger von "Bewahrt die Bergstadt".