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Bäume statt Gleise: Bekommt Bamberg einen Bahnpark?


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Donnerstag, 23. Juni 2016

Der "lange Tunnel" brächte Bamberg einen bislang unterschätzten Vorteil. Im Süden der Stadt könnte ein 1300 Meter langer Park entstehen.
Bisher zieht sich die Bahnlinie im Süden wie ein Sperrband durch die Stadt. Käme der Bahnausbau in Form eines Tunnels, würden die Züge unter die Erde verschwinden. Und auf der heutigen Gleistrasse könnte eine öffentlich zugängliche Grünfläche angelegt werden.  Foto: Ronald Rinklef


Es war Daniela Reinfelder (BUB), die in der Hitze des Gefechts einer Stadtratssitzung auf einen bisher kaum beachteten Vorteil eines Tunnelbaus aufmerksam machte: Die lange Röhre würde Bamberg die Möglichkeit eröffnen, auf einem Teil der Bahnstrecke die lärmende und stadtteiltrennende Gleisanlage in ihr natürliches Gegenteil zu verwandeln: einen blühenden Park mit Wegen und hoher Aufenthaltsqualität.

Der Zwischenruf kam zur rechten Zeit. Zwar blieben die möglichen Folgekosten eines Tunnelbaus für Bamberg in der Stadtratssitzung noch unbeantwortet. Dennoch drohten die beiden wichtigsten Pluspunkte einer solchen teils in offener, teils in bergmännisch zu bauenden Verbindung in den Hintergrund zu treten.

Nur ein Tunnel rückt aus heutiger Sicht zwei Ziele in erreichbare Nähe: Lärmschutz durch die Verbannung der lautstarken Güterzüge unter die Erde und den Abschied vom Gespenst der bis zu sechs Meter hohen Lärmschutzwände. Ein Süd- oder auch Bahnpark auf dem heutigen Gleisgelände wäre ein weiterer Vorteil und möglicherweise willkommener Ausgleich für die Zumutungen einer jahrelangen Großbaustelle.

Tatsächlich ist die Idee einer solchen Grünfläche ein Abfallprodukt der neueren Überlegungen zum verlängerten Tunnel. Dadurch, dass die Planer im Auftrag der Bahn alle vier Gleise bereits ab der Forchheimer Straße in den Boden absenken, verschwindet die Bahnstrecke im gesamten Bamberger Süden gewissermaßen im Erdboden.


Drei Hektar Grünfläche

Das Resultat bietet nach der Einschätzung von Claus Reinhardt vom Baureferat der Stadt einige Vorteile: Es wäre 100-prozentiger Lärmschutz für die Anwohner bis zur Nürnberger Straße und es böte nebenbei Erholungspotenzial mitten in der Stadt. Hochgerechnet besitzt das Gleisareal eine Fläche von 30 000 Quadratmetern, also rund drei Hektar, die abhängig von der Überschüttung auch mit Bäumen begrünt werden könnten. Zum Vergleich: Der sehr beliebte Erba-Park in Gaustadt kommt auf zwölf Hektar.


Wenig Konflikt mit Kanal und Co.

Eine Grünfläche wäre aus heutiger Sicht nicht der einzige Vorteil einer unterirdischen Trassenführung. Wegen der bis zu 30 Meter tiefen Lage der außen liegenden Schienenpaare scheint der bergmännische Tunnel nach Planer-Aussage auch am wenigsten in Konflikt mit den im Untergrund der Stadt liegenden Leitungen und Kanälen zu geraten. Zumindest am Scheitelpunkt unter dem Bahnhof steht das Bauwerk auch dem Grundwasserstrom nicht mehr im Weg.

Die wichtige Frage nach der voraussichtlichen Bauzeit eines Tunnels wird die Bahn wohl erst im Herbst beantworten können. In einer ersten Vorstudie über den kurzen Tunnel war die Bauzeit mit sieben Jahren beziffert worden. Im Vergleich dazu soll der Ausbau im Bestand bei zehn Jahren liegen. Klar ist, dass beide verbliebenen Varianten hohe Anforderungen an den Bauablauf stellen, damit das städtische Leben während der Bauphase weitergehen kann und negative Folgen wie Erschütterungen von Gebäuden oder eine vom Verkehr abgeschnittene Innenstadt vermieden werden. Solche befürchtet etwa unser Leser Eric Kluge. Kluge macht am Beispiel der US-amerikanischen Stadt Milwaukee deutlich, dass bereits die Begrünung von Lärmwänden Parkcharakter erzeugen könne.

1,1 Milliarden Euro soll der Tunnel durch Bamberg einer groben Schätzung zufolge kosten. Trotz dieser gigantischen Zahl sieht man im Baureferat keinen Grund, die Kostenfrage bereits heute als Ausschlusskriterium zu werten. Zwar weiß niemand, was als Eigenanteil für den dann nötigen Neubau der Forchheimer Straße, des Münchner Rings und der Geisfelder Straße für Bamberg anfällt, doch mit 700 Millionen Euro ist auch der Ausbau im Bestand kein Pappenstiel.

Ob sich die Mehrheit der Stadtratsfraktionen tatsächlich mit einer Tunnellösung anfreunden kann, wird sich frühestens im Herbst weisen, wenn weitere Fakten auf dem Tisch liegen und auch die Frage beantwortet werden soll, ob die als kritisch betrachtete Überbauung von Gärtnerland im Norden Bambergs noch zu minimieren ist.
Einer der entschiedensten Befürworter eines Tunnelbaus ist bislang Norbert Tscherner vom Bürger-Block. Die Zweifler einer solchen Lösung verweist Tscherner auf das Beispiel Offenburg, wo jetzt schon eine Finanzierungszusage besteht. Bamberg könne viel erreichen, wenn der Stadtrat mit einer Stimme spreche und bei den Verhandlungen mit dem Bund auf seinen Weltkulturerbestatus poche. "Man muss es aber wirklich wollen", sagt Tscherner.